Berlin. Die GroKo wird die Causa Maaßen neu verhandeln – der Druck aus Bevölkerung und Parteien war zu groß. Merkel will eine schnelle Lösung.

Um kurz nach halb sechs stellt sich Andrea Nahles auf dem Würzburger Marktplatz den Kameras. Sie scherzt und lässt ihr markantes, dröhnendes Lachen hören. Das klingt wie eine Befreiung. Auf der SPD-Vorsitzenden lastete in den vergangenen Stunden und Tagen ein fast unmenschlicher Druck.

Aus dem ganzen Land wurde die 48-Jährige für den Kompromiss in der Causa Maaßen geschmäht und verwünscht. Vor allem aus den eigenen Reihen. Nahles hat viel erlebt in ihrer langen Laufbahn. Sie war am Sturz der SPD-Chefs Rudolf Scharping und Franz Müntefering maßgeblich beteiligt. Nun ging es plötzlich um ihre eigene Haut.

Andrea Nahles wählte die Flucht nach vorn

Bis Freitagnachmittag sah es so aus, als könnte der Proteststurm in der SPD Nahles von der Spitze fegen und die Koalition gleich mit in Schutt und Asche legen. Doch die Tochter eines Maurers aus der Eifel wählte die Flucht nach vorn.

Sie schrieb einen Brief an Kanzlerin Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU), telefonierte mit beiden. Die Beförderung des geschassten Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen, der nach Chemnitz mit unbelegten „Fake-News“-Vorwürfen rund um die „Hetzjagden“ in der Stadt massive Kritik auf sich gezogen hatte, soll gestoppt werden, die Koalitionsspitzen wollen nachverhandeln.

Auch bei der Union war der Unmut der Basis zu spüren

Die Entscheidung vom Dienstagabend, Maaßen mit einem Gehaltsaufschlag von 2500 Euro im Monat zum Staatssekretär bei Seehofer zu machen, stoße auf breites Unverständnis in der Bevölkerung und sei nicht vermittelbar: „Wir haben nicht Vertrauen geschaffen, sondern Vertrauen verloren. Wir haben uns alle drei geirrt“, wiederholt Nahles in Würzburg, was sie an Merkel und Seehofer per Mail verschickt hat.

Union und SPD hätten die Regierung gebildet, um das Leben der Menschen zu verbessern und verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Doch bei Maaßen ging das gewaltig schief: „Das sollte Anlass für uns gemeinsam sein, innezuhalten und die Verabredung zu überdenken“, so Nahles.

Die Karriere von Hans-Georg Maaßen

Hans-Georg Maaßen wird nicht Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleiben. Nachdem er im August 2018 ohne Beweise Zweifel daran geäußert hatte, dass ein Video aus Chemnitz eine Hetzjagd gegen Ausländer zeigt, stand er in der Kritik.
Hans-Georg Maaßen wird nicht Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleiben. Nachdem er im August 2018 ohne Beweise Zweifel daran geäußert hatte, dass ein Video aus Chemnitz eine Hetzjagd gegen Ausländer zeigt, stand er in der Kritik. © REUTERS | Axel Schmidt
Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich in der Folge vor Maaßen gestellt und wollte ihn eigentlich im Amt belassen. Als klar wurde, dass das weder die Kanzlerin noch Koalitionspartner SPD wollten, berief Seehofer Maaßen zunächst als Staatssekretär ins Innenministerium. Nach massiver Kritik an der Beförderung wurde das jedoch neu verhandelt. Zunächst hieß es, Maaßen werde Sonderberater – ohne Gehaltserhöhung.
Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich in der Folge vor Maaßen gestellt und wollte ihn eigentlich im Amt belassen. Als klar wurde, dass das weder die Kanzlerin noch Koalitionspartner SPD wollten, berief Seehofer Maaßen zunächst als Staatssekretär ins Innenministerium. Nach massiver Kritik an der Beförderung wurde das jedoch neu verhandelt. Zunächst hieß es, Maaßen werde Sonderberater – ohne Gehaltserhöhung. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Zuletzt vermeldeten mehrere Medien allerdings, dass ihm doch eine Entlassung droht. Der Grund: eine Rede, die er gehalten haben soll. In Umlauf ist die Rede gekommen, weil sie im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gestanden hat. In dem nun bekannt gewordenen Papier verteidige Maaßen auch seine Zweifel an „Hetzjagden“ am Rande einer rechtsextremen Demonstration in Chemnitz , berichtet die dpa.
Zuletzt vermeldeten mehrere Medien allerdings, dass ihm doch eine Entlassung droht. Der Grund: eine Rede, die er gehalten haben soll. In Umlauf ist die Rede gekommen, weil sie im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) gestanden hat. In dem nun bekannt gewordenen Papier verteidige Maaßen auch seine Zweifel an „Hetzjagden“ am Rande einer rechtsextremen Demonstration in Chemnitz , berichtet die dpa. © dpa | Federico Gambarini
Maaßen, von 2012 bis 2018 oberster Verfassungsschützer der Republik, hatte nach den Ausschreitungen in Chemnitz gezeigt, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in der Stadt Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“.
Maaßen, von 2012 bis 2018 oberster Verfassungsschützer der Republik, hatte nach den Ausschreitungen in Chemnitz gezeigt, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in der Stadt Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. © dpa | Ralf Hirschberger
In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak. Nach der Tat gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalttaten von Rechtsextremisten kam.
In Chemnitz war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber aus Syrien und dem Irak. Nach der Tat gab es fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen es auch zu Gewalttaten von Rechtsextremisten kam. © dpa | Andreas Seidel
In einem Bericht an das Innenministerium hatte Maaßen seine ersten Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhob darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich „Antifa Zeckenbiss“ nennt. Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz“ versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“, schrieb der damalige BfV-Präsident.
In einem Bericht an das Innenministerium hatte Maaßen seine ersten Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhob darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich „Antifa Zeckenbiss“ nennt. Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift „Menschenjagd in Chemnitz“ versehen habe, „um eine bestimmte Wirkung zu erzielen“, schrieb der damalige BfV-Präsident. © dpa | Wolfgang Kumm
Als Maaßen Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes mit seinen rund 2700 Mitarbeitern wurde, steckte das Amt in der wahrscheinlich tiefsten Krise seiner Geschichte. Hauptgrund war die Vernichtung von Akten mit Bezug zu den Ermittlungen in der rechtsextremen NSU-Mordserie.
Als Maaßen Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes mit seinen rund 2700 Mitarbeitern wurde, steckte das Amt in der wahrscheinlich tiefsten Krise seiner Geschichte. Hauptgrund war die Vernichtung von Akten mit Bezug zu den Ermittlungen in der rechtsextremen NSU-Mordserie. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Maaßen erhielt den Auftrag, in der Behörde aufzuräumen, möglichst gründlich und diskret. Seit seinem Amtsantritt bemühte sich Maaßen, das Bundesamt technologisch aufzurüsten.
Maaßen erhielt den Auftrag, in der Behörde aufzuräumen, möglichst gründlich und diskret. Seit seinem Amtsantritt bemühte sich Maaßen, das Bundesamt technologisch aufzurüsten. © dpa | Kay Nietfeld
Wie er das machte, imponierte vielen Innenpolitikern. Doch an der Persönlichkeit des Verfassungsschutzpräsidenten schieden sich die Geister.
Wie er das machte, imponierte vielen Innenpolitikern. Doch an der Persönlichkeit des Verfassungsschutzpräsidenten schieden sich die Geister. © dpa | Kay Nietfeld
Zurückhaltung ist nicht die herausragendste Eigenschaft, die Hans-Georg Maaßen zugeschrieben wird. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gehörte der Verfassungsschutzchef zu denen, die mehr oder weniger öffentlich Kritik an der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übten. Das kam im Kanzleramt gar nicht gut an – der Rheinländer soll damals gemahnt worden sei, sich zurückzuhalten. Laut einem Bericht der „Welt“ soll Merkel bereits vor dem Koalitionstreffen entschieden haben, dass Maaßen seinen Posten räumen muss.
Zurückhaltung ist nicht die herausragendste Eigenschaft, die Hans-Georg Maaßen zugeschrieben wird. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise gehörte der Verfassungsschutzchef zu denen, die mehr oder weniger öffentlich Kritik an der Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übten. Das kam im Kanzleramt gar nicht gut an – der Rheinländer soll damals gemahnt worden sei, sich zurückzuhalten. Laut einem Bericht der „Welt“ soll Merkel bereits vor dem Koalitionstreffen entschieden haben, dass Maaßen seinen Posten räumen muss. © dpa | Oliver Berg
Nachdem mit CSU-Chef Horst Seehofer im März der lauteste Kritiker der Kanzlerin beim Migrationsthema Innenminister und damit sein direkter Dienstherr geworden war, dürfte sich Maaßen gut aufgehoben gefühlt haben.
Nachdem mit CSU-Chef Horst Seehofer im März der lauteste Kritiker der Kanzlerin beim Migrationsthema Innenminister und damit sein direkter Dienstherr geworden war, dürfte sich Maaßen gut aufgehoben gefühlt haben. © dpa | Kay Nietfeld
Maaßen stammt aus Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen. Studiert hat er in Köln und Bonn. Ab 1991 arbeitete er in verschiedenen Abteilungen für das Bundesinnenministerium.
Maaßen stammt aus Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen. Studiert hat er in Köln und Bonn. Ab 1991 arbeitete er in verschiedenen Abteilungen für das Bundesinnenministerium. © dpa | Michael Kappeler
In seinen ersten Dienstjahren beschäftigte er sich vor allem mit Ausländer- und Zuwanderungsrecht. 2008 wurde er Leiter des Stabes Terrorismusbekämpfung.
In seinen ersten Dienstjahren beschäftigte er sich vor allem mit Ausländer- und Zuwanderungsrecht. 2008 wurde er Leiter des Stabes Terrorismusbekämpfung. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Maaßen war vor seinem Wechsel an die Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz für die Öffentlichkeit eher ein unbeschriebenes Blatt.
Maaßen war vor seinem Wechsel an die Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz für die Öffentlichkeit eher ein unbeschriebenes Blatt. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Vielen Abgeordneten in Berlin war Maaßen allerdings bekannt. 2007 sagte er vor dem BND-Untersuchungsausschuss aus. Das Gremium hatte unter anderem zu klären, ob die Bundesregierung mitverantwortlich dafür war, dass der in Deutschland geborene Türke Murat Kurnaz jahrelang unschuldig im US-Gefangenenlager Guantánamo einsaß.
Vielen Abgeordneten in Berlin war Maaßen allerdings bekannt. 2007 sagte er vor dem BND-Untersuchungsausschuss aus. Das Gremium hatte unter anderem zu klären, ob die Bundesregierung mitverantwortlich dafür war, dass der in Deutschland geborene Türke Murat Kurnaz jahrelang unschuldig im US-Gefangenenlager Guantánamo einsaß. © dpa | Bernd von Jutrczenka
Für Irritationen hatte zuletzt auch gesorgt, dass Maaßens Bundesamt für Verfassungsschutz sich mit dem späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri in den Monaten vor dem Anschlag in Berlin weitaus intensiver befasst hatte als bisher bekannt. Auch gibt es Zweifel in der SPD an Maaßens Haltung zur AfD.
Für Irritationen hatte zuletzt auch gesorgt, dass Maaßens Bundesamt für Verfassungsschutz sich mit dem späteren Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri in den Monaten vor dem Anschlag in Berlin weitaus intensiver befasst hatte als bisher bekannt. Auch gibt es Zweifel in der SPD an Maaßens Haltung zur AfD. © dpa | Wolfgang Kumm
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Merkel und Seehofer zu Neuverhandlungen bereit

Aber wie würde es Seehofer auffassen, der Nahles unter der Woche mit dem Schachzug, den von ihm hochgeschätzten Maaßen zum Staatssekretär zu machen und dafür einen SPD-Beamten zu opfern, übertölpelt hatte? Der CSU-Chef reagierte umgehend. Er schließe neue Verhandlungen über die Causa Maaßen nicht aus. „Ich denke, eine erneute Beratung macht dann Sinn, wenn eine konsensuale Lösung möglich ist. Darüber wird jetzt nachgedacht.“

Auch die Kanzlerin zeigte prompt Bereitschaft, die delikate Sache noch einmal anzupacken. Sie sagte am Abend in München: „Wir sind übereingekommen, die Lage erneut zu bewerten.“ Sie halte das für richtig und notwendig, angesichts der vielen außenpolitischen und innenpolitischen Herausforderungen sei „eine volle Konzentration auf das Regierungshandeln“ erforderlich. Die Menschen hätten ein Anrecht darauf, dass man ihre Sorgen und Probleme löse. Man wolle im Laufe des Wochenendes eine „tragfähige Lösung“ finden.

Merkel zur Zukunft Maaßens: "Wir sind übereingekommen, die Lage erneut zu bewerten"

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    Kritik nicht nur in der SPD, sondern auch in CDU und CSU

    Es tut Not: In den Wahlkreisen hörten etliche Abgeordnete von CDU und CSU das gleiche wie ihre SPD-Kollegen: Ihr seid doch von allen guten Geistern verlassen, das hilft nur der AfD! Merkel wollte Maaßen von vornherein nicht im Amt halten, aber sie ließ Seehofer gewähren, um die Regierung zu retten.

    Am Freitag wuchs der Druck auf Nahles stündlich, ihre Entscheidung zu revidieren. Am späten Donnerstagabend war die engere Parteiführung im Willy-Brandt-Haus in Berlin-Kreuzberg zusammengekommen. Bis tief in die Nacht überlegten Nahles, Vizekanzler Olaf Scholz, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und andere Granden, wie sie mit der verfahrenen Lage, in die die eigene Parteivorsitzende die SPD bugsiert hatte, umgehen sollten.

    Andrea Nahles: Ihre Karriere in Bildern

    Andrea Nahles war lange die starke Frau der SPD: Seit April 2018 war sie Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – als erste Frau. Seit September 2017 war sie bereits Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag. Von beiden Ämtern wird sie zurücktreten, wie sie am Sonntag ankündigte. Wir zeigen Bilder aus ihrem politischen und privaten Leben.
    Andrea Nahles war lange die starke Frau der SPD: Seit April 2018 war sie Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands – als erste Frau. Seit September 2017 war sie bereits Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag. Von beiden Ämtern wird sie zurücktreten, wie sie am Sonntag ankündigte. Wir zeigen Bilder aus ihrem politischen und privaten Leben. © dpa | Martin Gerten
    Andrea Nahles wurde am 20. Juni 1970 in Mendig (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie studierte Literatur- und Politikwissenschaften und ist seit 1988 Mitglied der SPD. Von 1993 bis 1995 war sie Landesvorsitzende der Jungsozialisten in Rheinland Pfalz. Von 1995 bis 1999 dann Bundesvorsitzende der Jusos.
    Andrea Nahles wurde am 20. Juni 1970 in Mendig (Rheinland-Pfalz) geboren. Sie studierte Literatur- und Politikwissenschaften und ist seit 1988 Mitglied der SPD. Von 1993 bis 1995 war sie Landesvorsitzende der Jungsozialisten in Rheinland Pfalz. Von 1995 bis 1999 dann Bundesvorsitzende der Jusos. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Andreas Altwein
    Andrea Nahles und der damalige SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine im November 1996.
    Andrea Nahles und der damalige SPD-Bundesvorsitzende Oskar Lafontaine im November 1996. © REUTERS /
    Nahles war erstmals von 1998 bis 2002 und ist erneut seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1997 bis 2013 war sie Mitglied im SPD-Parteivorstand.
    Nahles war erstmals von 1998 bis 2002 und ist erneut seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1997 bis 2013 war sie Mitglied im SPD-Parteivorstand. © REUTERS /
    Im Mai 2007 wurde Nahles gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (M.) und Peer Steinbrück vom SPD-Parteivorstand für das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden nominiert. Am 26. Oktober 2007 wurde sie von 74,8 Prozent der Parteitagsdelegierten in dieses Amt gewählt. Dafür gab es rote Rosen. Das Amt hatte sie von 2007 bis 2009 inne.
    Im Mai 2007 wurde Nahles gemeinsam mit Frank-Walter Steinmeier (M.) und Peer Steinbrück vom SPD-Parteivorstand für das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden nominiert. Am 26. Oktober 2007 wurde sie von 74,8 Prozent der Parteitagsdelegierten in dieses Amt gewählt. Dafür gab es rote Rosen. Das Amt hatte sie von 2007 bis 2009 inne. © Getty Images | Sean Gallup
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    Die praktizierende Katholikin ist Mutter einer Tochter. © Meike Boeschemeyer
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    Von ihrem Ehemann – dem Kunsthistoriker Marcus Frings – lebt sie seit Anfang 2016 getrennt. © Getty Images | Sean Gallup
    Am 17. Dezember 2013 wurde Nahles von dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales vereidigt.
    Am 17. Dezember 2013 wurde Nahles von dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert zur Bundesministerin für Arbeit und Soziales vereidigt. © REUTERS | REUTERS / THOMAS PETER
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    Im Bundestagswahlkampf 2017 machte Nahles sich für den damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz stark. © Getty Images | Carsten Koall
    Seit dem 27. September 2017, drei Tage nach der Bundestagswahl, ist Andrea Nahles Vorsitzende der SPD-Bundesfraktion.
    Seit dem 27. September 2017, drei Tage nach der Bundestagswahl, ist Andrea Nahles Vorsitzende der SPD-Bundesfraktion. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen am 7. Februar gab Schulz seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt – und machte den Weg für Andrea Nahles als seine Nachfolgerin frei.
    Nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen am 7. Februar gab Schulz seinen Rücktritt vom Parteivorsitz bekannt – und machte den Weg für Andrea Nahles als seine Nachfolgerin frei. © dpa | Kay Nietfeld
    Es war kein starkes Ergebnis – nur gut 66 Prozent stimmten beim Parteitag am 22. April 2018 für Andrea Nahles als Parteivorsitzende.
    Es war kein starkes Ergebnis – nur gut 66 Prozent stimmten beim Parteitag am 22. April 2018 für Andrea Nahles als Parteivorsitzende. © dpa | Bernd von Jutrczenka
    Damit war Andrea Nahles die erste Frau an der Spitze der SPD. Am Sonntag kündigte sie ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende für den 3. Juni 2019 und als SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende am 4. Juni 2019 an. Außerdem wurde bekannt, dass Nahles in naher Zukunft auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich komplett aus der Politik zurückziehen will.
    Damit war Andrea Nahles die erste Frau an der Spitze der SPD. Am Sonntag kündigte sie ihren Rücktritt als SPD-Vorsitzende für den 3. Juni 2019 und als SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende am 4. Juni 2019 an. Außerdem wurde bekannt, dass Nahles in naher Zukunft auch ihr Bundestagsmandat niederlegen und sich komplett aus der Politik zurückziehen will. © Reto Klar | Reto Klar
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    Manche in der SPD hoffen auf Bruch der Koalition

    Scholz soll die Parole „Augen zu und durch“ ausgegeben haben. Er unterstütze Nahles’ Linie, „weshalb man die Koalition nicht an einer solchen Personalfrage scheitern lassen wird“. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Außenminister Heiko Maas äußerten sich so. Arbeitsminister Hubertus Heil zeigte in der „Bild“-Zeitung sogar ein gewisses Verständnis für Innenminister Horst Seehofer (CSU), Maaßen als Staatssekretär für Cybersicherheit und die Bundespolizei ins Haus zu holen, denn jeder Minister habe das Recht, seine Leute auszusuchen.

    Die Rebellen in der SPD beeindruckte das nicht. Die bayerische SPD-Vorsitzende und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 14. Oktober, Natascha Kohnen, hatte in einem Brandbrief an Nahles die SPD-Minister im Kabinett aufgefordert, die geplante Beförderung Maaßens noch zu stoppen. Am Montag sollte darüber im 45-köpfigen Vorstand abgestimmt werden. Nahles wurde zunehmend unsicher, ob sie dort eine Mehrheit bekäme – zumal manche GroKo-Gegner wie Juso-Chef Kevin Kühnert hoffen, die Partei zu einem Bruch der Koalition bewegen zu können. Bei einer Niederlage im Vorstand müsste Nahles zurücktreten.

    SPD-Minister könnten die Maaßen-Personalie aufhalten

    Die SPD-Minister könnten die Personalie tatsächlich aufhalten. Zwar gilt im Kabinett das Mehrheitsprinzip – das heißt, die zehn Unionsminister könnten die SPD-Kollegen überstimmen. Doch die Tagesordnung muss einstimmig ins Kabinett eingebracht werden, also könnte die SPD über diesen Verfahrensweg die Causa sehr wohl beeinflussen.

    Im Verlauf des Tages trudelte bei Nahles ein weiteres Schreiben ein, das die spektakuläre Kehrtwende einleitete. Die Führung des mächtigsten und größten Landesverbands in Nordrhein-Westfalen stellte sich hinter Kohnens Forderung und wollte dazu am Sonnabend einen Antrag beschließen. Die übergroße Mehrheit der Menschen im Land wolle weder, dass ein aus gutem Grund abberufener Spitzenbeamter mit einem hoch dotierten Staatssekretärsposten versorgt werde, „noch ist sie bereit, die rechtspopulistischen Eskapaden des amtierenden Bundesinnenministers weiter zu ertragen“. Merkel dürfe nicht länger dulden, dass der Bundesinnenminister „ein ganzes Land für die Landtagswahl in Bayern in Geiselhaft“ nimmt.

    Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) lobt Nahles’ Mut. „Man muss auch mal die Größe haben, eine falsche Einschätzung einzugestehen.“ Kühnert begrüßte die Entscheidung zu Nachverhandlungen, legte die Latte aber hoch: „Der öffentliche Unmut richtete sich nicht nur gegen eine mögliche Berufung von Herrn Maaßen als Staatssekretär, sondern generell gegen seine Weiterbeschäftigung in Diensten der Bundesregierung“, sagte der Wortführer der Groko-Gegner dieser Redaktion.