Berlin. Kramp-Karrenbauer hat nicht verstanden, dass Kommunikation sich nur schwer regulieren lässt. Social Media ist wie ein Bürgertreff.

Robert Habeck hat etwas verstanden. Als sich der Grünen-Vorsitzende im Januar 2019 aus den sozialen Medien wie Twitter und Facebook zurückzog, war das eine Reaktion auf ein ziemlich verunglücktes Video-Posting seinerseits.

Er hatte in einem auf Twitter veröffentlichten Video gesagt, die Grünen „versuchen, alles zu machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird“. Es hagelte, es stürmte Kritik, er erntete einen Shitstorm par excellence. Was Habeck verstand: Er versteht die sozialen Medien nicht. Er weiß nicht, wie er mit der ganzen Kritik und den vielen Reaktionen umgehen soll. Und meldete sich ab.

Diese Ebene der Kommunikation lässt sich nicht verbieten

Die momentan in Fragen der Kommunikation ebenfalls glücklose Annegret Kramp-Karrenbauer von der CDU hat noch nicht einmal das verstanden. Dass es da eine Größe gibt, eine Ebene der Kommunikation, die sich nicht verbieten und regulieren lässt. Nicht einmal, wenn man sich bei Twitter und Facebook abmeldet. Dort wird trotzdem weiter diskutiert. Der Strom des Für und Wider fließt unermüdlich weiter und das 24 Stunden am Tag.

Social Media ist vieles, aber es ist auch eine ganz neue Art der Kontaktaufnahme und der direkten Kommunikation miteinander. Wer es nutzt, muss auch mit den Reaktionen klarkommen. Der Abstand zwischen Politiker und Bürger ist kleiner geworden.

Hintergrund: Kramp-Karrenbauer und das Rezo-Video

Auf Twitter schrieb Kramp-Karrenbauer: „Es ist absurd, mir zu unterstellen, Meinungsäußerungen regulieren zu wollen. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut in der Demokratie. Worüber wir aber sprechen müssen, sind Regeln, die im Wahlkampf gelten.“

Gleich vorab, das wird schwer. Welche Regeln sollen das sein? Parteien dürfen mit Prominenten selbst für sich im Wahlkampf Werbung machen, aber einflussreiche Youtuber, die neuen Prominenten im Netz, dürfen sich auf ihren Kanälen nicht für eine Partei aussprechen? Außerdem kann jeder sofort ein Youtube-Video posten oder auf Twitter eine Nachricht absenden. Dazu muss man nicht prominent sein. Das ist Demokratie, direkte.

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Rezo hat mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU“ seine Meinung gesagt und belegt. Was ungewohnt an der Kritik war, ist ihre Art. Rezos Vehemenz und seine Sprache.

Für Journalisten gelten Standards, die sie während einer langjährigen Ausbildung gelernt haben und die täglich in Redaktionen gepflegt werden. Die Stars der Social Media-Kanäle sind keine Journalisten. Sie sind Bürger, die ihre Meinung kundtun. Das müssen Politiker verstehen.

Und dass einige Youtuber wie Rezo mit ihrer Meinung ziemlich viel Einfluss haben, ist eine Verantwortung, mit der sie sehr sorgsam umgehen sollten. Und das hat AKK vielleicht auch gemeint, mit dem Wunsch nach „Regeln“. Es gibt gesellschaftliche Umgangsformen, die auch Youtuber wahren sollten. Schimpfwörter und martialische Begriffe wie „Zerstörung“ lenken von der eigentlichen Kritik ab und schwächen sie.

Mit einem anderen Tweet auf Twitter belegt Kramp-Karrenbauer noch einmal, dass sie eben gerade nicht mit der Kraft des Internets und sogar deren Einfluss auf Wahlen gerechnet hat. Sie schreibt: „Wenn einflussreiche Journalisten oder #Youtuber zum Nichtwählen oder gar zur Zerstörung demokratischer Parteien der Mitte aufrufen, ist das eine Frage der politischen Kultur. Es sind gerade die Parteien der Mitte, die demokratische Werte jeden Tag verteidigen.“

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Ja, aber die Demokratie ist lauter, breiter und vielfältiger geworden. Auch wenn das von Kramp-Karrenbauer als unangenehm wahrgenommen wird. Sorry, aber der Geist kehrt nicht mehr in die Flasche zurück.

In den Social Media Kanälen kann man schnell viele Millionen Menschen mit seinen Botschaften erreichen. Wie Barack Obama einst, und Donald Trump zuletzt, amerikanische Präsidentschaftswahlen gewinnen. Man kann aber auch verlieren. Aber und das ist der wichtigste Punkt, man bekommt sofort ein Feedback, auf jede Aussage eine Antwort.

Heute kann sich der Wähler nachts um 1.04 Uhr melden

Und das ist das neue. Früher musste man als Politiker nur alle vier Jahre bei den Wahlen mit dem direkten Urteil der Wähler rechnen. Heute kann sich der Wähler nachts um 1.04 Uhr melden. Eine Frage stellen, einen Kommentar absetzen, der am Morgen einem Medientornado gleicht. Social Media ist der Bürgertreff, wie der Besuch in der Kneipe, die 24 Stunden geöffnet hat.

Was ist also besser? Den Kopf in den Sand zu stecken wie Habeck, wenn man es nicht kann? Auf keinen Fall. Kramp-Karrenbauer ist zumindest schon mal da, wo sie die Menschen erreicht. Den Kontakt sollte sie nutzen.