Berlin. Die Warnungen vor einem Waffengang rund um Taiwan werden lauter. Der Schlüssel in aufgeheizten Zeiten lautet aber: Kommunikation.

Es mag ein merkwürdiger Zufall sein. Aber kaum haben die Vereinigten Staaten ein Militärabkommen mit den Philippinen abgeschlossen, wird ein mysteriöser Ballon über dem US-Bundesstaat Montana gesichtet. Brisant dabei: Auf einem Luftwaffen-Stützpunkt lagern auch atomar bestückte Interkontinentalraketen. Man darf jedoch die Kapazität eines in mehr als zehn Kilometern Höhe fliegenden Ballons nicht überschätzen. Mit modernen Satelliten könnte China viel mehr sensitive Informationen anschaffen.

Die Amerikaner vermuteten sofort eine Spionage-Operation und hielten sogar Kampfjets zum Abschuss in Bereitschaft. Egal ob es sich um eine Ausspäh-Aktion gehandelt oder ob sich ein „ziviler“ Wetter-Ballon verflogen hat: Die Szene passt in die extrem angespannten Beziehungen zwischen Washington und Peking. Die Landschaft der internationalen Politik ist derzeit aufgeheizt wie lange nicht. In Europa tobt ein Krieg, der in seiner Heftigkeit an die Frontkämpfe im Ersten Weltkrieg erinnert.

Michael Backfisch, Politik-Korrespondent.
Michael Backfisch, Politik-Korrespondent. © Reto Klar | Reto Klar

US-General warnt vor einem Krieg zwischen Amerika und China im Jahr 2025

Hinzu kommt, dass sich die Töne im Konflikt um die demokratische Inselrepublik Taiwan verschärfen. Ein US-Luftwaffengeneral warnt intern vor einem Krieg zwischen Amerika und China im Jahr 2025 – im Gefolge einer Annexion Taiwans durch Peking. Das Pentagon hat den Alarmruf zwar einkassiert.

Doch auch CIA-Chef William Burns rechnet damit, dass Chinas Staatschef Xi Jinping seine Streitkräfte bis 2027 für eine mögliche Taiwan-Invasion in Stellung bringen will. Sollte China einmarschieren, wären die Vereinigten Staaten mittendrin in einer militärischen Konfrontation. Präsident Joe Biden hat mehrfach betont, dass Amerika Taiwan zur Seite stehen werde.

In der Taiwan-Frage steht der Westen vor einem heiklen Balance-Akt

Die Volksrepublik zeigt wiederum mit dem Finger auf die USA und vollzieht einen strategischen Schulterschluss mit Russland: Washington sei der eigentliche Auslöser des Ukraine-Krieges und verlängere den Konflikt mit den massiven Lieferungen an Waffen.

In der Taiwan-Frage steht der Westen vor einem heiklen Balance-Akt. Er muss der Regierung in Peking auf der einen Seite klar machen, dass ein Angriff auf Taiwan inakzeptabel wäre. Gleichzeitig gilt es immer wieder zu betonen, dass die Ein-China-Politik sakrosankt und nur die Volksrepublik der völkerrechtliche Vertreter Chinas ist. Auch wenn nur wenige Staaten wie Haiti oder Guatemala Taiwan anerkannt haben: Die Insel hat das Recht auf ihre Souveränität und Freiheit.

Die Absage der Peking-Reise von US-Außenminister Antony Blinken ist bedauerlich

Die Welt braucht keinen neuen Krieg. Die USA und China müssen versuchen, zu einer geordneten Rivalität zu kommen. Insofern ist es bedauerlich, dass US-Außenminister Antony Blinken im Zuge der Ballon-Affäre nicht – wie geplant – nach Peking reist. In diesen politisch aufgeladenen Zeiten lautet der Schlüssel: Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Der Westen sollte zudem weltweit nicht nur mit seinen demokratischen Werten auf Werbetour gehen. Er muss auch seine Attraktivität als Wirtschaftsraum unterstreichen. China arbeitet seit Jahren am Projekt der „Neuen Seidenstraße“. Peking pumpt mehr als eine Billion Dollar in die Schaffung eines globalen Netzes mit Flug- und Seehäfen, Eisenbahnlinien und Straßen. Die beteiligten Länder werden mit günstigen Krediten gelockt.

Die EU hat erst sehr spät nachgezogen: Das 300 Milliarden Euro schwere Vorhaben „Global Gateway“ soll Entwicklungs- und Schwellenländer fit machen und an den Westen binden. Wirtschaftliche Potenz ist in Zeiten des Ukraine-Krieges auch ein politischer Machtfaktor – in Lateinamerika, Afrika, Asien und Europa. Die Chinesen haben das schon lange erkannt.