Berlin. Ein einzigartiger und historischer Vorgang war die Beerdigung von Papst Benedikt. Es schließt sich damit ein Kreis, findet unser Autor.

Man mag zur Kirche und zu Benedikt XVI. stehen, wie man will: Die Bilder des von Menschen gesäumten Petersplatz in Rom waren ebenso beeindruckend wie historisch. Dass mit Franziskus ein amtierender Papst das feierliche Requiem für seinen Vorgänger zelebriert, ist in dieser Form ein einzigartiger Vorgang. Benedikts Rücktritt vom Papstamt im Jahr 2013, durch den diese Konstellation letztlich geschaffen wurde, ist nicht minder historisch zu nennen, auch wenn er nicht der erste Pontifex war, der auf sein Amt verzichtete. Insofern schloss sich an diesem Tag in Rom ein Kreis.

Rund 50.000 Menschen waren zum Trauergottesdienst auf dem Petersplatz versammelt. In den Tagen zuvor hatten an die 200.000 Gläubige von dem im Petersdom aufgebahrten Benedikt Abschied genommen. Diese Zahlen zeigen, dass vom Glauben, insbesondere aber auch vom Papsttum, immer noch eine Faszination ausgeht, die selbst Menschen berührt, die der katholischen Kirche kritisch gegenüberstehen.

Walter Bau ist Kirchenexperte.
Walter Bau ist Kirchenexperte. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Dabei hat gerade Benedikt durch seinen Rücktritt erheblich beigetragen zur Entmystifizierung des Bildes vom Stellvertreter Christi auf Erden. Durch sein Bekenntnis, dass seine schwindenden Kräfte dem fordernden Amt nicht mehr gewachsen seien, gestand er als Pontifex menschliche Schwäche ein.

Benedikt XVI.: Im Dienste Gottes – sein Leben in Bildern

Ein Klassenfoto der dritten Klasse der Volksschule von Aschau am Inn, in der auch der heutige Papst Benedikt XVI. unterrichtet wurde (Foto aus dem Jahr 1935). Der damals achtjährige Joseph Ratzinger steht oben in der Mitte des Bildes.
Ein Klassenfoto der dritten Klasse der Volksschule von Aschau am Inn, in der auch der heutige Papst Benedikt XVI. unterrichtet wurde (Foto aus dem Jahr 1935). Der damals achtjährige Joseph Ratzinger steht oben in der Mitte des Bildes. © picture-alliance/dpa
Kardinal Michael Faulhaber (oben) legt am 29.06.1951 Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom die Hände auf. Der spätere Papst Benedikt XVI. wurde an jenem Tag gemeinsam mit seinem älteren Bruder Georg zum Priester geweiht.
Kardinal Michael Faulhaber (oben) legt am 29.06.1951 Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom die Hände auf. Der spätere Papst Benedikt XVI. wurde an jenem Tag gemeinsam mit seinem älteren Bruder Georg zum Priester geweiht. © picture alliance/dpa
Der damalige Priester Joseph Ratzinger hält 1952 eine Bergmesse in Ruhpolding.
Der damalige Priester Joseph Ratzinger hält 1952 eine Bergmesse in Ruhpolding. © Privat/dpa
Die Karriere des jungen Theologen Ratzinger beginnt auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) als Berater von Kardinal Joseph Frings. Von 1966-77 war Joseph Ratzinger Theologie-Professor in Tübingen.
Die Karriere des jungen Theologen Ratzinger beginnt auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) als Berater von Kardinal Joseph Frings. Von 1966-77 war Joseph Ratzinger Theologie-Professor in Tübingen. © picture alliance / dpa
Joseph Ratzinger, neuer Erzbischof von München und Freising, trägt während der Fronleichnamsprozession am 09.06.1977 in der Münchner Innenstadt die Monstranz.
Joseph Ratzinger, neuer Erzbischof von München und Freising, trägt während der Fronleichnamsprozession am 09.06.1977 in der Münchner Innenstadt die Monstranz. © Hartmut Reeh/dpa/picture alliance
In seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising trägt Ratzinger in einem Missbrauchsfall der Kirche eine folgenschwere Entscheidung mit. Ein vorbelasteter katholischer Priester wurde 1980 nach Bayern versetzt und wieder in eine Gemeinde geschickt. Dort verging er sich erneut an Jugendlichen, 1986 wurde er verurteilt. Ratzinger hat dem Umzug des Mannes von Essen nach München zugestimmt, jedoch nicht dem Einsatz in einer Gemeinde.
In seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising trägt Ratzinger in einem Missbrauchsfall der Kirche eine folgenschwere Entscheidung mit. Ein vorbelasteter katholischer Priester wurde 1980 nach Bayern versetzt und wieder in eine Gemeinde geschickt. Dort verging er sich erneut an Jugendlichen, 1986 wurde er verurteilt. Ratzinger hat dem Umzug des Mannes von Essen nach München zugestimmt, jedoch nicht dem Einsatz in einer Gemeinde. © AP Photo/Dieter Endlicher
Der frisch eingeweihte Papst Johannes Paul II. legt seinem Kardinal Joseph Ratzinger am 22. Oktober 1978 die Hand auf. Die Kardinäle schwörten dem neuen Kirchenoberhaupt an diesem Tag ihren Gehorsam.
Der frisch eingeweihte Papst Johannes Paul II. legt seinem Kardinal Joseph Ratzinger am 22. Oktober 1978 die Hand auf. Die Kardinäle schwörten dem neuen Kirchenoberhaupt an diesem Tag ihren Gehorsam. © picture alliance / AP
Kardinal Joseph Ratzinger in seiner Unterkunft im Vatikan, im November 1985. Unter Papst Johannes Paul II. steigt er in Rom in höchste kirchliche Ämter auf.
Kardinal Joseph Ratzinger in seiner Unterkunft im Vatikan, im November 1985. Unter Papst Johannes Paul II. steigt er in Rom in höchste kirchliche Ämter auf. © Gianni GIANSANTI/Gamma-Rapho via Getty Images
Papst Johannes Paul II. unterzeichnet neues Kirchenrecht im Vatikan, am 25. Januar 1985. Es wird verfügen, dass Abtreibungen  sofort mit Exkommunikation bestraft wird. Neben ihm stehen Kardinal Ratzinger und sein Kollege, der venezolanische Erzbischof Jose Castillo Lara.
Papst Johannes Paul II. unterzeichnet neues Kirchenrecht im Vatikan, am 25. Januar 1985. Es wird verfügen, dass Abtreibungen sofort mit Exkommunikation bestraft wird. Neben ihm stehen Kardinal Ratzinger und sein Kollege, der venezolanische Erzbischof Jose Castillo Lara. © Bettmann/Getty Images
Der Kardinal in seinem Arbeitzimmer: Der Theologe Ratzinger hat unzählige Bücher über den Glauben verfasst, seine Werke gehören zur Standardliteratur in Priesterseminaren.
Der Kardinal in seinem Arbeitzimmer: Der Theologe Ratzinger hat unzählige Bücher über den Glauben verfasst, seine Werke gehören zur Standardliteratur in Priesterseminaren. © Gianni GIANSANTI/Gamma-Rapho via Getty Images
Es ist der Höhepunkt seines Lebens: Am 19. April 2005 wird aus dem Kardinal Joseph Ratzinger der neue Papst Benedikt XVI.
Es ist der Höhepunkt seines Lebens: Am 19. April 2005 wird aus dem Kardinal Joseph Ratzinger der neue Papst Benedikt XVI. © Eric VANDEVILLE/Gamma-Rapho via Getty Images
Acht Jahre lang steht er an der Spitze der römisch-katholischen Kirche. Ein Menschenfischer war er nie, eher ein Professor-Papst, der ein enormes theologisches Schriftwerk hinterlässt. Das Bild zeigt ihn im Juli 2007, dem Jahr seines 90. Geburtstags.
Acht Jahre lang steht er an der Spitze der römisch-katholischen Kirche. Ein Menschenfischer war er nie, eher ein Professor-Papst, der ein enormes theologisches Schriftwerk hinterlässt. Das Bild zeigt ihn im Juli 2007, dem Jahr seines 90. Geburtstags. © picture alliance / Stefano Spaziani
Mit nur einem Satz reformierte Benedikt XVI. das Papstum. Er erklärt am 11. Februar 2013
Mit nur einem Satz reformierte Benedikt XVI. das Papstum. Er erklärt am 11. Februar 2013 "mit voller Freiheit auf das Amt des Bischofs von Rom, Nachfolger Petri zu verzichten" und geht damit als der erste Papst, der von seinem Amt zurücktritt, in die Geschichte ein. © picture alliance / ROPI
Sein Nachfolger wurde der Argentinier Jorge Mario Bergoglio, der den Namen Franziskus annahm. Seit Jahrhunderten ist das Kirchenoberhaupt damit erstmals wieder Mensch von außerhalb Europas.
Sein Nachfolger wurde der Argentinier Jorge Mario Bergoglio, der den Namen Franziskus annahm. Seit Jahrhunderten ist das Kirchenoberhaupt damit erstmals wieder Mensch von außerhalb Europas. © Vatican Media/dpa
Mehrere Jahre lebte der emeritierte Papst noch im Vatikan, größtenteils zurückgezogen. Am 31. Dezember 2022 starb  Benedikt XVI. im Alter von 95 Jahren.
Mehrere Jahre lebte der emeritierte Papst noch im Vatikan, größtenteils zurückgezogen. Am 31. Dezember 2022 starb Benedikt XVI. im Alter von 95 Jahren. © Sven Hoppe/dpa | Sven Hoppe/dpa
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Katholische Kirche: Nicht jedem hat der Rücktritt gefallen

Dieser Schritt hat nicht allen in der Amtskirche gefallen, manche fürchteten eine Schwächung des Papsttums insgesamt. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass der Mann aus Marktl am Inn gerade durch sein Eingeständnis dem viel kritisierten Papstamt eine Perspektive für das 21. Jahrhundert eröffnet hat. Das feierliche Requiem für den Papa emeritus in Rom mag man auch deshalb als Verbeugung der Kirche vor einem großen Pontifex verstehen.

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