Moskau. Russlands Mondmission ist gescheitert. Nun drängen Indien, China und die USA auf den Erdtrabanten. Im Blick haben sie dabei den Mars.

Es hätte ein Triumph werden sollen. Russlands erste Mondlandung seit fast 50 Jahren. Ein Siegeszug russischer Technik, die weiche Landung, noch vor Indien. Nun ist der Traum auf der Mondoberfläche zerschellt. Die Sonde Luna-25 sei nach einer „außerplanmäßigen Situation“ auf der Mondoberfläche aufgeschlagen und habe aufgehört zu existieren, lautet der dürre Kommentar der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos. Zum Absturz der Sonde hat sich der Kreml bislang nicht geäußert.

Wie konnte das passieren? Spekuliert wird über ein zu starkes Abbremsen der Sonde und den Einschlag eines Mikrometeoriten. Wahrscheinlicher ist ein Fehler, der die Übertragung von Informationen verhinderte. Das kommt gar nicht so selten vor. So verlor die US-Weltraumbehörde Nasa Ende Juli für zwei Wochen den Kontakt zu einer Voyager-Sonde, als sie die Antenne neu ausrichtete.

Die Gründe für den Verlust der Mondsonde würden aufgeklärt, hieß es in Moskau. Dazu werde eine Kommission eingerichtet.

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Die Mondstation soll Ausgangsbasis für bemannte Flüge zum Mars sein

Schon am Sonnabend hatte sich die Katastrophe angedeutet. Der Kontakt zu der fast zwei Tonnen schweren und mit Kameras und komplexer Technik ausgestatteten Sonde war abgerissen. Experten arbeiteten daran, die Verbindung wiederherzustellen. Vergeblich.

Das Scheitern der ersten Mondmission seit 1976 bedeutet für die einstmals stolze Raumfahrtnation Russland einen schweren Rückschlag im Wettlauf mit anderen Nationen. Und dieses Rennen ist prestigeträchtig. China, die USA und Indien konkurrieren mit Russland um die erste dauerhafte Station auf dem Mond, die Ausgangsbasis zu bemannten Flügen zum Nachbarplaneten Mars.

Dabei will Russland mitspielen, will wieder Großmacht in der immer wieder propagierten multipolaren Welt sein. Medien wie die "New York Times" kommentieren, ein etwaiger Erfolg der Mondmission Indiens nach dem Scheitern des russischen Anlaufs sei „ein Schlag für den russischen Präsidenten Wladimir Putin“.

Noch in der vergangenen Woche zeigte die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos nach dem Start der Mission Aufnahmen der Mondoberfläche zur Verfügung.
Noch in der vergangenen Woche zeigte die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos nach dem Start der Mission Aufnahmen der Mondoberfläche zur Verfügung. © dpa

Die indische Sonde soll am 23. oder 24. August auf dem Südpol des Mondes landen

Die indische Sonde Chandrayaan-3 war Mitte Juli gestartet und soll am 23. oder 24. August auf der Mondoberfläche aufsetzen. „Chandrayaan“ bedeutet „Mondfahrzeug“ auf Sanskrit. Das Ziel ist wie das von Luna-25 der wenig erforschte Südpol des Mondes. China ist eine Landung auf dem Mond bereits gelungen, weitere Missionen sind ab dem kommenden Jahr geplant. Und im November 2024 wollen die USA drei Männer und eine Frau mit der Artemis 2-Mission den Mond umrunden lassen.

Die Sowjetunion war als erste Nation im Weltall

Zu Sowjetzeiten hatte Moskau Raumfahrtgeschichte geschrieben. Die Sowjetunion war als erste Nation im Weltall. Die Pieps-Signale des Erdsatelliten Sputnik düpierten die Amerikaner, deren erste Weltraum-Rakete bereits auf der Startrampe explodierte. Mit Juri Gagarin hatte die UdSSR 1961 den ersten Menschen ins All geschickt.

Schon 1959 erreichte sie auch als erstes Land der Welt die Oberfläche des Mondes. Verloren hatte man dagegen den Wettlauf bei der ersten bemannten Mondmission. Der US-Amerikaner Neil Armstrong war der erste Mensch auf dem Mond.

Selbst die russischen Raumfahrtbehörde sprach von einer „riskanten“ Mission

Am 11. August startete Luna-25. Die Sonde sollte auf der Südseite des Mondes landen und dort nach Spuren von Wasser suchen. Russland wollte demonstrieren, dass das Land trotz Krieg und trotz aller Sanktionen zu technischen Höchstleistungen in der Lage ist. Russische Politiker hatten nach dem erfolgreichen Start vom Weltraumbahnhof Wostotschny in der Amurregion noch betont, dass sich das Land nicht unterkriegen lasse.

Doch die neue Mission wurde selbst von der russischen Raumfahrtbehörde als „riskant“ eingestuft. Deren Chef Juri Borisow sagte im Juni, die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der Operation werde „auf etwa 70 Prozent“ geschätzt. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass sind seit 2018 international neun Mondmissionen gescheitert oder zum Teil nicht erfolgreich gewesen seien – der jetzige Absturz miteingeschlossen.

Ursprünglich war die europäischen Raumfahrtagentur ESA bei Luna-24 mit im Boot

Luna-25 war ursprünglich als internationale Co-Produktion angelegt: Roskosmos arbeitete mit der europäischen Raumfahrtagentur ESA an dem Mondprogramm. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 beendete die ESA jedoch die Zusammenarbeit mit Russland. Ein erster Versuch, mit Luna auf dem Mond zu landen, scheiterte bereits 2019. Die Sonde stürzte bereits damals auf die Mondoberfläche. Im vergangenen Jahr wurde für Mai erneut ein Start anvisiert, der sich dann aber wegen technischer Probleme wieder verzögerte.

Luna-25 ist die erste Stufe des russischen Mondprogramms, drei weitere Missionen sind geplant. Luna-26 soll 2027 eine Fernerkundung der Mondoberfläche durchführen. Im Jahr 2028 ist der Start von Luna-27 geplant, die Station soll mit einem russischen Mondrover an Bord auf dem Mond landen. Luna-28 soll im Jahr 2030 Proben des Mondbodens sammeln und anschließend zur Erde bringen.

Ob dieser Zeitplan jetzt eingehalten werden kann, ist fraglich. Russische Wissenschaftler hoffen, dass das Mondprogramm nicht zurückgeworfen wird. Das nationale Vorhaben für verschiedene Mondmissionen sei verabschiedet, sagte Anatoli Petrukowitsch, Direktor des Weltraumforschungsinstituts bei der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Deshalb arbeiten wir nun weiter daran und hoffen, dass die Arbeiten nicht verzögert, sondern beschleunigt werden.“