Berlin. Im öffentlichen Personennahverkehr kommt es am Freitag wegen eines Warnstreiks fast deutschlandweit zu heftigen Einschränkungen.

Kaum ist der Lokführerstreik bei der Bahn beendet, eskaliert der nächste Tarifkonflikt: In ganz Deutschland müssen sich am Freitag Pendler auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Die Gewerkschaft Verdi hat für kommenden Freitag in fast allen Bundesländern zu ganztägigen Warnstreiks im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aufgerufen. „Da jetzt in allen Bundesländern Tarifverhandlungen stattgefunden haben und ohne Ergebnis geblieben sind, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, um mehr Druck auf die Arbeitgeber zu machen“, teilte die stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende, Christine Behle, am Montag in Berlin mit.

Vor allem im Berufsverkehr dürfte der Streik zu spüren sein. Erst an diesem Montag hatte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihren mehrtägigen Streik bei der Deutschen Bahn vorzeitig beendet. Dort gilt nun bis einschließlich 3. März eine Friedenspflicht. Im Nah- und Regionalverkehr sind Arbeitskämpfe von Verdi aber weiter möglich.

Warnstreiks bei Bus und Bahn: Verdi in Verhandlungen mit kommunalen Unternehmen

Außer in Bayern verhandelt die Gewerkschaft in allen Bundesländern parallel mit den kommunalen Arbeitgeberverbänden über neue Tarifverträge für die Beschäftigten im ÖPNV. Von der Tarifrunde sind laut Verdi mehr als 130 kommunale Unternehmen in den Städten und Landkreisen sowie insgesamt 90.000 Beschäftigte betroffen. Bei der ersten Verhandlungsrunde vergangene Woche kam in keiner Region eine Lösung zustande.

Verhandelt wird zwar in allen betroffenen Bundesländern gleichzeitig. Inhaltlich geht es aber um sehr unterschiedliche Forderungen. In den meisten Ländern geht es um die sogenannten Manteltarifverträge. Sie regeln vor allem die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.

Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) etwa fordert Verdi unter anderem längere Wendezeiten, Urlaubsgeld und mehr Urlaub. „Die Belastung der Beschäftigten und die Personalnot im ÖPNV haben immer mehr zugenommen, der Arbeitsdruck wird immer größer“, teilte die Gewerkschaft vor einigen Tagen mit. „Es müssen also schnell Lösungen gefunden werden, um eine Entlastung herbeizuführen.“

Unbesetzte Stellen im ÖPNV: Verdi fordert Entlastung der Arbeitnehmer

Das Thema Entlastung der Arbeitnehmer sei das wichtigste der aktuellen Tarifrunde, sagte Behle. „Wir fordern zum Beispiel in einigen Tarifen die Absenkung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, es geht da um die 35-Stunden-Woche.“ Hintergrund sei der „erhebliche Personalmangel in vielen Betrieben“, mit teils 20 bis 30 Prozent unbesetzten Stellen.

Dies sei „ein bisschen wie ein Teufelskreis“, führte Behle aus. Denn der Personalmangel führe zu einer noch höheren Arbeitsbelastung und deshalb würden auch die Krankenstände steigen. Das würden mehr und mehr auch die Fahrgäste zu spüren bekommen, denn „mittlerweile fallen immer mehr Linien auch aus, (...) weil faktisch das Personal überhaupt nicht mehr da ist.“

Hinzu komme, dass politisch ein massiver Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs geplant sei. Deshalb „muss gehandelt werden. Das heißt, wir brauchen attraktivere Arbeitsbedingungen“, forderte die Gewerkschafterin.

In Brandenburg, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind Verhandlung komplizierter

In Brandenburg, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen geht um mehr als nur die Entlastung der Arbeitnehmer. Hier geht es auch um die Entgelte, also höhere Löhne und Gehälter. In Brandenburg will Verdi 20 Prozent, mindestens aber 650 Euro mehr für die Beschäftigten im Nahverkehr herausholen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.

Unterstützt wird der Warnstreik von der Umweltbewegung Fridays for Future. „Wir alle brauchen einen verlässlichen Nahverkehr, mit dem wir sicher und günstig zur Arbeit, in den Club oder nach Hause kommen“, teilte deren Sprecherin Darya Sotoodoh am Montag mit.