Braunschweig. Sie war zuletzt Leiterin des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes. Nach drei Jahren im Corona-Modus setzt das Amt nun andere Schwerpunkte.

Die Lage hat sich wieder einigermaßen normalisiert: Nachdem die Corona-Pandemie fast drei Jahre lang das Geschehen im Gesundheitsamt an der Hamburger Straße maßgeblich bestimmt hat, kehren die Mitarbeitenden wieder zu ihren Kernaufgaben zurück – und auch neue Schwerpunkte sollen gesetzt werden.

Das hat Dr. Kerstin Sehrt am Donnerstag angekündigt. Sie ist die neue Chefin des Gesundheitsamtes und wurde jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Prozesse, Strukturen, Kollegen und Kolleginnen im Amt sind der 45-Jährigen bereits vertraut: Seit Herbst 2020 ist sie für die Stadt Braunschweig tätig, bis April hat sie den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst im Gesundheitsamt geleitet.

„Durch die Pandemie ist die Relevanz der Gesundheitsämter wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt“, sagte Dezernentin Dr. Christina Rentzsch beim Pressetermin. Die Gesundheitsämter bekämpften aber nicht nur Pandemien, betonte Rentzsch: „Sie sind wesentlicher Teil des öffentlichen Gesundheitsdienstes und maßgebliche Akteure vor Ort in den Kommunen. Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitsschutz sind ihre wichtigen und vielfältigen Aufgaben.“

Auch die Dezernentin für Soziales, Schule, Gesundheit und Jugend ist neu im Amt. Die Vorstellung der neuen Leiterin des Gesundheitsamtes war einer der ersten offiziellen Termine in Braunschweig von Christina Rentzsch.

Kerstin Sehrt ist in Hessen aufgewachsen und hat Medizin in Gießen und im spanischen Valencia studiert. Sie ist Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und hat ein Master-Weiterbildungsstudium Public Health abgeschlossen. Unter anderem hat sie bereits den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst der Stadt Köln geleitet und war für die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Berlin tätig. Berufsbegleitend studierte sie Medizinische Informatik.

„Aufgrund meines beruflichen Hintergrunds liegen mir insbesondere die Versorgung von Kindern wie Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen, präventive Angebote für Kinder und Jugendliche sowie die Digitalisierung des Gesundheitsamtes am Herzen“, erklärte sie.

Geballte Frauenpower um Fachbereichsleiter Martin Klockgether: Amtsleiterin Kerstin Sehrt (in der Mitte rechts) und führende Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes.
Geballte Frauenpower um Fachbereichsleiter Martin Klockgether: Amtsleiterin Kerstin Sehrt (in der Mitte rechts) und führende Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Die vergangenen drei Jahre seien besonders herausfordernd gewesen, die Pandemie habe viele Kräfte gebunden. Die gut hundert Beschäftigten des Gesundheitsamtes waren zeitweise um bis zu 70 externe Mitarbeitende aufgestockt worden, teils aus den Reihen der Bundeswehr, aus Finanz- und Justizbehörden. Vorübergehend hatte das Gesundheitsamt drei Außenstellen betrieben, um alle unterzubringen. Bei der Kontaktverfolgung sind die Auszubildenden der Stadt stark eingebunden gewesen.

Mitten in der Pandemie kam zudem heraus, dass der damalige Leiter des Gesundheitsamtes mehrfach bezahlten Sex mit einem 14-jährigen Mädchen hatte und dafür zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet, dem Mann wurde von der Stadt ein Hausverbot erteilt, so dass er sein Amt fast ein Jahr lang aus dem Homeoffice leitete. Als die Sache öffentlich wurde, ließ er sich im Januar in den vorzeitigen Ruhestand versetzen.

Wie ist die Stimmung nun im Haus nach diesen turbulenten Zeiten? „Corona hat uns ganz schön durchgerüttelt“, gibt Martin Klockgether zu, Fachbereichsleiter Soziales und Gesundheit. Die Stimmung nach der Pandemie beschreibt er so: „Es ist durchaus ein gewisser Stolz zu spüren auf die geleistete Arbeit. Nach mehreren Jahren der Pandemie ist aber auch ein Stück Erschöpfung spürbar.“ Sehrt spricht von Aufbruchstimmung: „Ich erlebe hier ein großes Engagement und ein großes Interesse an der Arbeit.“

Das Gesundheitsamt ist für viele Aufgaben zuständig, die wenig auffallen, wenn sie gut laufen, aber großen Schaden verursachen können, wenn etwas schief geht. Ob Suchtprävention an Schulen, Heimaufsicht, ärztliche Begutachtungen, Leichenschauen im Krematorium, Zahnprophylaxe an Kitas und Schulen, Beratungen zu Themen wie Tuberkulose oder Geschlechtskrankheiten, Begehungen von Praxen oder Kliniken zum Infektionsschutz, Überwachung von Trink- und Badewasserqualitäten oder psychiatrische Begutachtungen: Die Aufgaben sind mannigfaltig.

Mit frischem Schwung werden nun auch einige neue Projekte angegangen: So startete im Februar der Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst, ein Gemeindepsychiatrisches Zentrum wird aufgebaut, und die Digitalisierung des Amtes wird vorangetrieben. Ein Problem aber bleibt: Auch wenn aktuell einige Führungspositionen neu besetzt werden konnten, hinterlässt der Fachkräftemangel seine Spuren: Das Amt hat schon länger mit Vakanzen zu kämpfen, besonders gefragt sind Ärzte, Hygienekontrolleure und IT-Fachleute.

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