New York. Über 40 Stunden verhandelten die UN-Mitgliedsstaaten über den Schutz der Weltmeere – auch über bisher unbekannte Tiefsee-Lebewesen.

Die Meere und Ozeane sind der grundlegende Bestandteil unseres Ökosystems. Schon kleinste Veränderungen wirken sich verheerend auf den fragilen Kreislauf aus. Bis zu eine Milliarde Menschen sind auf das Meer als Nahrungsquelle angewiesen, unzählige Arten leben in der zu Teilen unerforschten Welt.

Lange war Rücksichtnahme auf Meer und Ozean von dem Wohlwollen einzelner Länder abhängig. Seit über einem Jahrzehnt ringt die Staatengemeinschaft deshalb um ein Abkommen zum Schutz der Weltmeere. Doch jetzt gibt es nach Marathonverhandlungen in New York einen Durchbruch – trotz mächtiger Wackelkandidaten.

Nach 15 Jahren Verhandlung bei den Vereinten Nationen konnten sich die UN-Mitgliedsstaaten auf einen Text einigen, wie Verhandlungskreise am Samstagabend mitteilten. Fast 40 Stunden dauerten die Verhandlungen.

Verbindlicher Schutz der biologischen Vielfalt: Sind Russland und China dazu bereit?

Ziel der Verhandlungen war es vor allem, dass künftig mindestens 30 Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Zudem wurde ein Verfahren festgelegt, um wirtschaftliche Projekte, Expeditionen und andere Aktivitäten in den Meeren auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu prüfen.

Außerdem soll das Abkommen die biologische Vielfalt auf Hoher See unter international verbindlichen Schutz stellen. Zwei Drittel der Ozeane gehören zur Hochsee und sind damit weitgehend rechtsfreier Raum.

Unklar blieb zunächst, ob Russland und China Teil des Abkommens sein werden. Verhandlerinnen und Verhandler zweifelten wegen der als destruktiv wahrgenommenen Haltung der Delegation aus Moskau daran. Aber auch China galt als Wackelkandidat.

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15 Jahre Verhandlungen und 19 Milliarden Dollar Entscheidungshilfe

Mit einem Abkommen zum Schutz der Hochsee hatten sich die Länder der Welt rund 15 Jahre lang auseinandergesetzt, seit 2018 gab es mehrfach Verhandlungsrunden dazu. Im vergangenen August wurde eine Konferenz ergebnislos vertagt.

Unmittelbar vor dem Durchbruch in New York gab es dann bei einer anderen Ozean-Konferenz in Panama eine Einigung: Die Teilnehmer sagten fast 20 Milliarden US-Dollar (18,8 Milliarden Euro) für den Schutz der Meere zu. Allein die US-Regierung versprach fast sechs Milliarden Dollar für 77 Projekte.

Zuletzt ging es bei den komplizierten Verhandlungen der fünften Konferenz zwischen den UN-Mitgliedstaaten in New York zum einen um die Frage, wie künftig festgelegt werden soll, welche Teile der Hochsee als Schutzgebiet definiert werden.

Vor allem China und Russland pochten Diplomatinnen und Diplomaten zufolge darauf, dass dies einstimmig geschehen müsse - dann hätte ein einzelnes Land jede Entscheidung blockieren können. Das wurde nun offenbar umgangen: Aus Diplomatenkreisen verlautete in der Nacht zum Sonntag, dass die Schutzgebiete bereits mit einer Dreiviertel-Mehrheit der Mitgliedstaaten festgelegt werden können sollen.

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Profit mit bisher unbekannten Tiefsee-Lebewesen

Ein weiterer Schlüsselkonflikt drehte sich um potenziell ertragreiche Forschungserkenntnisse, von denen niemand weiß, ob sie jemals Realität werden: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erhoffen sich durch den Fund bislang unbekannter Lebewesen in der kaum erforschten Tiefsee und deren Erbgut Durchbrüche zum Beispiel in der Medizin. Sollte es tatsächlich zu fundamentalen Fortschritten kommen, ließe sich daraus wohl großer Profit schlagen.

Bei dieser Frage rangen die Länder des sogenannten Globalen Südens vor allem mit den führenden Industriestaaten im Norden. Da die größten Volkswirtschaften auch die meisten der erhofften Erträge auf sich vereinen dürften, wurde ein Mechanismus für Ausgleichszahlungen an ärmere Länder etabliert. Der erzielte Kompromiss sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur jährliche Pauschalzahlungen seitens der Industrieländer vor. (os/dpa)