Palma. Die Kinder der Stars verlieren oft die Spur. Die Luxusklinik “The Balance“ auf Mallorca hat sich auf diese Patienten spezialisiert.

Die meisten von uns haben keine Ahnung, wo und wie genau unsere Eltern uns zeugten. Bei Anna Ermakowa wusste es von Anfang an die ganze Welt – als „das Besenkammer-Baby“ stellte die "Bildzeitung" die Tochter von Boris Becker 2001 der Öffentlichkeit vor. Jetzt zeigt die 22-Jährige es allen: Bei „Let’s Dance“ begeistert sie Woche für Woche – sie könnte bis zum Finale am 19. Mai 2023 die Kandidatin mit der höchsten Punktzahl werden, die je in der RTL-Tanzshow erreicht wurde.

Luxusklinik auf Mallorca hat sich auf Kinder von Promis spezialisiert: Was Patienten auf der Insel erwartet

Es ist der große Triumph eines Underdogs. Im Vorfeld der Sendung sprach sie über ihre Orientierungslosigkeit. „Du willst unbedingt irgendwo hingehören, aber du kannst deinen Platz nicht finden“, erklärte sie. „Das ist so schwierig und frustrierend.“

Schnell hätte ihr Leben eine bedenkliche Richtung nehmen können, so wie das vieler Kinder prominenter Eltern: Psychische Störungen sind bei Kindern prominenter Eltern überdurchschnittlich häufig. Eine Klinik auf Mallorca hat sich genau auf diese Klientel spezialisiert. 70 Ärztinnen, Physiotherapeuten oder Psychologen versuchen unter der Leitung der Schweizer Psychiaterin Sarah Boss geradezurücken, was in der Ausnahme-Kindheit schieflief.

Anna Ermakowa blüht als „Let’s Dance“-Kandidatin auf.
Anna Ermakowa blüht als „Let’s Dance“-Kandidatin auf. © Getty Images | Andreas Rentz

Das Angebot umfasst die drei Pfeiler Suchttherapie (Alkohol, Drogen, Medikamente, Sex), psychische Erkrankungen (Angststörungen, Burnout, Depressionen, Trauma und posttraumatische Belastungsstörungen) und Gesundheits-Treatments (Stress, Anti Aging, chronische Schmerzen, Schlafstörungen).

Neben Sucht- und Psychotherapie: Was den jungen Patienten in der Luxusklinik exklusiv angeboten wird

Und niemand wird schief angesehen, wenn er – wo er doch einmal schon im Behandlungsstuhl sitzt – den Arzt nach einer Botox-Spritze fragt. Beauty-Experten sorgen dafür, dass sich die Heilung auch äußerlich niederschlägt.

Wer hier alles schon war? Das von Schweizern geführte Haus ist diskret, doch Hinweisen nach ließ sich hier schon eine spanische Prinzessin und ein Sohn von Michael Douglas behandeln.

Gründer der Luxusklinik findet klare Worte: Prominente Eltern zu haben ist Fluch und Segen zugleich

„Es ist gut, dass Anna Ermakowa mit dem Tanzen ihre Passion gefunden hat“, erklärt der Schweizer Abdullah Boulad, Gründer und Leiter der Luxus-Entzugsklinik.

Der Segen einer derart privilegierten Herkunft ist zugleich ein Fluch: „Es aus dem Schatten der Eltern zu schaffen, wird zur Lebensaufgabe. Die Erwartungen sind hoch, sowohl die der Eltern als auch die eigenen als auch die der Öffentlichkeit.“ Aufmerksamkeit und Statussymbole, für viele der Lohn harter Arbeit, gibt es bei ihnen gratis und von Anfang an. Diese Kinder müssen erst lernen zu unterscheiden, dass Blitzlichtgewitter und ein funkelnder Sportwagen nicht gleichzusetzen sind mit Erfolg.

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    Zudem hätten viele nie die Erfahrung eines Zuhauses gemacht, das Geborgenheit bietet: Die Eltern führen meist ein zwar aufregendes, aber unstetes Leben. Oftmals werden die Kinder Nannys überlassen. „Dem Kind fehlt es an Urvertrauen“, sagt Boulad. Ein Problem sei auch die Verfügbarkeit von Drogen: Oft müssten sie nur den Nachtschrank ihrer Eltern aufziehen.

    In The Balance warten maßgeschneiderte Therapieangebote auf die Patienten zwischen 18 und 55 Jahren. Klinikeigene, blickdichte Limousinen holen sie vom Privatjet-Terminal des Flughafens Palma de Mallorca ab. Bei einer Pferdetherapie, bei Sportangeboten und Kunstkursen sollen die Patienten ihre Passion finden, aber vor allem ihre Balance wiederfinden.

    Ein Leben unter Augen der Öffentlichkeit: Warum Promi-Kinder oft Opfer von Spott und Häme werden

    Wäre es nicht das Beste, die Showbiz-Kinder würden die Möglichkeit nutzen, sich an Top-Universitäten zum Gehirnchirurgen oder zur Astrophysikerin ausbilden zu lassen, um sich einen direkten Vergleich zu ersparen? „Im Grunde ja“, sagt Boulad. Bei Beatles-Tochter und Modedesignerin Stella McCartney habe das hervorragend funktioniert. „Aber Kinder orientieren sich nun einmal beruflich überwiegend an den Eltern und dem Umfeld, in dem sie aufwachsen. Söhne von Handwerkern werden auch oft Handwerker, Ärztinnen stammen oft aus Ärztefamilien.

    Die Eltern können viele Türen öffnen. Doch die Messlatte liegt von Anfang an hoch, gleichzeitig werden erste Schritte und erste Fehler, wie jeder sie zu Beginn einer Karriere macht, direkt einer breiten Öffentlichkeit bekannt – oft begleitet von Häme und Spott.“

    Tragische Beispiele berühmter Eltern: Whitney Houstons Tochter schon mit Anfang 20 drogenabhängig

    Manche sind mit einem Leben im Rampenlicht schlicht überfordert. Whitney Houston, an deren Leben zwischen Ruhm und Tragik gerade der Kinofilm „I Wanna Dance With Somebody“ erinnerte, holte ihre Tochter Bobbi Kristina immer wieder zu sich auf die Bühne. Der Teenager fühlte sich dabei sichtlich unwohl. Houston starb 2012 an den Folgen ihres Drogenkonsums.

    „Ich ende noch wie Mom“, hatte Bobbi Kristina kurz vor ihrem Tod 2015 prophezeit. Da war die 22-Jährige längst drogenabhängig. Wie ihre Mutter wurde sie in der Badewanne aufgefunden.

    Der Weg aus dem Schatten berühmter Eltern: Paris Jackson überwindet ihren Selbsthass

    Lisa Marie Presley dagegen hatte in der Musik ihre Leidenschaft gefunden, sie galt als talentierte Songwriterin. Doch sie scheiterte an den übergroßen Erwartungen – vor allem an den eigenen. Im Januar starb sie mit 54 Jahren nach jahrelangen Suchterkrankungen an Herzstillstand. Sie war das erste Promi-Kind, das von Beginn an öffentlich heranwuchs – und wurde bis zuletzt vor allem als Tochter des King of Rock ‘n‘ Roll Elvis Presley wahrgenommen.

    Ein Versuch – sich vom 1977 verstorbenen Übervater zu lösen – war ihre Blitzehe mit dem damaligen King of Pop Michal Jackson im Jahr 1994. Dessen Tochter Paris Jackson hatte schon als Teenager mehrere Suizidversuche hinter sich. Depressionen, Drogen und Alkoholsucht bestimmten ihr Leben. Nach einer Therapie gehe es ihr jetzt besser, sagte die 25-Jährige in einem Interview: „Wenn ich in den Spiegel schaue, hasse ich nicht mehr, was ich sehe.“

    Paris Jackson hat mit 25 Jahren bereits eine lange Krankengeschichte aus psychischen Leiden.
    Paris Jackson hat mit 25 Jahren bereits eine lange Krankengeschichte aus psychischen Leiden. © Variety via Getty Images | Variety

    Jamie Lee Curtis Weg aus der Drogen- und Alkoholsucht: Ein Traum änderte plötzlich alles

    Es ist jedoch möglich, den Beruf der berühmten Eltern zu ergreifen und sich einen eigenen Namen zu machen. Dies war ein harter Weg für Jamie Lee Curtis, die zunächst ein Jurastudium versucht und dann als „Scream Queen“ in Horrorfilmen oder Aerobic-Sexsymbol ihre Karriere startete. Jetzt, mit 64 Jahren, gewann sie ihren ersten Oscar für „Everything, everywhere“. Einst hätte sie sich durch ihre Sucht nach Drogen, Alkohol und Schmerzmittel beinahe zugrunde gerichtet.

    Die Nacht ihres großen Triumphes:  Jamie Lee Curtis im März bei der Oscarverleihung.
    Die Nacht ihres großen Triumphes: Jamie Lee Curtis im März bei der Oscarverleihung. © AFP | Angela Weiss

    Die Sucht sei in ihrem Elternhaus ein ständiger Mitbewohner gewesen, sagte die Tochter von Hollywoodlegende Tony Curtis („Manche mögen’s heiß“ mit Marilyn Monroe) und Janet Leigh, dem Mordopfer der berühmten Duschszene in Alfred Hitchcocks „Psycho“. „Drogen waren ein großes Familienproblem“, erklärte sie. Bruder Nicholas starb im Alter von 21 Jahren an einer Überdosis Heroin. Einmal habe sie sogar mit ihrem Vater Kokain genommen.

    Nachdem ihr 1999 eine ebenfalls medikamentenabhängige Freundin einen bestechlichen Arzt empfohlen hatte, fand sie den Schalter. „Ich hatte einen Traum. Dass ich auf ihrer Beerdigung bin, mit Blut an den Händen, während ich ihre Kinder umarme.“ Am nächsten Tag habe sie sich in eine Suchtklinik begeben.

    Chef der Luxusklinik auf Mallorca gibt Tipps für Prinz Harry – was er dem Royal rät

    Was würde Boulad Prinz Harry raten, wenn dieser Patient in seiner Klinik wäre? „Er versucht, seine Identität zu finden, indem er gegen andere schießt. Das kann langfristig nicht funktionieren“, so der Klinikleiter. Vielleicht könnte er in der Komfortzone von The Balance herausfinden, was er wirklich will im Leben. Die abgedunkelte Limousine an Mallorcas Privatjet-Terminal stünde für ihn bereit.