Berlin. Quallenblüten treten wegen der Erderwärmung fast jährlich auf. Im Mittelmeer wird die Plage stärker. So erkennen Sie tödliche Arten.

Schlechte Nachrichten für Urlauber auf dem Weg zu Deutschlands beliebtesten Reisezielen am Meer: Es ist Quallensaison. Dieses Jahr tritt die sogenannte Quallenblüte deutlich stärker auf als gewöhnlich. An manchen Stränden hat sie die Menschen schon komplett verdrängt, wie der Blick nach Italien beweist. Doch auch Mallorca, die Ostsee und Australien melden alarmierende Quallenaufkommen. Hier erfahren Sie, wo besonders viele Quallen sind – und wie Sie gefährliche Arten erkennen können.

Als wären die Sicherheitsprobleme an deutschen Flughäfen und unkontrollierbare Waldbrände in Südeuropa nicht schon schlimm genug, vermiesen derzeit zahlreiche Quallen vielen Urlaubern die Reise ans Meer. Zwischen April und September bevölkern die sogenannten Medusen, frei schwimmende Quallen, die Meere traditionell. Von der Erderwämung angetrieben, wächst das Problem von Jahr zu Jahr.

Quallenblüte vor Mallorca: Sogar eine Art mit tödlichem Gift gesichtet

Die Klimaerhitzung schlägt sich im Meer noch stärker nieder als an Land, da die zunehmende Wärmeenergie zu 90 Prozent von den Weltmeeren absorbiert wird. Die grassierende Hitzewelle in Europa kommt erschwerend dazu. So liegt die Wassertemperatur vielerorts fünf Grad oder mehr über dem Langzeitdurchschnitt. Statt frischen 22 Grad steigt das Thermometer an der Küste Mallorcas derzeit an die 28 Grad. Auch in der Ostsee wird es immer wärmer, etwas verträglicher ist die Wassertemperatur dieses Jahr in der Nordsee.

Die meisten Quallen bevorzugen warme Gewässer, daher breiten sich zahlreiche tropische Arten immer weiter nach Norden aus. Sie profitieren von der Überfischung der Meere, da Fische die größten Konkurrenten um die Nahrungsquelle Plankton sind. Während viele Quallen einfach unappetitlich sind, gibt es gefährliche Arten, vor denen man sich in Acht nehmen muss.

Quallen in der Adria: Badegäste in Triest fürchten die Medusen

Negative Schlagzeilen macht dieses Jahr besonders die Lungenqualle. Gänzlich ungefährlich für den Menschen, belagert sie zu Zehntausenden die Adriaküste Italiens. An den Stränden von Triest herrscht wegen der Quallenblüte Besucherflaute, denn die Lungenqualle kann mit 1,5 Metern Durchmesser gewaltige Dimensionen annehmen. Zu erkennen ist sie außerdem an ihrem kräftig violetten Saum und den lungenartigen Tentakeln. Bei entsprechender Strömung und Wärme, kann die Qualle auch an der Amalfiküste und der Cote d'Azur beobachtet werden. Weil sie viele Netze verstopft, leidet auch die Fischerei unter der Lungenqualle.

Weiter südlich plagt eine viel gefährlichere Art die Badegäste. Rund um die Halbinsel Salento, besser bekannt als die Ferse Italiens, treibt die Leuchtqualle ihr Unwesen. Sie gehört zu den umgangssprachlich als Feuerquallen bekannte Gruppe. In ihren Tentakeln befinden sich giftige Nesselzellen, die sich bei Kontakt in die Haut einnisten. Schmerzhafte Striemen und teils schwere Hautirritationen sind die Folge. Verletzungen durch Feuerquallen sollten umgehend mit anti-allergener Salbe behandeln werden, alternativ hilft auch Essig. Kommen die Nesselzellen mit Süßwasser in Verbindung, platzen sie auf und injizieren dem Opfer noch mehr Nervengift.

Herausstechendes Charakteristikum der Leuchtqualle ist, wie der Name schon sagt, das auffällige Aufleuchten, sobald sie berührt wird. Der durchscheinende, glockenförmige Schirm wird maximal zwölf Zentimeter groß und ist wie die Tentakeln mit giftigen, rotbraunen Warzen überzogen.

Feuerquallen: Von der Küste Italiens bis nach Skandinavien verbreitet

Ebenfalls zu den Feuerquallen zählt die Kompassqualle. Sie hinterlässt bei Hautkontakt mit ihren kräftigen Tentakeln schmerzhafte Irritationen. Eine Begegnung mit ihr ist besonders heikel, da sie sich gern im Schwarm bewegt. Ihr Name leitet sich von der braun-rot-orangen Musterung ihres bis zu 45 Zentimeter im Durchmesser großen Schirms her. Sie tritt im Mittelmeer sowie verstärkt in Nord- und Ostsee auf.

Besonders bedrohlich ist die Lage derzeit im Mittelmeer um die Balearen. An der Küste Mallorcas wurden jüngst zahlreiche portugiesische Galeeren gesichtet. Ihre bis zu 50 Meter langen Tentakeln können schwerste Verbrennungen verursachen. Aufgrund von allergischen Schocks ist sie immer wieder für tödliche Unfälle bekannt. Dabei handelt es sich bei der portugiesischen Galeere um keine Qualle im klassischen Sinne, sondern um eine Kolonie bestehend aus Millionen unabhängiger Polypen.

Nordsee und Ostsee: Diese Qualle taucht hier besonders oft auf

In kühleren Gefilden fühlt sich die Blaue Nesselqualle wohl. Die tatsächlich in verschiedenen Farben auftretende Art verursacht ungefährliche Hautreizungen. Mit bis zu 30 Zentimeter Schirm-Durchmesser gehört sie zu den größten Plagegeistern im Norden. Heimisch ist sie an den Küsten Skandinaviens, des Nordatlantiks und tritt auch an Nord- und Ostseestränden auf.

In den Schatten gestellt wird die Blaue Nesselqualle von der Gelben Haarquelle. Hunderten haarfeinen, gelben Tentakeln verdankt sie ihren Namen. Bis zu 30 Meter lang können die Arme der "arktischen Löwenmähne" wachsen. Dafür löst ihr Nesselzellengift weniger schwere Hautirritationen vor. Wie die Blaue Nesselquelle ist sie eher in nordischen Gefilden zuhause. Arthur Conan Doyle setzte der Haarquelle ein Denkmal, indem er den fiktiven Detektiv Sherlock Holmes einen Mordfall lösen ließ, der mit ihrem Gift verübt wurde.

Die tödlichste Qualle der Welt: Bis zu 70 Todesfälle in einem Jahr

Traditionell sind die Strände Australiens nördlich von Sydney über die längste Zeit des Sommers geschlossen. Grund dafür ist die gefährlichste Quallenart der Welt. Die Seewespe kostet in einem Jahr Berichten zufolge bis zu 70 Menschenleben. Die im Schirmdurchmesser nur etwa 15 Zentimeter große Art ist in den tropischen Küstengebieten Nord- und Westaustraliens heimisch. Zu so vielen tödlichen Begegnungen kommt es, weil die Qualle vollkommen transparent und so für Badende quasi unsichtbar ist.

Großen Schaden richtet derzeit auch die Nomandenqualle an. Die aus dem Indo-Pazifik stammende Quallenart gelangte durch Schifffahrtsverkehr via Suezkanal vom Roten Meer ins Mittelmeer. In den vergangenen Jahren vermehrte sich die bis zu zehn Kilogramm schwere Nomadin derart im östlichen Mittelmeer, dass sie von der EU zu den "gefährlichsten invasiven Arten" hinzugefügt wurde. Vor der Küste des Libanons und Israels erstreckt sich aktuell ein gewaltiger schleimiger Teppich von Nomadenquallen, die sogar küstenseitige Wasserkraftwerke lahmlegen können.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.