Wer jahrzehntelang gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat, wünscht sich finanziell sorgenfreie Jahre im Alter. Vielen Beschäftigten droht jedoch, dass sie trotz Vollzeitbeschäftigung von einer kleinen Rente leben müssen: Rund acht Millionen Beschäftigte in Deutschland müssen damit rechnen, dass sie nach 45 Arbeitsjahren in Vollzeit eine Nettorente von weniger als 1.200 Euro erhalten. Das ist gut jeder dritte Vollzeitbeschäftigte in Deutschland.
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Das geht aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei die Linke hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Eine Nettorente von 1.200 Euro entspricht einem Bruttobetrag von 1348,31 Euro, von dem die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen werden. Wie aus den Zahlen des Arbeitsministeriums hervorgeht, müssen Beschäftigte beim derzeitigen Rentenniveau über 45 Jahre mindestens 3.034 Euro im Monat vor Abzügen verdienen, um auf eine gesetzliche Nettorente von 1.200 Euro zu kommen.
Rente: Schmale Zahlung trotz jahrzehntelanger Berufstätigkeit
Noch mehr Menschen sind betroffen, wenn in dem Rechenmodell 40 Berufsjahre in Vollzeit zugrunde gelegt werden: Von den gut 21,7 Millionen Vollzeitbeschäftigten in Deutschland verdienen knapp 10,3 Millionen auf einem Niveau, dass sie nach vier Jahrzehnten auf einer Vollzeitstelle mit einer Nettorente von weniger als 1.200 Euro rechnen müssen – das betrifft also fast jeden Zweiten. Um genau diesen Betrag ausgezahlt zu bekommen, müssten sie durchgehend 3.413 Euro brutto monatlich verdienen.
System | Die gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip. |
Renten-Arten | Grund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente |
Ausnahmen | Selbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit. |
Finanzierung | Die gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert. |
Probleme | Die Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland. |
Drei Säulen | Die Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge. |
Ursprung | Die gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt. |
Ein „gewaltiges Problem“ sieht Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch darin. „Das Verhältnis stimmt nicht. Das, was Arbeitnehmer verdienen, ist vielfach zu niedrig und das, was sie als Rentner dafür bekommen, ist zu wenig“, sagte Bartsch dieser Redaktion. „Die gesetzliche Rente sichert bei Millionen nicht mehr den Lebensstandard. Das muss sich ändern.“ Gerade angesichts der „galoppierenden Inflation“ seien „deutliche Lohnsteigerungen“ und eine schrittweise Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent geboten.
Rentenniveau: Ampel-Koalition verspricht Stabilisierung
Das Rentenniveau ist eine rechnerische Größe und beschreibt das Verhältnis einer Standardrente zum Durchschnittsverdienst. Die Ampel-Koalition hat angekündigt, das aktuelle Rentenniveau von aktuell 48 Prozent „dauerhaft“ zu sichern. SPD, Grüne und FDP wollen deswegen die kapitalgedeckte Aktienrente einführen. Dafür ist nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) „mittel- bis langfristig eine dreistellige Milliardensumme“ erforderlich.
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An dem Versprechen der Ampel-Koalition, das Rentenniveau stabil zu halten, gibt es Kritik etwa von Arbeitgeberverbänden. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger äußerte kürzlich die Erwartung, „dass wir das Rentenniveau ab 2025 nicht bei 48 Prozent halten können“.
Lohnerhöhungen beeinflussen Rentenzahlung im Alter
Der Stichtag für die Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums zu den Rentenerwartungen bei Vollzeitbeschäftigten ist der 31. Dezember 2021. Das Ministerium von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) weist in seiner Antwort an die Linken-Fraktion darauf hin, dass aus den Zahlen eines einzelnen Jahres „nicht auf eine Erwerbskarriere und ebenso wenig auf die Einkommenssituation im Alter“ geschlossen werden könne.
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So wird in der Berechnung etwa nicht berücksichtigt, dass es im Verlauf eines Erwerbslebens zu Lohnerhöhungen kommen kann. „Die tatsächliche Höhe der Rentenanwartschaft steht erst dann fest, wenn die Versicherungsbiografie vollständig abgeschlossen ist“, betont das Ministerium daher.
Grundsicherung im Alter: Wenn die Rente nicht reicht
Andererseits ist in dem Modell beispielsweise auch nicht die Möglichkeit enthalten, dass Arbeitnehmer nicht Zeit ihres Lebens in Vollzeit arbeiten, etwa weil sie Kinder bekommen oder sich um die Pflege eines Angehörigen kümmern. Auch 45 Beitragsjahre erreichen viele Beschäftigte nicht, zum Beispiel wegen Krankheit oder zeitweiser Arbeitslosigkeit.
Reicht die Rente nicht zum Leben, können die Betroffenen Grundsicherung im Alter beantragen. Die Deutsche Rentenversicherung gibt als Faustregel aus: Wenn das Gesamteinkommen unter 924 Euro liegt, sollte der Anspruch auf Grundsicherung geprüft werden.
Rentenkasse in Österreich als Vorbild?
Angesichts der nun bekannt gewordenen Zahlen hebt das Arbeitsministerium in seiner Antwort an die Linken-Fraktion hervor, dass aus der Höhe der erwarteten gesetzlichen Rente „grundsätzlich nicht auf Bedürftigkeit in der Grundsicherung im Alter geschlossen werden kann“, da etwa „weitere Alterseinkommen und der Haushaltskontext nicht berücksichtigt sind“. Das könnten etwa Mieteinnahmen, Erträge aus Kapitalanlagen, eine private Altersvorsorge oder eine höhere Rente des Partners sein.
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Bartsch fordert eine grundlegende Änderung im Rentensystem und nennt ein Nachbarland als Vorbild: „Wir brauchen eine Rentenkasse wie in Österreich, wo die durchschnittliche Rente 800 Euro höher ist als bei uns“, sagte der Fraktionschef der Linken. „Das ist möglich, weil dort nicht nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber einzahlen, sondern alle Bürger mit Erwerbseinkommen - auch Abgeordnete, Beamte, Selbstständige und Manager.“
Eine grundlegende Rentenreform ist in dieser Legislaturperiode allerdings nicht zu erwarten. Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen bei dem Thema.
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