Berlin. Hartz IV und die SPD: Nahles strebt Erneuerung an. Sie verkündete eine Sozialstaatsreform: „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.“

Andrea Nahles richtet ihren Blick mal wieder auf Hartz IV: Sie hat in einer Rede auf dem Debattencamp der SPD eine „Sozialstaatsreform 2025“ gefordert. „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen“, sagte die Parteivorsitzende am Wochenende in Berlin.

„Wir brauchen eine große, umfassende, tiefgreifende Sozialstaatsreform – und nicht nur viele kleine.“ Konkrete Vorschläge für den Umbau machte Nahles allerdings nicht.

Die SPD hadert seit längerem mit der vor 15 Jahren vom damaligen Kanzler Gerhard Schröder initiierten Arbeitsmarktreform. Nicht nur Andrea Nahles, auch andere Köpfe der SPD forderten bereits die Abkehr.

Hartz IV soll überwunden werden

Mit ihrem Vorschlag traf die SPD-Chefin auf dem Debattencamp einen Nerv. Die Reform des Sozialstaats war eines der wichtigen Themen der zweitägigen Veranstaltung. 3400 Menschen kamen zu dem Diskussionsforum, darunter auch viele junge Leute.

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Auch internationale Gäste waren dabei – um für Europa zu werben: Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras etwa erinnerte die europäische Sozialdemokratie an die Notwendigkeit einer Strategie im Kampf gegen Nationalismus.

Andrea Nahles: Ihre Karriere in Bildern

Andrea Nahles war lange die starke Frau der SPD: Seit April 2018 war sie Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – als erste Frau. Seit September 2017 war sie bereits Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag. Von beiden Ämtern wird sie zurücktreten, wie sie am Sonntag ankündigte. Wir zeigen Bilder aus ihrem politischen und privaten Leben.
Andrea Nahles war lange die starke Frau der SPD: Seit April 2018 war sie Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – als erste Frau. Seit September 2017 war sie bereits Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag. Von beiden Ämtern wird sie zurücktreten, wie sie am Sonntag ankündigte. Wir zeigen Bilder aus ihrem politischen und privaten Leben. © dpa | Martin Gerten
Andrea Nahles wurde am 20. Juni 1970 in Mendig (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie studierte Literatur- und Politikwissenschaften und ist seit 1988 Mitglied der SPD. Von 1993 bis 1995 war sie Landesvorsitzende der Jungsozialisten in Rheinland Pfalz. Von 1995 bis 1999 dann Bundesvorsitzende der Jusos.
Andrea Nahles wurde am 20. Juni 1970 in Mendig (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie studierte Literatur- und Politikwissenschaften und ist seit 1988 Mitglied der SPD. Von 1993 bis 1995 war sie Landesvorsitzende der Jungsozialisten in Rheinland Pfalz. Von 1995 bis 1999 dann Bundesvorsitzende der Jusos. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Andreas Altwein
Andrea Nahles und der damalige SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine im November 1996.
Andrea Nahles und der damalige SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine im November 1996. © REUTERS /
Nahles war erstmals von 1998 bis 2002 und ist erneut seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1997 bis 2013 war sie Mitglied im SPD-Parteivorstand.
Nahles war erstmals von 1998 bis 2002 und ist erneut seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1997 bis 2013 war sie Mitglied im SPD-Parteivorstand. © REUTERS /
Im Mai 2007 wurde Nahles gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (M.) und Peer Steinbrück vom SPD-Parteivorstand für das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden nominiert. Am 26. Oktober 2007 wurde sie von 74,8 Prozent der Parteitagsdelegierten in dieses Amt gewählt. Dafür gab es rote Rosen. Das Amt hatte sie von 2007 bis 2009 inne.
Im Mai 2007 wurde Nahles gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (M.) und Peer Steinbrück vom SPD-Parteivorstand für das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden nominiert. Am 26. Oktober 2007 wurde sie von 74,8 Prozent der Parteitagsdelegierten in dieses Amt gewählt. Dafür gab es rote Rosen. Das Amt hatte sie von 2007 bis 2009 inne. © Getty Images | Sean Gallup
Die praktizierende Katholikin ist Mutter einer Tochter.
Die praktizierende Katholikin ist Mutter einer Tochter. © Meike Boeschemeyer
Von ihrem Ehemann – dem Kunsthistoriker Marcus Frings – lebt sie seit Anfang 2016 getrennt.
Von ihrem Ehemann – dem Kunsthistoriker Marcus Frings – lebt sie seit Anfang 2016 getrennt. © Getty Images | Sean Gallup
Am 17. Dezember 2013 wurde Nahles von dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales vereidigt.
Am 17. Dezember 2013 wurde Nahles von dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales vereidigt. © REUTERS | REUTERS / THOMAS PETER
Im Bundestagswahlkampf 2017 machte Nahles sich für den damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz stark.
Im Bundestagswahlkampf 2017 machte Nahles sich für den damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz stark. © Getty Images | Carsten Koall
Seit dem 27. September 2017, drei Tage nach der Bundestagswahl, ist Andrea Nahles Vorsitzende der SPD-Bundesfraktion.
Seit dem 27. September 2017, drei Tage nach der Bundestagswahl, ist Andrea Nahles Vorsitzende der SPD-Bundesfraktion. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen am 7. Februar gab Schulz seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt – und machte den Weg für Andrea Nahles als seine Nachfolgerin frei.
Nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen am 7. Februar gab Schulz seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt – und machte den Weg für Andrea Nahles als seine Nachfolgerin frei. © dpa | Kay Nietfeld
Es war kein starkes Ergebnis – nur gut 66 Prozent stimmten beim Parteitag am 22. April 2018 für Andrea Nahles als Parteivorsitzende.
Es war kein starkes Ergebnis – nur gut 66 Prozent stimmten beim Parteitag am 22. April 2018 für Andrea Nahles als Parteivorsitzende. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Damit war Andrea Nahles die erste Frau an der Spitze der SPD. Am Sonntag kündigte sie ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende für den 3. Juni 2019 und als SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende am 4. Juni 2019 an. Außerdem wurde bekannt, dass Nahles in naher Zukunft auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich komplett aus der Politik zurückziehen will.
Damit war Andrea Nahles die erste Frau an der Spitze der SPD. Am Sonntag kündigte sie ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende für den 3. Juni 2019 und als SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende am 4. Juni 2019 an. Außerdem wurde bekannt, dass Nahles in naher Zukunft auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich komplett aus der Politik zurückziehen will. © Reto Klar | Reto Klar
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Kevin Kühnert lobt Andrea Nahles für Hartz-IV-Botschaft

Lob gab es von Juso-Chef Kevin Kühnert. Das Debattencamp sei ein Fingerzeig dafür, wie eine Erneuerung der Partei aussehen könne. Nicht nur Parteichefin Andrea Nahles, sondern größere Teile der Partei hätten hinzugelernt.

Nahles habe eine eindeutige Botschaft gehabt, „in der klipp und klar gesagt wird, nicht nur, dass wir Hartz IV hinter uns lassen, sondern dass eine Mindestsicherung nicht relativierbar sein kann in einer Gesellschaft, dass Kinder bedingungslos unterstützt werden“. Es gehe um das Überwinden der Hartz-IV-Reformen. Abschied von Hartz IV: Das bedeutet der Kurswechsel der SPD.

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Spätestens im Januar werde die Partei vorstellen, wie ihr künftiger Kurs aussehen werde. „Und das wird nicht mehr nach Hartz IV klingen und es wird nicht mehr Hartz IV sein“.

Hartz IV wird immer wieder in der Kritik

Hartz IV war Teil der Agenda 2010 von Altkanzler Gerhard Schröder.
Hartz IV war Teil der Agenda 2010 von Altkanzler Gerhard Schröder. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Um Hartz IV gibt es immer wieder viele Debatten: Während die Union das System am liebsten so belassen will, fordert die SPD immer wieder Änderungen. Zuletzt hatte Nahles Sanktionen für junge Hartz-IV-Empfänger abgelehnt. Auch Grünen-Chef Robert Habeck hat inzwischen eine konkretere Idee zur Veränderung von Hartz IV ins Gespräch gebracht.

Arbeitsminister Heil hatte immer wieder eine Erhöhung ins Gespräch gebracht. CDU-Politiker Jens Spahn hatte dagegen gesagt, dass Hartz IV keine Armut bedeute. Damit löste er deutschlandweit eine Debatte aus. Er selbst hatte eine Petition abgelehnt, die forderte, Spahn sollte einen Monat von Hartz IV leben.

Ralf Stegner hatte Anfang des Monats erklärt, Hartz IV habe ausgedient.

Der Parteivorstand will die Debatten-Ergebnisse bündeln. Laut Generalsekretär Lars Klingbeil sollen sie in Entscheidungen bei einer Klausur am 14. Dezember einfließen. Bis zum Bundesparteitag Ende 2019 soll ein SPD-Zukunftsprogramm stehen. (jha/dpa/rtr)