Berlin. Gendersternchen und Sprechpause: Ein Vater will das an Berlins Schulen verbieten lassen. In Hamburg wird ein Volksentscheid geplant.

Darf man eigentlich noch Krankenschwester sagen? Einen Hampelmann machen? Muss man Gendersternchen setzen, Sprechpausen einlegen? Die Gendersprache ist in Deutschland auf dem Vormarsch und spaltet die Nation. Während die einen eine geschlechtsneutrale Sprache respektvoll und notwendig finden, halten die anderen sie für übertrieben, ja sogar für schädlich.

So geht es einem Vater aus Berlin. Seit Langem wehrt er sich gegen das Gendern an den Berliner Schulen. Jetzt reicht es ihm: Er hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen das Land Berlin eingereicht.

Anlass sind verschiedene Vorfälle an der Schule eines seiner Kinder. „Etliche Lehrkräfte verhalten sich beim Gendern wie als Lehrer getarnte Aktivisten“, so der Vater, der namentlich nicht genannt werden will. Mehrere Lehrer genderten in gedruckten Texten an Eltern, aber auch bei schulischen Aufgabenstellungen. Dazu werde mit Sprechpausen geredet. „Diese Ideologie gehört nicht in den Unterricht, Schüler haben ein Recht darauf, eine normgerechte Sprache zu lernen“, stellt der klagende Vater klar.

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Gendern in der Schule: Vater kritisiert „Zwangs-Outing“

In Berlin ist der Spracherwerb eigentlich eindeutig geregelt. Das Schulmaterial in Berlins Schulen muss der amtlichen deutschen Rechtschreibung entsprechen und darf nicht in Gendersprache verfasst sein. Demnach gehören Sonderzeichen wie der Gender-Stern und das Binnen-I nicht zum Lehrplan.

Anders sieht es bei der mündlichen Kommunikation aus: Hier gibt es keine Vorgaben. Sehr zum Bedauern des Berliner Vaters, der jetzt geklagt hat. Er berichtete der Berliner Morgenpost von einer jungen Lehrerin am Gymnasium seines Kindes, die „auffällig und extrem konsequent“ gendere und sprachlich Pausen für den Stern einlege. Ein Großteil der Klasse habe ihre Sprechweise übernommen, einzelne Kinder, die dem nicht folgen, würden sich isoliert fühlen.

Hinweis an einer Behindertenrampe mit Gendersternchen. Das Gendern erhitzt die Gemüter.
Hinweis an einer Behindertenrampe mit Gendersternchen. Das Gendern erhitzt die Gemüter. © picture alliance / Fotostand

Zudem halte sich die Lehrerin nicht an die bestehenden Schriftregeln. So verwende sie in Unterrichtsmaterialien und Emails an die Eltern die Gendersprache. Auch im Sportunterricht werde gegendert. Es würden nicht mehr „Hampelmänner“ gemacht, sondern „Hampelmenschen“, empört sich der Vater. Für fatal hält er auch die „Pronomen-Stuhlkreise“ einer Lehrerin, bei denen jedes Kind sagen müsse, mit welchem Pronomen es angesprochen werden wolle, um dessen sexuelle Identität herauszufinden. Das komme einem Zwangs-Outing gleich, meint der Vater.

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Protest gegen Gendersprache: Ein Verein macht mobil

Nach Angaben der Berliner Bildungsverwaltung gibt es von Müttern und Vätern kaum Beschwerden zum Thema Gendersprache. Doch fühlt sich der Vater, der Mitglied im sprachkonservativen Verein Deutsche Sprache (VDS) ist, nicht allein mit seinen Bedenken.

Der VDS unterstützt die Klage des Vaters finanziell, um die Berliner Schulen an ihre Neutralitätsmaßgabe zu erinnern, wie es heißt. „Lehrer sind Vorbilder“, sagt Walter Krämer, Vorsitzender des VDS, „aber sie dürfen ihre Machtposition nicht ausnutzen, um Kindern ihre eigene Ideologie durch die Hintertür aufzuzwingen.“

Sabine Mertens ist Gründerin der Hamburger Volksinitiative
Sabine Mertens ist Gründerin der Hamburger Volksinitiative "Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung". Sie hat eine Unterschriftensammlung angemeldet und strebt einen Volksentscheid an. © picture alliance/dpa | Marcus Brandt

In Hamburg strebt eine Initative gegen Gendersprache in Bildung und Verwaltung sogar einen Volksentscheid an. Um diesen durchführen zu können, startet demnächst eine Unterschriftensammlung. Initiatorin Sabine Mertens ist ebenfalls aktiv im VDS. In Hamburg hatte der Senat in einem Leitfaden für den Umgang mit Sprache im Sommer 2021 „zusätzliche Möglichkeiten“ eingeräumt.

Klage gegen Gendersprache: Gericht soll entscheiden

Der Berliner Vater, der jetzt Klage eingereicht hat, suchte zunächst das Gespräch mit den Lehrerinnen und Lehrern. Als das nicht fruchtete, richtete er eine 15-seitige Beschwerde an die Schulaufsicht. In ihrer Antwort lehnte die Schulaufsicht den Antrag auf Untersagung der Gendersprache jedoch ab. Die Begründung: Die Regeln des Rechtschreibrates würden in Berlin mangels Umsetzungsakt nicht gelten. „Nach dieser Logik müsste Berlin nach der alten Rechtschreibung schreiben müssen“, kommentiert der Kläger.

Nun soll das Verwaltungsgericht entscheiden. Der Vater sieht sich dabei als Vorkämpfer nicht nur für sein Kind und für andere Schülerinnen und Schüler. Die Gendersprache, findet er, beschränke die Verständlichkeit und Lesbarkeit von Sprache. „Ausländer mit geringen Deutschkenntnissen oder Sehbehinderte, die auf Vorlesbarkeit angewiesen sind, werden durch das Gendern ausgeschlossen. Gendern ist also alles andere als inklusiv“, sagt er.