Berlin. Das dritte Entlastungspaket soll die Inflation abmildern. Dafür muss es aber erst Gesetz werden. Einige Länder drohen mit Verweigerung.

Mit dem dritten Entlastungspaket will die Ampel-Regierung inflationsgeplagte Bürgerinnen und Bürgern unterstützen. Rund 65 Milliarden Euro sollen dafür locker gemacht werden, die vor allem die gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten abfedern sollen. Geplant sind etwa 300 Euro Einmalzahlung an Renterinnen und Rentner, 200 Euro für Studierende und eine Kindergelderhöhung. Außerdem will der Bund mit 1,5 Milliarden Euro ein Nachfolge-Modell für das 9-Euro-Ticket finanzieren – wenn die Länder ebenfalls zur Finanzierung beitragen.

Unter anderem daran entzündet sich nun Streit zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung. Erste Länder drohten am Wochenende damit, dem Entlastungspaket im Bundesrat nicht zuzustimmen und den Vermittlungsausschuss anzurufen. "In der jetzigen Form ist das Entlastungspaket keinesfalls zustimmungsfähig", sagte Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) der "Welt am Sonntag".

Es würden "zentralistische und einsame Entscheidungen getroffen", die von den Ländern im Rahmen der Schuldenbremse nicht mehr zu finanzieren seien. Noch nie seien die Länder von einer Bundesregierung so schlecht behandelt worden wie heute.

Entlastungspaket: Länder kündigen harte Verhandlungen an

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) forderte, der Bund müsse "deutlich nachbessern". Bovenschulte sagte: "Bleibt es bei der vom Bund vorgeschlagenen Aufteilung, kosten Bremen alleine die bisherigen drei Entlastungspakete fast 300 Millionen Euro." Umstritten ist demnach insbesondere die Kostenaufteilung bei der Nachfolge für das 9-Euro-Ticket sowie den Hilfen für pensionierte Staatsbedienstete.

Am Freitag hatte bereits NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vor der am 28. September geplanten Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz harte Verhandlungen mit dem Bund angekündigt.

Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), sagte der "Welt am Sonntag": "Der Umgang der Bundesregierung mit den Ländern und dem Bundesrat ist unverantwortlich." Gerade jetzt werde ein dauerhaft institutionalisiertes Abstimmungsverfahren zwischen Bund und Ländern gebraucht. Haseloff hob hervor, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dies in der Corona-Krise praktiziert habe. Heute finde diese Vorabstimmung mit den Ländern nicht statt.

„Der Nahverkehr muss nicht nur günstig, sondern in vielen Gegenden erstmal vorhanden sein“

Anke Rehlinger (SPD)

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) kündigte vor allem Widerstand gegen die Pläne zur Verlängerung des 9-Euro-Tickets an. Es könne nicht sein, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) "sich nur an einem Preissignal beteiligt, und dann ist es für ihn erledigt mit dem ÖPNV". Rehlinger weiter: "Der Nahverkehr muss nicht nur günstig, sondern in vielen Gegenden erstmal vorhanden sein."

Unserer Redaktion gegenüber rief Rehlinger nach der Verkündung des 200-Milliarden-Rettungsschirms durch die Bundesregierung ihre Amtskollegen und -kolleginnen dennoch dazu auf, dem Entlastungspaket zuzustimmen. Angesichts der bombastischen Milliarden-Ansagen von (Kanzler) Olaf Scholz und der Bundesregierung können die Länder nicht als Kleinkrämer auftreten‘, sagte die SPD-Politikerin. "Der Bund nimmt enorme Belastungen für den Bundeshaushalt hin, auch wir Länder werden unseren Teil schultern müssen."

Zugleich mahnte Rehlinger Korrekturen an. "Unsinn" können nicht bestehen bleiben. "Ohne Erhöhung der Regionalisierungsmittel macht ein Nachfolger fürs 9-Euro-Ticket keinen Sinn", sagte sie. "Was nützt ein günstiger Bus, der nicht fährt?"

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Nächstes Entlastungspaket: Forderungen werden laut

Unterdessen werden bereits Forderungen nach weiteren Maßnahmen über das Entlastungspaket hinaus laut. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur, dies könne nicht der letzte Schritt gewesen sein. Jetzt gehe es noch um Hilfen für Unternehmen, die in Bedrängnis seien, sagte er. Er drängte auf ein Aussetzen der Schuldebremse.

Der Deutschen Presse-Agentur sagte Weil, schon bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 28. September sollte Einvernehmen darüber erzielt werden, "dass wir uns in einer Notlage befinden und die von der Schuldenbremse gesetzten Beschränkungen in dieser Lage aussetzen müssen".

Es sei absehbar, wie belastend das Jahr 2023 sozial und wirtschaftlich werden wird. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir durch diese Situation durchkommen, ohne zumindest zum Teil Kredite aufzunehmen", betonte Weil. "Jetzt ist die Zeit, in der wir noch die Weichen stellen können. Und das sollten wir unbedingt tun." (pcl/dpa/AFP)

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.