Berlin. Polizei und Staatsschutz ermitteln wegen einer Serie von Drohbriefen an muslimische Einrichtungen. Jetzt sind auch Kirchen betroffen.

Eine bundesweite Serie von mutmaßlich rechtsextremen Drohbriefen beschäftigt die Polizei und den Staatsschutz. Ende vergangener Woche war ein Drohbrief bei einer Moscheegemeinde im Landkreis Osnabrück in Niedersachsen eingegangen. Insgesamt kursieren bundesweit nun 34 solcher Schreiben. 18 davon haben nach Aussagen der Polizei einen inhaltlichen Bezug zur rechtsextremen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU).

Deren Mitglieder hatten zwischen 2000 und 2007 acht türkisch- und einen griechisch-stämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin ermordet. Zusätzlich wurden in dem Schreiben Hakenkreuze dargestellt. Moscheegemeinden fordern deshalb Polizeischutz, besonders während der Freitagsgebete. Von den restlichen Drohbriefen gingen einige auch an christliche Kirchengemeinden. Die evangelische Landeskirche in Hannover verurteilte die Hassbotschaften im Deutschlandfunk bereits „aufs Schärfste“.

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Warum ein mutmaßlich fremdenfeindlich motivierter Täter seine Schreiben auch an christliche Kirchen verschickt, darauf können sich Betroffene wie Ermittler noch keinen Reim machen. Aus der Landeskirche heißt es auf Nachfrage, der Täter wolle mit populistischer Hetze einen Keil in die Gesellschaft treiben und spalten, wo zwischen den Gläubigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung herrsche.

Polizei: Denunzierung einer bestimmten Familie

Die zuständige Polizei in Osnabrück geht auf Nachfrage unserer Redaktion davon aus, dass es sich um ein und denselben Verfasser handelt. In den Briefen wird immer wieder eine Frau aus Osnabrück als Absenderin genannt, von der auch Porträtfotos beigefügt wurden. Es besteht der Verdacht, dass die Familie der Frau in Verruf gebracht werden soll, denn die Beschuldigte hat den Erkenntnissen der Ermittler zufolge nichts mit den Drohungen zu tun.

Die Drohbriefe gingen nicht nur an eine Moschee, sondern auch an Kirchen.
Die Drohbriefe gingen nicht nur an eine Moschee, sondern auch an Kirchen. © dpa | Swen Pförtner

Die Denunzierung der Familie sei das Ziel, nicht in erster Linie die Verbreitung rechtsradikaler Inhalte. Deshalb stünden neben muslimischen auch christliche Einrichtungen im Fokus. Auch Privatpersonen hätten bereits solche Schreiben erhalten, heißt es von der Polizei. Für die Kirchen und Moscheen bestehe keine konkrete Gefährdungslage. Man nehme die rechtsradikalen Drohung dennoch sehr ernst – insbesondere nach der Brandstiftung an einer Moschee vor rund zwei Monaten.

Moscheeverbände bitten um Schutz von Gläubigen

Ende Mai waren nachts zwei Molotow-Cocktails an die Fassade des Gebäudes geschleudert worden. Ein Imbiss unterhalb des Gebetsraums fing Feuer. Passanten konnten die Flammen löschen. In einem Brief bezog sich der unbekannte Verfasser auf diese Brandstiftung: „Euer Imbiss ist nur der Anfang. Wir kommen wieder.“ Die Polizei sieht allerdings keinen direkten Zusammenhang zwischen Briefen und Brandanschlag und vermutet, dass Täter oder Täterin die Aufmerksamkeit nach dem Brand ausnutzt.

Dennoch müssten grundsätzlich Sicherheitsmaßnahmen für Moscheen ergriffen werden, sagte der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs aus Hannover, Recep Bilgen, dem Evangelischen Pressedienst. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Die Behörden sollten nicht warten, bis etwas passiere.

Der Schwerpunkt der Drohbriefserie liegt in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen. In Bayern und Baden-Württemberg seien ebenfalls Briefe aufgetaucht.

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