Berlin. Die Köche einer Luxusrestaurant-Vereinigung haben eine drastische Entscheidung getroffen. Ein Land dürfte darüber nicht erfreut sein.

Die Küchenchefs der Luxushotel- und Restaurantvereinigung Relais & Châteaux gehören zu den besten der Welt. Nun haben sie eine bedeutende Entscheidung getroffen: Sie streichen eine beliebte Speise von der Karte. Damit folgen sie einem Aufruf einer NGO, die sich für , den Erhalt der Meere und der darin lebenden Tiere einsetzt. Ein Land dürfte von der Entscheidung besonders betroffen sein.

Dabei steht diese im Sinne des Natur- und Artenschutzes. Die Organisation Ethic Ocean, ein Partner von Relais & Châteaux, empfiehlt, die Fischerei auf den Europäischen Aal (lat. Anguilla anguilla) auszusetzen: Die Art gilt als vom Aussterben bedroht, ist allerdings eine beliebte Speise in der italienischen, französischen, spanischen, belgischen, niederländischen und japanischen Küche.

Die Tiere leben in Flusssystemen in Europa, aber auch in Kleinasien und Nordafrika und ziehen zur Fortpflanzung durch den Atlantik in die Sargassosee östlich von Florida. Von dort wandern später die Larven wieder zurück in die Flusssysteme. Doch der Bestand der Europäischen Aale ging zuletzt dramatisch zurück und könnte sogar gen Null sinken.

Die Weltnaturschutzunion (IUCN) führt die Art als vom Aussterben bedroht – und zwar in der höchsten Gefährdungskategorie. Zu den Gefahren für den Europäischen Aal zählen die Zerstörung seines Lebensraums, Hindernisse wie Kraftwerke in Flüssen, Wasserverschmutzung und Überfischung.

Europäischer Aal: Bestände gehen trotz Konvention zurück

Dabei ist der internationale Handel mit dem Europäischen Aal durch das Washingtoner Artenschutzabkommen Cites seit Jahrzehnten streng reglementiert. Doch in den vergangenen 20 Jahren haben europäische Wissenschaftler des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) immer wieder vor den Ursachen für den alarmierenden Rückgang des Europäischen Aals gewarnt. Mehr noch: In den letzten drei Jahren haben sie sogar empfohlen, den Fischfang ganz auszusetzen.

Das führte nun dazu, dass die 21 Küchenchefs von Relais & Châteaux eine drastische Entscheidung getroffen haben: Sie streichen den Europäischen Aal ab sofort von ihren Speisekarten. Mauro Colagreco, Vizepräsident von Relais & Châteaux und Inhaber des Drei-Michelin-Sterne-Restaurants Mirazur in Südfrankreich, begrüßt die Entscheidung.

„Die Küchenchefs spielen eine entscheidende Rolle: Wir können die Nachfrage stoppen“, sagt er. „Wir haben die Chance, den Aal vor dem Aussterben zu bewahren und die Biodiversität zu erhalten, damit auch künftige Generationen ihn noch genießen können. Aber nur, wenn wir sofort handeln.“ Doch nicht alle dürften sich über diesen Schritt freuen.

Europäischer Aal: In Italien ein fester Bestandteil der Weihnachtszeit

Der Beschluss dürfte ein schwerer Schlag für die Gastronomie in Italien sein, für die Aal ein fester Bestand der Weihnachtstradition ist. Der Capitone ist vor allem in Neapel eine beliebte Speise an Heiligabend. Die dafür genutzten Aalweibchen zeichnen sich durch ihre Kopf- und Körpergröße aus, die größer als die der Aalmännchen ist.

Sie leben sowohl im Süßwasser als auch im Meer, da sie von den Flüssen ins Meer ziehen. Das Gericht hat seinen Ursprung in der Antike: Der Verzehr des Capitone – dessen Aussehen an die Schlange erinnert – ist ein symbolischer Glücksakt, der die Beseitigung des Bösen mit der Geburt Christi in Verbindung bringt.

Der Tradition nach muss der Capitone am Tag vor Heiligabend lebendig gekauft und frisch zubereitet werden. In diesem Zeitraum kann man in den Fischläden der Stadt beobachten, wie sich die Aale in großen blauen Becken winden. Anschließend landen sie meist frittiert auf dem Teller. Damit könnte bald Schluss sein, doch die Italiener haben bereits eine Alternative gefunden.

Die Bestände des Aals gehen seit Jahren zurück.
Die Bestände des Aals gehen seit Jahren zurück. © DPA Images | Patrick Pleul

Europäischer Aal: Italien hat bereits Ersatz gefunden

Denn die Italo-Gastronomie greift nun immer stärker auf die Blaukrabbe zurück, die sich auch dank steigender Wassertemperaturen stark verbreitet hat. Die Blaukrabbe steht exemplarisch für ein globales Problem: eingeschleppte Arten, die die heimische Natur gefährden. Selbst die Regierung in Rom zeigt sich besorgt.

Der „ Killer der Meere“, so deren Idee, soll nun verstärkt gefangen und von Restaurants als Delikatesse angeboten werden. Dafür nimmt die Regierung sogar Geld in die Hand, mit dem sie Fischereigenossenschaften und Unternehmen unterstützt, die für die Beseitigung der Blaukrabbe aufkommen.

Ansonsten drohe die Gefahr, dass die Bestände der Mies- und Venusmuscheln und der Austern innerhalb von drei bis vier Monaten ausradiert seien. Ein Schicksal, das die Europäischen Aale durch das neue gesellschaftliche Bewusstsein und entsprechende Handeln vielleicht ebenfalls umgehen können.