Athen/Brüssel. Athen erhält weitere Schuldenerleichterungen und erwartet das Ende der Krise. Das Land will sich wieder selbst mit Krediten versorgen.

Mehr als zehn Stunden lang haben die Euro-Finanzminister in Luxemburg über Griechenland beraten. Umso größer war die Erleichterung, als am frühen Freitagmorgen das Paket geschnürt war: Athen bekommt Schuldenerleichterungen und eine letzte Finanzspritze. Im Gegenzug verpflichtet sich das Land zur Fortsetzung des Spar- und Reformkurses.

Damit können die seit Frühjahr 2010 aufgelegten Hilfsprogramme am 20. August planmäßig auslaufen. Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos war hochzufrieden: „Ich denke, das ist das Ende der griechischen Krise – ein historischer Moment!“ Die wichtigsten Fragen und Antworten.

• Ist Griechenlands Krise überwunden?

Das Land ist auf einem guten Weg dahin. Nach acht Jahren eines harten Anpassungsprogrammes, das viele Griechen als „Spar-Diktat“ der Geldgeber empfanden, sowie der tiefsten und längsten Rezession der Nachkriegsgeschichte will Griechenland wieder auf eigenen Beinen stehen. Die Schuldenerleichterungen sollen den Weg zurück an den Kapitalmarkt ebnen, damit das Land ohne Hilfskredite auskommt.

• Wo liegt das Problem dabei?

Noch sind die Risikozuschläge für griechische Staatsanleihen sehr hoch. Die Finanzmärkte reagierten jedoch positiv. Der Leitindex der Athener Aktienbörse legte am Freitag zeitweilig um 2,5 Prozent zu. Auch die Kurse der griechischen Staatsanleihen zogen an. Spiegelbildlich fiel die Rendite der zehnjährigen Papiere von 4,4 auf 4,1 Prozent. Finanzminister Tsakalotos kündigte an, Griechenland werde in den nächsten zwei Jahren die Stimmung der Anleger mit bis zu fünf Bond-Emissionen testen.

• Wie viel Geld erhält das Land?

Die Eurogruppe hat die Freigabe der letzten Kreditrate über 15 Milliarden Euro beschlossen. Erwartet wurden zwölf Milliarden. Die Mittel stammen aus dem dritten Rettungspaket vom Sommer 2015. Die gute Nachricht: Von den 86 Milliarden Euro, die das Paket umfasst, wird Athen nur 62 Milliarden benötigen. Mit einem Teil des Geldes, 3,3 Milliarden Euro, soll Griechenland Darlehen des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorzeitig zurückzahlen. Dadurch wird das Land beim Schuldendienst entlastet.

Der Großteil der letzten Kreditrate fließt in einen Liquiditätspuffer von 24,1 Milliarden Euro. Diese Rücklage soll es Griechenland ermöglichen, sich nach dem Auslaufen des Programms mindestens 22 Monate zu refinanzieren, ohne die Finanzmärkte anzapfen zu müssen.

• Gibt es weitere Finanzhilfen?

Die Laufzeiten der Kredite aus dem zweiten Rettungspaket, rund 97 Milliarden Euro, werden um zehn Jahre verlängert, Tilgung und Zinsen um weitere zehn Jahre gestundet. Bis 2022 soll Athen jährlich 1,2 Milliarden Euro aus den Gewinnen kassieren, die Euro-Länder mit dem Ankauf griechischer Staatsanleihen machten.

• Kann Griechenland jetzt wieder machen, was es will?

Nein. Die Vereinbarungen stehen unter dem Vorbehalt, dass Griechenland das Reform- und Stabilitätsprogramm umsetzt – vom Spar-Haushalt über die Verwaltungsmodernisierung und Privatisierungen bis zu Sozialreformen samt Rentenbremse. Bis 2022 muss Griechenland im Haushalt einen jährlichen Primärüberschuss (ohne Schuldendienst) von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften.

• Wie wird das kontrolliert?

Die EU-Kommission startet in Kürze ein entsprechendes Überwachungsprogramm. Im Zuge dieser „verstärkten Überwachung“, an der sich auch der Rettungsschirm ESM und der IWF beteiligen, wird ein Beobachtungsteam viermal im Jahr die wirtschaftliche, finanzielle und politische Lage in Griechenland überprüfen.

Zugleich hat die EU-Kommission mit den griechischen Behörden Unterstützung bei der Umsetzung der weiteren Reformen vereinbart. 2023 wollen die Euro-Finanzminister prüfen, ob weitere Schuldenerleichterungen nötig sind. Kritiker im EU-Parlament klagen, Griechenland bleibe am Gängelband.