London/Berlin. Die britische Premierministerin bleibt weiter vage, was die Zukunft des Brexit angeht. Brüssel lehnt ihren Nachverhandlungsvorstoß ab.

Premierministerin Theresa May hat am Montagnachmittag eine Erklärung zum Plan B für ihr gescheitertes Brexit-Abkommen abgegeben – blieb dabei aber in weiten Teilen vage.

In ihrer Rede skizzierte sie die verschiedenen Szenarien, wie es im Brexit-Streit nun weitergehen könnte. May sagte, die EU werde Artikel 50 zeitlich nicht verlängern, wenn kein konkreter Plan vorliege. Eine Fristverlängerung würde zudem gegen den Geist des Referendums verstoßen.

EU-Ratschef: Es hat sich nichts geändert

Einem zweitem Referendum zum Brexit erteilte sie eine Absage. „Ich denke, das würde sehr viele Probleme bringen“, sagte May vor den Abgeordneten im Unterhaus. Ihre Aufgabe sei es, die Entscheidung der Bürger des ersten Referendums umzusetzen.

Die Europäische Union lehnt den neuen Vorstoß Mays für Nachverhandlungen ab. Seit vergangener Woche habe sich nichts geändert, erklärte ein Sprecher von EU-Ratschef Donald Tusk. „Wir sind immer bereit, uns zu treffen und zu reden.“ Doch hätten die bleibenden 27 EU-Staaten schon im Dezember gesagt, dass das mit May ausgehandelte Austrittsabkommen nicht nachverhandelt werden könne.

May hatte im britischen Parlament deutlich gemacht, dass sie die schwierige Irland-Frage aus den Brexit-Gesprächen wieder aufmachen wolle. Die sogenannte Backstop-Regelung, wie sie im Abkommen über den EU-Austritt festgelegt sei, treffe weiter auf Besorgnis im Parlament, sagte May. Sie wolle diese Woche Gespräche mit Abgeordneten führen, wie eine „größtmögliche Unterstützung“ im Parlament erreicht werden könne. Anschließend wolle sie damit wieder zur EU gehen.

Gespräche, um Kompromisse zu finden

May hatte des weiteren betont, dass sie nicht garantieren könne, dass es zu keinem „ungeregelten Austritt“ aus der EU kommen werde, einen sogenannten „No Deal“.

May sagte außerdem, sie wolle das Belfast-Abkommen zur Befriedung Nordirlands nicht neu verhandeln. Die Vereinbarung müsse während des Brexit-Prozesses vollständig eingehalten werden. Für die nächsten Tage kündigte sie eine Reihe von Gesprächen an, auch mit Gewerkschaften und anderen Akteuren, um Kompromisse zu finden.

Opposition lehnte Gespräche mit May ab

Nach dem bisherigen Plan will Großbritannien am 29. März aus der Staatengemeinschaft austreten. Das mit der Europäischen Union ausgehandelte Abkommen wurde in der vergangenen Woche im Parlament mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Einem folgenden Misstrauensvotum hielt die Premierministerin jedoch stand.

Nach der gescheiterten Abstimmung hatte May bereits zuvor angekündigt, Gespräche mit Vertretern aller Parteien zu führen. Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei hatte ein Treffen mit May jedoch ausgeschlossen, solange sie einen Brexit ohne Abkommen mit drastischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche nicht ausschließt. May bezeichnete das als unmöglich.

Es gibt jedoch Pläne von Oppositionsabgeordneten und EU-freundlichen Rebellen im Regierungslager, einen Aufschub des Brexit-Datums zu erzwingen, sollte sich ein Austritt ohne Abkommen abzeichnen.

May will bei EU um Zugeständnisse werben

In den britischen Medien wird derweil spekuliert, May habe den Konsens mit der Opposition bereits aufgegeben. Stattdessen wolle sie sich darauf konzentrieren, die Brexit-Hardliner in ihrer eigenen Partei und die nordirische-protestantische DUP zu überzeugen.

Dafür wolle sie bei der EU um Zugeständnisse hinsichtlich der Backstop genannten Garantie für eine offene Grenze zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland werben. Mays Minderheitsregierung ist von den DUP-Stimmen abhängig.

Zollunion statt Nationenunion

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn schlug vor der Rede von May vor, sich auf die Option einer Zollunion zu konzentrieren. „Damit könnte man die irische Frage lösen und man könnte auch ein Chaos verhindern am 30. März“, sagte er in Brüssel. Ein Austritt Großbritanniens ohne Abkommen führe unweigerlich dazu, dass es wieder Grenzkontrollen und Zölle gebe. „Das will ja keiner“, so Asselborn. (dpa/aba/les)