Berlin. Hartz IV am Ende? Grünen-Chef Habeck entwirft in einem Papier eine Alternative zu Hartz IV. Damit sind nicht eben alle einverstanden.

Grünen-Chef Robert Habeck entwirft in einem Papier offenbar eine Alternative zu Hartz IV. Es trägt den Namen „Garantiesicherung“. Es würde das bisherige System radikal verändern.

In dem internen Strategiepapier schreibt der Parteichef laut „Zeit Online“: In den kommenden Jahren werde man einen hoch dynamischen Wandel der Arbeitswelt erleben, deswegen müsse das „Garantieversprechen des Sozialstaats“ erneuert werden. Das Dokument solle einen Weg skizzieren, „wie wir das Hartz-IV-System hinter uns lassen“

SPD, CDU und FDP gegen Habecks Vorstoß

Gegen Habecks Vorstoß gibt es viel Kritik. SPD-Vize-Chef Ralf Stegner sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Jeder, der arbeiten kann, der muss auch arbeiten.“ Den Grünen-Vorstoß wies er zurück. „Insofern halte ich eine solche Garantiesicherung für falsch.“

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Der Arbeitnehmerflügel der CDU hat sich gegen Änderungen ausgesprochen. „Ob Garantiesystem oder Grundeinkommen, das sind doch Quatschbegriffe. Es geht darum, dass wir die Menschen in Arbeit bringen“, sagte der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, unserer Redaktion. Nur so könne man Armut überwinden.

„Den Menschen ist es doch egal, ob das staatliche Geld Hartz IV, Grundeinkommen oder meinetwegen auch Garantiegroschen heißt“, sagte der CDA-Chef, der auch Sozialminister in Nordrhein-Westfalen ist. Die wollen eine Arbeit, damit sie wieder auf eigenen Beinen stehen können.“

Laumann nannte es einen „Skandal“, dass fast eine Millionen Menschen trotz der guten Wirtschaftslage seit Jahren keine Arbeit fänden. Es sei deshalb richtig, dass die Koalition dieses Problem lösen wolle und gerade den „sozialen Arbeitsmarkt“ beschlossen habe. Dabei bezuschusst der Staat die Löhne für Langzeitarbeitslose und betreue sie umfassend. Die „immer wiederkehrende Debatte der SPD, ihrem eigenen Kind Hartz IV einen neuen Namen zu geben“, sei keine Lösung, um Teilhabe von Arbeitslosen zu erreichen.

Grundsicherung sollte laut Habeck auf Sanktionen verzichten

FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel sagte: „Die Grünen wollen offenbar vor allem mehr Geld ausgeben und sich vom Grundsatz ,Fördern und Fordern’ verabschieden. Das ist der falsche Weg.“

Die von Habeck ins Spiel gebrachte Grundsicherung soll dem Bericht zufolge auf Anreizen statt auf Bestrafungen beruhen. Sie soll die Existenz sichern und Zuverdienste attraktiver machen.

Ein entscheidender Unterscheid zu den bereits diskutierten Modellen des bedingungslosen Grundeinkommens: Die Grundsicherung soll nicht an alle Menschen, sondern nur an jene ausgezahlt werden, die wirklich darauf angewiesen sind.

Andrea Nahles hatte ein Ende von Hartz IV ins Gespräch gebracht.
Andrea Nahles hatte ein Ende von Hartz IV ins Gespräch gebracht. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Ein Unterschied zu Hartz IV: Im von Habeck angedachten Modell soll es keine Sanktionen geben, wenn Bürger nicht mit dem Jobcenter zusammenarbeiten. Beratung und Weiterbildung sollen auf Freiwilligkeit beruhen.

Weiterhin soll es eine Antragstellung geben und die Bedürftigkeit müsse nachgewiesen werden, heißt es im Papier. Gleichzeitig solle jedoch der Zwang zur Arbeitsaufnahme entfallen.

Hartz IV – Parteien diskutieren über Veränderung

  • SPD-Chefin Nahles hatte mit der Aussage, Hartz IV abschaffen zu wollen, für Schlagzeilen gesorgt
  • Die Partei hatte die Hartz-Reformen unter Gerhard Schröder selbst eingeführt
  • Damaliger Koaltionspartner: die Grünen

In dem Strategiepapier formuliert Habeck zudem den Plan, das Nebeneinander der verschiedenen Sozialleistungen zu beenden: Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Wohngeld und

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sollen alle in die neue Garantiesicherung überführt werden. Die Garantiesicherung solle außerdem von einer eigenständigen Behörde ausgezahlt werden, um Bürokratie einzusparen.

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Der Parteichef geht davon aus, dass bei dem skizzierten System rund vier Millionen Haushalte mehr Anspruch auf eine Sicherung hätten als heute auf Hartz IV. Die Kosten schätzt er auf etwa 30 Milliarden Euro im Jahr. „Die Gegenfinanzierung muss aus einer gerechteren Verteilung der Wohlstandsgewinne dieses Landes erfolgen“, heißt es in dem Dokument.

Hartz-IV-Alternative – das sind Habecks Forderungen:

  1. Sanktionen abschaffen – dafür Anreize schaffen
  2. Unterschied zum Grundeinkommen: Es sollen Menschen bekommen, die darauf angewiesen sind – und nicht alle
  3. Beratung und Weiterbildung sind freiwillig
  4. Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Wohngeld und Bafög gemeinsam von einer Behörde ausgezahlt werden

Hartz-IV-Debatte um Erneuerung

Von der neuen Garantiesicherung hatte

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15.10.2018, Berlin: Robert Habeck, Bundesvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen, beantwortet auf dem Podium der Bundespressekonferenz Fragen zu den Ergebnissen der Landtagswahlen in Bayern. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Von Jochen Gaugele und Alexander Kohnen

bereits im Frühjahr gesprochen, allerdings ohne Details zu nennen. In einem Gastbeitrag schrieb er damals: „Wir werden darüber reden müssen, auch für die Erwerbstätigen ein neues, existenzsicherndes Garantiesystem zu schaffen, das Demütigung durch Ermutigung ersetzt und Anreize für Erwerbsarbeit schafft.“

Die weit verbreitete Angst vor Abstieg und Armut „frisst die Seele auf und das Grundvertrauen in die Gesellschaft gleich mit“, bilanzierte er.

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