München. 37 Prozent sind für die CSU ein katastrophales Ergebnis. Am Tag danach ist abzusehen: Der Ton wird rauer. Es werden Schuldige gesucht.

Am Tag danach ist Wunden lecken angesagt bei der CSU in München. Um zehn Uhr tagt der Vorstand, Parteichef Horst Seehofer kommt als Erster in die Parteizentrale. Er wirkt gefasst, kampfbereit: „Was wollen Sie wissen?“, fragt er in den Raum.

Ob er Parteichef bleibe?

„Ich führe auch heute keine Personaldiskussion über mich“, sagt er. Gleichwohl wolle er keine Diskussion abwürgen. „Ich stehe für jede Debatte zur Verfügung.“ Er sage nicht, dass dieses oder jenes nicht stattfinden dürfe. „Die Leute sollen ihre Meinung äußern so, wie sie sie haben.“

Ministerpräsident Markus Söder (l )und der CSU Vorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer unterhalten sich bei der Sitzung des CSU-Vorstands.
Ministerpräsident Markus Söder (l )und der CSU Vorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer unterhalten sich bei der Sitzung des CSU-Vorstands. © dpa | Michael Kappeler

Die CSU war am Sonntag auf nur noch 37,2 Prozent abgestürzt. Große Teile der CSU-Basis machen dafür vor allem Seehofer und dessen Agieren in Berlin verantwortlich. Die Presse geht hart mit der CSU ins Gericht.

Eine schnelle Revolte muss Seehofer nicht befürchten

Doch noch wird die Personaldiskussion nicht mit offenen Rücktrittsforderungen geführt, auch nicht am Morgen danach. Selbst EVP-Fraktionschef Markus Weber, ein Gegner Seehofers, hält sich bedeckt. „Jetzt ist keine Zeit für personelle Diskussionen“, betont der mächtige Europapolitiker. Betonung liegt auf „jetzt“. Heißt: jetzt noch nicht.

Eine schnelle Revolte muss der 69-jährige Bundesinnenminister also nicht fürchten. Das liegt auch daran, dass mit dem Ergebnis oberhalb der 37-Prozent-Marke es für die CSU am Ende deutlich besser lief als es die Umfragewerte der vergangenen Wochen hatten befürchten lassen.

Doch sollte die Basis Seehofers Rücktritt fordern, könnte dennoch eine Stimmung entstehen, die für Seehofer gefährlich werden kann. Er selbst macht vorsorglich deutlich, dass er bei den Sondierungen in Bayern dabei sein wolle. Die Koalitionsverhandlungen vollständig mitführen könne er aber bei der Beanspruchung durch das Ministeramt in Berlin sowieso nicht. Damit nimmt er jenen den Wind aus den Segeln, die gefordert hatten, ihn gar nicht erst zu beteiligen.

Söder: Stabile Regierung ist wichtig

weitere Videos

    Söder geht es vor allem um schnelle Regierungsbildung

    Ministerpräsident Markus Söder erscheint kurz nach Seehofer und macht deutlich, dass es ihm vor allem um eine schnelle, stabile Regierungsbildung und eine Aufarbeitung des Wahlergebnisses gehe. Der Verlust in den bayerischen Großstädten schmerze. Wobei er Nürnberg ausdrücklich ausnimmt: Es ist seine Heimatstadt, daher macht er diesen Schwenk, es ist auch ein Betonen der eigenen Stärken. Er führe als Regierungschef selbstverständlich die Koalitionsgespräche, sagt er noch. Personaldiskussionen? „Von meiner Seite geht es um Bayern“, erklärt er sibyllinisch.

    Wahrscheinlichster Partner sind die Freien Wähler (FW), die inhaltlich der CSU am nächsten stehen, Söder und Seehofer hatten sich bereits am Wahlabend für die „bürgerliche Koalition“ ausgesprochen. FW-Chef Hubert Aiwanger betont bereits, seine Partei werde der CSU jetzt machbare Vorschläge vorlegen. „Und ich bin überzeugt, die CSU wird anbeißen.“

    360.000 Wähler gingen an Grüne und AfD verloren

    Interessanter wird die Aufarbeitung des schwachen Ergebnisses. Laut einer Analyse von Infratest dimap hat die CSU rund 180.000 Wähler an die Grünen verloren. Ebenso entschieden sich aber auch rund 180.000 bisherige CSU-Wähler für die AfD. Also kann man sagen, dass die, denen der gefühlte Rechtsruck der CSU in Sachen Flüchtlings- und Asylpolitik zu hart war, zu den Grünen überliefen – und wer mehr Härte möchte, zur AfD wechselte. Das ist ein Dilemma für die CSU, ein „Spagat“, so nennt es Söder am Morgen.

    Bayern-Wahl: So reagieren die Grünen auf ihren Sieg

    weitere Videos

      Die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm kritisiert dann auch harsch, die Wahl zeige, „dass man rechts so viele Wähler gar nicht gewinnen kann, wie man in der Mitte verliert“. Stamm hat ihr Landtagsmandat am Sonntag verloren. Als neue Landtagspräsidentin ist die Oberbayerin Ilse Aigner im Gespräch.

      Der Ton wird rauer werden – noch rauer

      Einig ist man sich in München am Montagvormittag nur darin, dass die Einlassungen von CDU-Politikern wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet nerven. „Die Zurufe aus Nordfriesland sind nicht hilfreich und nicht angemessen“, sagt CSU-Generalsekretär Markus Blume schon am frühen Morgen. „Wir brauchen in Bayern keine Ratschläge.“

      Die Spitzen zeigen, dass das Klima in der großen Koalition in Berlin und in den Schwesterparteien CDU/CSU nach dem CSU-Wahldebakel nicht besser wird. Im Gegenteil, der Ton wird rauer werden. Noch rauer.