Berlin. Jeder sechste Bürger in Deutschland war 2021 von Armut betroffen. Die dramatische Inflation könnte die Lage nun noch verschlechtern.

Rund 13 Millionen Menschen in Deutschland sind im vergangenen Jahr von Armut bedroht gewesen. Damit ist jeder sechste Bürger betroffen. Besonders hart trifft es nach neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes Alleinerziehende und Alleinlebende, von ihnen ist mehr als jeder Vierte armutsgefährdet, ebenso fast jeder zweite Arbeitslose und jeder fünfte Ruheständler. Der Anteil der betroffenen Kinder und Jugendlichen liegt leicht über dem Gesamtschnitt.

„Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Armutsgefährdung sind dramatisch und zeigen, dass Armut in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist“, sagte die Vizepräsidentin des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Ursula Engelen-Kefer, unserer Redaktion. Als armutsgefährdet gilt der Statistik zufolge, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt.

Armut: Alleinerziehende, Rentner, Arbeitslose betroffen

Für eine alleinlebende Person lag dieser Wert 2021 bei 15.009 Euro netto im Jahr (1.251 Euro im Monat). Für eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren verlief die Grenze bei 31.520 Euro netto (2.627 Euro im Monat). Mit 13 Millionen Betroffenen (15,8 Prozent) blieb der Wert im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleich: 2020 galten 13,2 Millionen Menschen (16,1 Prozent) als armutsgefährdet.

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Sozialverbände befürchten jedoch, dass sich aufgrund der aktuell hohen Preissteigerungen etwa für Energie und Lebensmittel die Situation in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert hat. Zumal besonders fürs Heizen und für Strom weitere Zusatzkosten für die Verbraucher zu erwarten sind.

Die Preise für Energie sind stark gestiegen.
Die Preise für Energie sind stark gestiegen. © dpa | Fabian Sommer

Energie: Weitere Preissteigerungen zu erwarten

Es müsse daher weitere gezielte Entlastungen für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sowie die Empfänger von Hartz IV geben, sagte Engelen-Kefer. „Insbesondere Menschen, die von Grundsicherung leben, kommen finanziell schon lange nicht mehr über die Runden. Für sie ist es bereits fünf nach zwölf.“

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Die Bundesregierung will die Regelsätze der Grundsicherung zum Jahreswechsel anheben. Bis zu einer Neuberechnung müssten die Bezieher von Grundsicherung monatlich 100 Euro zusätzlich bekommen, um nicht auf den hohen Heizkosten sitzen zu bleiben, sagte die SoVD-Vizepräsidentin und forderte: „Zur Finanzierung der immensen Kosten muss die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden und auch eine Übergewinnsteuer von Energiemultis darf kein Tabu mehr sein.“