Berlin. Seit Beginn der Diesel-Krise treibt die Deutsche Umwelthilfe die Autokonzerne vor sich her.

In das Klischee eines Umweltaktivisten passt Jürgen Resch nicht. Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH) tritt öffentlich stets im Geschäftsanzug, meist auch mit Krawatte auf. So stellt er sich äußerlich auf eine Stufe mit seinen Gegenspielern aus den Chefetagen der Wirtschaft, gegen die seine Organisation seit Jahrzehnten zu Felde zieht. „Harte Botschaften kann ich nicht im Rollkragenpulli äußern“, sagt der 57-Jährige. Es geht ihm um die Wirkung, nicht um das Understatement.

Das Bild von David gegen Goliath stimmt nicht

Die aktuelle Krise der Autoindustrie hat die DUH mit ausgelöst, indem sie mithilfe eigener Abgasmessungen die branchenweite Überschreitung der Grenzwerte für Stickoxid nachwies. Es wäre nicht die erste große Schlacht, die Resch gewinnen würde. Über mehrere Jahre erstreckte sich zum Beispiel der Kampf um die Einführung des Zwangspfands für Einwegflaschen und Dosen 2002. Dabei ist die DUH ein Verein mit nicht einmal 300 Mitgliedern.

Doch das Bild von David gegen Goliath stimmte schon damals nicht. Auf der einen Seite wehrten sich die Einzelhandelskonzerne und einige Großbrauereien mit einer millionenschweren Kampagne gegen das Dosenpfand. Auf der anderen Seite finanzierten mittelständische Brauereien, Getränkehandel und im Hintergrund auch der Hersteller von Leergutautomaten, Tomra, die Werbung für das Pfand, das der damalige Umweltminister Jürgen Trittin am Ende auch durchsetzen konnte. Das Beispiel zeigt, dass die DUH keine Berührungsängste kennt, wenn es um die Sache geht.

„Was ist schlimm daran, wenn uns ein Automatenhersteller unterstützt?“, fragt Resch. Die Umwelthilfe braucht viel Geld, um der meist finanzkräftigen Gegenseite Paroli bieten zu können. Der letzte Geschäftsbericht weist einen Etat von gut acht Millionen Euro aus.

Mit dem Budget finanziert die DUH zum Beispiel soziale und ökologische Projekte in Asien, Südamerika und Afrika. Das Geld dafür kommt vom Naturkostunternehmen Rapunzel. Doch manche Geldquelle wird zumindest hinter vorgehaltener Hand von anderen Umweltorganisationen kritisch hinterfragt. Dazu gehört aktuell eine Förderung durch den japanischen Autobauer Toyota. „Das waren drei Projekte für insgesamt 90 000 Euro“, erläutert Resch, zum Beispiel ein Dienstwagencheck oder ein Fachgespräch mit Autoexperten und Industrievertretern zum Umwelttaxi, einer Erdgasinitiative.

Doch die Finanziers aus der Wirtschaft, darunter auch die Deutsche Telekom oder die Brauerei Krombacher, sind laut DUH rar geworden. Andere Geldquellen werden wichtiger. Dazu gehören Zuwendungen verschiedener Stiftungen oder Projektzuschüsse durch den Bund und die Europäische Union. Aber auch Abmahnungen sichern der DUH einen großen Teil ihrer Einnahmen. „Das sind bei größeren Unternehmen 200 Euro“, sagt Resch. Die Abmahnungen setzt es zum Beispiel für Werbeaussagen, bei denen der Energie- oder Spritverbrauch nicht korrekt angegeben wird. Aber auch Aussagen wie „besonders sauberer Motor“ greift die DUH gerichtlich an. Nach Angaben des Vereins sind allein derzeit rund 350 zivilrechtliche Klagen anhängig. Dazu kommt noch eine ganze Reihe von verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen, die schon einmal bis zur höchsten Instanz oder dem Europäischen Gerichtshof durchgezogen werden.

16 Klagen gegen Bundesländer laufen derzeit beispielsweise, um Fahrverbote für Diesel in besonders stickoxidbelasteten Städten durchzusetzen. In Stuttgart gelang Resch damit gerade erst ein spektakulärer Erfolg. „Der Staat kontrolliert nicht, also müssen wir es tun“, sagt Resch.

Mit der Kampagne gegen schmutzige Diesel macht er sich viele Feinde. „Es gibt diffuse Bedrohungen bis hin zu zivilrechtlichen Klagen“, erzählt Resch. 250 000 Euro Strafe oder ein halbes Jahr Gefängnis drohen ihm zum Beispiel, wenn er noch einmal behaupten würde, die manipulierte VW-Software sei nicht mit dem europäischen Recht vereinbar.

Doch es gibt auch Zustimmung. „Die meisten Autofahrer haben begriffen, dass wir für sie kämpfen“, stellt er fest. Die DUH will eine Umrüstung der Dieselflotte. Die Hersteller sollen die Fahrzeuge auf eigene Kosten so umbauen, dass alle die höchste Abgasnorm Euro 6 erfüllen. So blieben den Autofahrern Fahrverbote und Wertverluste erspart, argumentiert Resch.