St. Ingbert. Annegret Kramp-Karrenbauer ist seit gut zehn Wochen CDU-Chefin. Sie hat sich quasi en passant von der Politik Merkels distanziert.

Sie habe sich zur „Putzfrau vom Konrad-Adenauer-Haus“ hochgearbeitet, sagt die Frau in Schürze und Kopftuch auf der Bühne. „So ein Schlamassel. Ich weiß gar nicht, wie ich da reingerutscht bin. Ich kann euch sagen: Ich habe schon ein bisschen Heimweh.“

Ein wenig kokettiert sie da schon, die neue Vorsitzende der CDU: Annegret Kramp-Karrenbauer schlüpfte am Sonntagabend bei der Narrenschau in St. Ingbert erneut in ihre Karnevals-Rolle als „Putzfrau vom Landtag“ und teilte kräftig aus: gegen das Kabinett, die CSU, den politischen Gegner.

AKK, wie sie genannt wird, erntete viele Lacher bei ihrem Heimauftritt im Saarland. Die Frau, die als künftige Kanzlerkandidatin gehandelt wird, sendete das Signal: Seht her, trotz allem Machtwillen bin ich bodenständig geblieben.

Kramp-Karrenbauer distanzierte sich von Merkels Flüchtlingspolitik

Gut zehn Wochen ist Kramp-Karrenbauer nun Vorsitzende der CDU. Ihr Wahlergebnis beim Parteitag im Dezember war knapp, nur 35 Stimmen Vorsprung hatte sie auf den ehemaligen Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU). Es sei erstaunlich, was sie bisher auf die Beine gestellt hat, sagt ein CDU-Präside. Sie habe seit Hamburg nicht nur die CSU befriedet, sondern sich quasi en passant von der Flüchtlingspolitik ihrer Vorgängerin, Kanzlerin Angela Merkel, distanziert.

AKK wirkt in die CDU hinein, ist unermüdlich unterwegs zu Parteiverbänden und Veranstaltungen. Sie meldet sich von der Feier zu 100 Jahren Volkshochschule, grüßt vom Neujahrsempfang der CDU Wuppertal, diskutiert mit der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion.

AKK kommt auch bei früheren Kritikern an

Als Generalsekretärin gewann die 56-Jährige an Reputation bei der CDU-Basis, als sie sich auf „Zuhör-Tour“ begab, um das neue Grundsatzprogramm zu erarbeiten. Vor dem Programmparteitag in diesem Dezember in Erfurt wird sie, so ist es geplant, noch einmal zu einer Tour aufbrechen: Dieses Mal soll es eine „Antwort-Tour“ sein.

AKK kommt an in der Partei, auch bei denen, die ihr vorher kritisch gegenüberstanden. Negative Stimmen sind gerade selten.

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Die Saarländerin hat sich zum Medienprofi gemausert, sie weiß die Gunst der Stunde für sich zu nutzen. Am Montag steht AKK bei der dpa-Chefredakteurskonferenz in Berlin Rede und Antwort, erklärt gewandt, dass sie zu Hause nicht AKK genannt werde und ihr bekannter Satz „Ich kann, ich will, ich werde“, der als Titel einer Biografie über sie verwendet wurde, ihr spontan eingefallen sei. „Und er gefällt mir noch immer.“

Sprachlicher Fauxpas bleibt eine Randnotiz

Das Werkstattgespräch Migration, zu dem AKK Experten und Politiker ins Konrad-Adenauer-Haus lud, war ein Wagnis. Denn die Flüchtlingskrise und ihre Folgen sind ein Thema, das die Union noch immer umtreibt. Entsprechend nervös war die Vorsitzende, begrüßte die Anwesenden als „Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten“.

„Mist“, habe sie gedacht, als ihr der Fehler unterlief, bekannte sie nun am Montag. Doch ihr gelang trotz des sprachlichen Fauxpas mit der Veranstaltung eine Distanzierung von Merkels Flüchtlingspolitik.

Grenzschließung als „Ultima Ratio“ für AKK

So stimmte sie etwa dem Wort Zurückweisung in Zusammenhang mit der Grenze zu, worüber es noch im vergangenen Sommer zum Riesenstreit mit der CSU gekommen war. Außerdem schloss AKK die Schließung der deutschen Grenze als letztes Mittel bei einer neuen Flüchtlingskrise nicht aus.

Eine unmissverständliche Aussage, von der sich Merkel öffentlich distanzierte. Gerade was Zurückweisungen an den Grenzen angehe, sei in den vergangenen Monaten sehr viel diskutiert worden, sagte sie im Kanzleramt und fügte an: „Und da hat sich an meiner Meinung nichts geändert.“

Hat AKK das Zeug zur Kanzlerin?

Dennoch: In der Union heißt es, die beiden mächtigen Frauen würden sich viel intensiver abstimmen, als dies nach außen gezeigt werde. Die Grenzziehung ist beiden schwergefallen. Merkel war früh klar, dass es schwierig würde – da AKK ihr nahestehe, würde die Abgrenzung deutlich ausfallen müssen, mutmaßte sie. So kam es jetzt.

Hat AKK das Profil zur Kanzlerin? Eindeutig ja, heißt es von hohen Wirtschaftsakteuren, sie habe von der Pike auf Politik gelernt, sei dennoch authentisch und stehe mitten im Leben. Mangelndes außenpolitisches Profil? „Das kann man lernen. Merkel konnte das auch nicht sofort.“

Und AKK sucht die Weltbühne, sie fuhr zum Weltwirtschaftsforum nach Davos, reiste zur Münchner Sicherheitskonferenz. Im Windschatten von Merkel, die bei beiden Treffen viel beachtete Reden hielt. AKK drängte sich nicht in den Vordergrund. Doch sie will vorbereitet sein, falls ihr die Rolle der Kanzlerkandidatin doch vor 2021 zufallen sollte.

AKK muss sich an Wahlergebnissen messen lassen

Wenn die AfD die CDU bei den ostdeutschen Landtagswahlen als stärkste Partei überholt, könnte es mit der Einheit zwischen Merkel und Kramp-Karrenbauer vorbei sein. Die neue CDU-Chefin müsste dann die Kritik an schlechten Wahlergebnissen einstecken, bräuchte einen Schuldigen, der keine Pläne mehr hat.

Kramp-Karrenbauer ist da realistisch: All die Vorschusslorbeeren jetzt seien doch hinfällig, „wenn die Erfolge ausbleiben“. „Ich kann und ich will“, sagt sie am Montag. „Was dann kommt, muss die Zeit entscheiden.“