Rom. Hitze-Sommer 2022: Das Mittelmeer heizt sich immer weiter auf. Abkühlung gibt es keine mehr, dafür werden Quallen zunehmend zur Plage.

Der Feiertag Ferragosto am 15. August, Mariä Himmelfahrt, gilt als Höhepunkt der italienischen Sommersaison. Familienausflüge an dem langen Wochenende sind Tradition. Bei etwa 40 Grad gibt es nur ein Ziel: ans Meer, auf der Suche nach etwas Abkühlung. Der Ort Ostia am Tyrrhenischen Meer gilt als Badewanne Roms.

Und genauso warm ist es dort nach diesen Rekord-Sommerwochen: 30 Grad Höchstwert wurden in dem Meer an der Westküste gemessen. Besonders im Süden und vor allem nahe den Äolischen Inseln vor Sizilien sei es brühwarm, berichtet Claudio Tei, Meteorologe des Lamma-CNR-Konsortiums.

Hitze: Teilweise 30 Grad Wassertemperatur in Italien

30 Grad Wassertemperatur – das gab es früher im „Mediterraneo“ nicht. Die anhaltenden Hitzewellen und die seit mehreren Monaten ausbleibenden Niederschläge sind die Ursache für die hohen Wassertemperaturen, die von Satelliten im In­frarotbereich aufgezeichnet werden. Geringere, aber immer noch hohe Werte von 27 bis 28 Grad werden in der Adria und im Ligurischen Meer gemessen.

Kein Meer der Welt erhitzt sich so stark wie das Mittelmeer, warnt die Umweltschutzorganisation WWF in einem neuen Bericht. Demnach steigen die Temperaturen schneller als im Durchschnitt aller Weltmeere. Die Klimakrise hat bereits einige der wichtigsten marinen Ökosysteme des Mittelmeers irreversibel verändert, mit spürbaren Folgen auch für Fischerei und Tourismus.

Italien: Die Tropenfische kommen ins Mittelmeer

Welche Folgen die Klima-Veränderung auf lange Sicht haben wird, ist heute noch nicht absehbar. Die Experten warnen vor den Auswirkungen der „Tropikalisierung“ des Mittelmeers. 600 tropische Fischarten haben sich bereits in den vergangenen Jahren hier verbreitet. Auch die Qualleninvasionen seien ein Zeichen der klimatischen Veränderungen, die das Mittelmeer belasten, warnen Experten.

An der Adria hat die Quallensaison dieses Jahr schon im Juni begonnen. Touristen beobachten immer häufiger Lungenquallen mit ihren bis zu 90 Zentimeter großen Schirmen an den Stränden Italiens. Sie sind an ihren violetten Streifen erkennbar und können eine beachtliche Größe erreichen.

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Das ausgetrocknete Flussbett des Po in Sermide. In der Region hat es seit November nicht geregnet.
Das ausgetrocknete Flussbett des Po in Sermide. In der Region hat es seit November nicht geregnet. © dpa | Luigi Navarra

Allerdings sind sie ungefährlich und verursachen keine Verbrennungen. Trotzdem sorgen die riesigen Schwärme, sogenannte Quallenblüten, für Verunsicherung bei den Badegästen. Seit April schon treten die Schwärme auf, es sind Zehntausende.

Quallen verschleimen das Meer

Seit 2003 treten Quallen häufiger und länger auf. Die steigenden Wassertemperaturen ermöglichen die Fortpflanzung bis in die Wintermonate und die Verbreitung tropischer Quallenarten. Zusätzlich sorgt die massive Überfischung von fast 90 Prozent der Fischbestände dafür, dass die Fressfeinde und Nahrungskonkurrenten der Quallen fehlen.

Der Weltklimarat IPCC warnte in einem 2019 veröffentlichten Bericht, die starke Ausbreitung der Quallen führe zu einer „Gelifizierung“, also einer Art Verschleimung. Und sie sind gekommen, um zu bleiben: „Mit der zunehmenden Klimaerwärmung werden wir damit leben müssen, dass es im Sommer mehr Quallen im Meer hat“, sagt die Meereswissenschaftlerin Sigrid Lüber in der „Neuen Zürcher Zeitung“.

Warnung vorm Hineinspringen – Gardasee schrumpft

Damit leben müssen – derart resignierte Äußerungen häufen sich derzeit bei Experten. Luca Marcelli, Präsident der meteorologischen Vereinigung Italiens, spricht vom „neuen Normal“. Keine Daten aus den letzten 230 Jahren seien mit der Hitze und Dürre vergleichbar, unter der Italien in diesem Sommer leidet. „Wann fangen wir an, diese Angelegenheit zu unserer Priorität zu machen?“, mahnt er.

Maderno am Gardasee: Der Lieblingssee der Deutschen schrumpft.
Maderno am Gardasee: Der Lieblingssee der Deutschen schrumpft. © dpa | Daniel Reinhardt

Währenddessen sind auch Norditaliens Seen keine Alternative mehr. Dabei wird der Gardasee am Rande der Alpen aus dem Gebirgsfluss Sarca gespeist. Wärmer als 22 Grad wurde das Wasser dort auch im August fast nie – bisher nicht. 27 Grad sind es derzeit; der Lieblingssee der Deutschen fasst so wenig Wasser wie selten in der Geschichte. Am Ufer liegen inzwischen ganze Felsplatten im Trockenen. Der Gemeindeverband warnte bereits davor, ins Wasser zu springen – der Pegel ist zu niedrig.