Rom. Die Unwetter in Norditalien haben dramatische Folgen – auch für die Tourismusbranche und die Landwirtschaft. Doch es wird bereits aufgeräumt.

Während noch graue Wolken am Horizont Regen versprechen und hohen Meereswellen für eine trübe Atmosphäre sorgen, sind am kilometerlangen Sandstrand von Riccione große Räumungsarbeiten im Gange. Nach den schweren Niederschlägen der vergangenen Tage, die die norditalienische Adria-Region Emilia Romagna überflutet und mindestens 13 Menschenleben gekostet haben (Stand Freitagmittag), sind die Räumungsarbeiten in den beliebtesten Badeortschaften der "Riviera romagnola" voll im Gange.

Unwetter: Touristiker kämpfen mit den Folgen

In Riccione werden die "Stabilimenti", wie die Badeanlagen hier heißen, vom Schlamm befreit, zerstörte Umkleidekabinen werden abmontiert, Duschen werden repariert. In diesem Urlauberparadies für Familien kann man es kaum erwarten, dass wieder sonnenhungrige Hauptstädter an die Küste pilgern, um sich unter einem der vielen bunten Sonnenschirme auszubreiten.

"Es war ein schwerer Schlag, aber wir raffen uns sofort wieder auf. Ich arbeite schon seit jeher in der Tourismusbranche und habe aus Frankfurt, Hannover, Oslo und Brüssel Mails besorgter Urlauber erhalten, die anfragen, ob sie ihren Urlaub in Riccione, Rimini oder Cesenatico stornieren sollen. Ich sage: nein, auf keinen Fall! Denn wir Romagnoli, die Bewohner der Adria-Küste, sind zähe und fleißige Menschen. In wenigen Tagen wird wieder alles in Ordnung sein", versichert Elisa Nigro, die eine Ferienwohnung in Riccione betreibt.

Nach den harten Pandemie-Jahren müssen die Touristiker jetzt mit den Folgen der schweren Unwetter kämpfen. Tourismus ist in der Region die Haupteinnahmequelle, für den Sommer wird mit einer hohen Zahl von Ankünften wie in den goldenen Zeiten vor der Pandemie gerechnet. "Die Situation ist unter Kontrolle, die Hotels an der Riviera haben nie geschlossen und wir arbeiten alle daran, die Strände in Ordnung zu bringen. Wir sind sicher, dass bis nächste Woche alles wieder normal sein wird", betont Patrizia Rinaldis Sprecherin des Hotelierverbands Federalberghi in Rimini.

Hochwasser: Auch Landwirtschaft und Industrie erleiden hohe Schäden

Allein die Riviera – Rimini, Riccione, Milano Marittima, um nur die bekanntesten Orte zu nennen – verzeichnete im Jahr 2022 nicht weniger als 42 Millionen Aufenthalte (Plus 15 Prozent gegenüber 2021) mit mehr als sieben Millionen Ankünften. Die Schäden nach den dramatischen Unwettern, die über 40 Gemeinden schwer betroffen haben, sind jedoch groß. Nicht nur für den Tourismus, auch für die Landwirtschaft und die Kleinindustrie, für die die Emilia Romagna international bekannt ist.

Eine Luftaufnahme von einer überfluteten Schweinefarm und umliegenden Feldern in der Stadt Lugo. Nach starken Regenfällen in der nördlichen Region Emilia Romagna in Italien kam es zu Überschwemmungen. (Symbolbild)
Eine Luftaufnahme von einer überfluteten Schweinefarm und umliegenden Feldern in der Stadt Lugo. Nach starken Regenfällen in der nördlichen Region Emilia Romagna in Italien kam es zu Überschwemmungen. (Symbolbild) © Andreas Solaro/AFP

Die schweren Überschwemmungen haben den Agrarsektor in die Knie gezwungen. Allein im Raum zwischen Forlì und Rimini beträgt der Schaden an den Feldern 1,5 Milliarden Euro, berichtete der Landwirtschaftsverband Coldiretti. Das Szenario ist düster: Felder stehen unter Wasser, mehrere Hektar Obstplantagen sind überschwemmt, Ställe sind ohne Strom und Lagerhäuser wurden überflutet. Außerdem gingen ganze Getreideernten verloren. 5.000 Landwirtschaftsbetriebe haben Schäden zu beklagen, berichtete Coldiretti.

Probleme gab es auch bei der Lieferung verderblicher Lebensmittel, die durch die Schließung mehrerer Straßen zum Erliegen kam. Das führte zu weiteren Verlusten für die Landwirtschaftsunternehmen. Der Verband Confagricoltura Emilia Romagna spricht von einem Schaden von bis zu 6.000 Euro pro Hektar für Ackerkulturen (Weizen, Gerste, Mais, Soja, Sonnenblumen, Luzerne, Gemüse und Saatgut) und 32.000 Euro pro Hektar für Obst-, Wein- und Olivenhaine, einschließlich Ernteausfälle und Kosten für die Wiederbepflanzung.

Hochwasser in Italien: Tausende Menschen mussten angesichts der Wassermassen in Sicherheit gebracht werden.
Hochwasser in Italien: Tausende Menschen mussten angesichts der Wassermassen in Sicherheit gebracht werden. © dpa

Italien: Was will die Regierung tun, um die betroffenen Regionen zu unterstützen?

Die Regierung will der Region Emilia Romagna unter die Arme greifen. Sie berief für Dienstag (23. Mai) eine Ministerratssitzung ein, bei der finanzielle Hilfen für die vom Unwetter-Notstand betroffenen Gebiete locker gemacht werden sollen. Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin kündigte an, dass die Regierung den Notstand für die Emilia Romagna und die Region Marken ausrufen werde. Damit sollen Gelder zügiger locker gemacht und bürokratische Hürden umgangen werden. Außerdem will die italienische Regierung die EU-Kommission um den Zugang zum europäischen Solidaritätsfonds für Katastrophen bitten.