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49-Euro-Ticket: Das sind für Experten die Vor- und Nachteile

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Die wichtigsten Informationen zum Deutschland-Ticket

Die wichtigsten Informationen zum Deutschland-Ticket

Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets, das 49-Euro-Ticket gilt ab dem 1. Mai. Das sind die wichtigsten Fakten.

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Berlin   Das 49-Euro-Ticket kommt bei Experten schlecht weg. Was der ideale Preis wäre und warum man auf drei Ruhrgebietstädten schauen sollte.

Das Deutschlandticket kommt. Es wird 49-Euro kosten und zum 1. Mai starten. Zwei Vorteile liegen auf der Hand: der Festpreis und die bundesweit einheitliche Tarifstruktur im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). Aber leitet das Ticket auch eine Verkehrswende ein? Lesen Sie auch: Verzögerungen beim 49-Euro-Ticket: Reißt euch zusammen!

Für Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin sind 49 Euro schlicht zu teuer, "um wirklich einen großen Durchbruch zu schaffen". Das gelte in jedem Fall für Haushalte mit geringem Einkommen.

49-Euro-Ticket: Der perfekte Preis wären eher 29 Euro

"Unsere Forschungen haben ergeben, dass 29 Euro für einen Monat ein Preis wäre, bei dem die allermeisten Verkäufe zu erwarten wären", verriet er dem "Science Media Center", das mehrere Wissenschaftler dazu befragt hat. Dass der Preis als zu hoch empfunden wird, dürfte viel mit den Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket während der Corona-Pandemie zu tun haben.

Einerseits habe es die Sicht der Menschen auf den ÖPNV verändert. und Bahnen sind in aller Munde. Andererseits würden die Angebote und Tarifbedingungen "kritischer gesehen", so der Wissenschaftler. Die Liste der "Schönheitsfehler" des 49-Euro-Tickets:

  • Der Preis schließt Gelegenheits- und Impulskäufer aus, vermutet der Verkehrswissenschaftler Jan Schlüter von der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Holzminden.
  • Ein spontaner Kauf nur für einen Monat ist unmöglich, weil das Ticket nur im Abonnement erhältlich sein soll.
  • Es soll personalisiert sein und ist damit nicht übertragbar.

Für einige Pendlerinnen und Pendler lohnt sich das Ticket

Entsprechend sei mit einer geringeren Nachfrage als beim 9-Euro-Ticket zu rechnen, so Schlüter. Der Analyse schließt sich Mark Andor an, Leiter vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Er verweist auf mehrere Forsa-Umfragen. Nur zwölf Prozent der Prozent der Befragten waren bereit, ein solches Ticket für 49 Euro zu kaufen.

Das 9-Euro-Ticket war eigentlich aus der Not geboren: Nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs waren die Preise für Öl und Gas explodiert – die Politik suchte nach einer Entlastung. Zur Diskussion stand also primär weder der Klimaschutz noch eine Verkehrswende.

Wie viele Menschen das neue Abo kaufen werden, könne jetzt noch nicht abgeschätzt werden, so Knie, "weil die Länder und Stadtstaaten ebenfalls an neuen Angeboten feilen". In etwa bleibt womöglich das 29-Euro-Ticket bestehen.

49-Euro-Ticket: CO2-Einsparungen noch unklar

Gernot Liedtke, Verkehrsexperte der Technischen Universität Berlin geht davon aus, "dass praktisch alle bisherigen Zeitkartenbesitzer auf das 49-Euro-Ticket wechseln werden". Auch würden manche Personen, die den ÖPNV einige Male pro Monat nutzten, "von Einzeltickets auf das 49-Euro-Ticket wechseln und danach häufiger das Auto stehen lassen". Hier finde die hauptsächliche Entlastungswirkung zugunsten des Klimaschutzes statt.

Wenn man davon ausgehe, dass die bisher sporadischen ÖPNV-Nutzer – also diejenigen, die Einzelfahrkarten lösen – nun häufiger das Auto stehen lassen," kann man zwei Millionen Tonnen als obere Grenze für jährliche CO-Einsparungen abschätzen. Wahrscheinlich sind Einsparungen in der Größenordnung einer Million Tonnen pro Jahr“, rechnet Liedtke vor.

49-Euro-Ticket: Es geht um mehr als den Preis

Für eine bestimmte Gruppe, insbesondere Pendlerinnen und Pendler mit guter ÖPNV-Anbindung, könnte das Ticket dazu führen, dass sie auf ihr Auto verzichteten, "was für diese Gruppe zu starken Mobilitätsverlagerungen führen könnte", so Ökonom Andor. "Gemessen an der Gesamtbevölkerung ist diese Gruppe jedoch voraussichtlich zu klein, um einen substanziellen Einfluss auf die aggregierten CO-Emissionen zu nehmen.“

Neben dem Preis ist für Andor die Qualität des ÖPNV entscheidend. Das 49-Euro-Ticket werde attraktiver, wenn es nicht zu Überlastungen im ÖPNV-Netz komme und es mehr und bessere Anbindungen gebe – auch zu Randzeiten und am Wochenende. Umfragen in den drei Ruhrgebietsstädten Bochum, Dortmund und Essen zeigten, "dass sich die Bevölkerung als wesentliche Verkehrsmaßnahme insbesondere eine Verbesserung des ÖPNV-Angebotes wünscht.“