Berlin. Eltern können sich viel erlauben, bis ihr Sorgerecht in Zweifel gestellt wird. Eine Sache hat der Justizminister endlich erkannt.

Viele Kinder leben in Patchwork-Familien, sie sind mal beim Vater, mal bei der Mutter, werden bei gleichgeschlechtlichen Partnern groß: All dies ist längst Alltag und wird von weiten Teilen der Gesellschaft auch nicht mehr als außergewöhnlich angesehen. Insofern ist es ein wichtiger, längst fälliger Schritt, diese Realität des Familienlebens auch juristisch anzuerkennen.

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Und auch das ist erst mal vernünftig: Wenn Väter sich nach einer Trennung nennenswert in die Erziehung einbringen – also über Wochenenden und Urlaube hinaus –, dann soll ihr Einsatz bei den Unterhaltszahlungen berücksichtigt werden. Tatsächlich sind ja auch Kosten da: etwa für ein eigenes Kinderzimmer in der Wohnung, Lebensmittel, Kleidung, Wäsche oder Fahrtkosten. Idealerweise führt dies zu einer partnerschaftlichen Erziehung, in der es Vater und Mutter trotz ihrer Differenzen schaffen, dass sich die Kinder bei beiden gut aufgehoben, geliebt und sicher fühlen.

Birgitta Stauber-Klein kommentiert die Entscheidung zum Sorgerecht.
Birgitta Stauber-Klein kommentiert die Entscheidung zum Sorgerecht. © Reto Klar | Reto Klar

Das glückliche Kind: Darum geht es in Buschmanns Eckpunkten

Das glückliche Kind im Mittelpunkt des Familienrechts: So lässt sich wohl die Stoßrichtung der Reformen des Justizministers Marco Buschmann (FDP) auf den Punkt bringen. In diesem Sinne ein gemeinsames Sorgerecht anzustreben, ist sicher gut und richtig.

Vorausgesetzt, die Eltern sind nach einer Trennung in der Lage, in Erziehungsfragen partnerschaftlich miteinander umzugehen. Doch was tun, wenn sich getrennte Eltern kaum auf eine gemeinsame Linie einigen können? Wenn der Unterhalt nicht gezahlt und Umgangspflichten nicht nachgekommen wird? Wenn sich Eltern vor Gericht furchtbare Sorgerechtsschlachten liefern?

Es muss nicht so weit gehen wie im Streit um die Kinder der Steakhaus-Erbin Christina Block, der als „Block-Drama“ immer skurrilere Züge annimmt. Immerhin geht es dabei um Entführung, Gewaltvorwürfe, Entfremdung. Auch bei weniger spektakulären Streitigkeiten wird gelogen, es laufen Intrigen oder Intrigen werden vorgeschoben. Was, wenn die Kinder es leid sind und den Umgang, zu dem sie verdonnert wurden, gar nicht wollen?

Eltern können sich viel erlauben, bis ihr Sorgerecht in Zweifel gestellt wird. Zwar soll künftig bei häuslicher Gewalt gemeinsames Sorgerecht ausgeschlossen werden. Doch dazwischen gibt es viele Graubereiche, zwischen denen das Kind mit seinen Wünschen und seinem Wohlergehen zerrieben wird. Wenn nun der Justizminister das Kindeswohl stärker in den Fokus rücken will, dann hat er immerhin erkannt, welch große Baustelle sich im Familienrecht auftut.