Braunschweig. Seit 2022 gab es in Niedersachsen bislang 32 Aktionen. Der teuerste Einsatz war im vergangenen Oktober in der Autostadt in Wolfsburg.

In Niedersachsen müssen sich Klima-Aktivisten – anders als in anderen Bundesländern – nicht davor fürchten, für Polizeieinsätze in Regress genommen zu werden. Dies stellt das Innenministerium in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der AfD an die Landesregierung klar. Begründet wird dies mit der Gesetzeslage in Niedersachsen.

Seit Anfang 2022 wurden in Niedersachsen 32 Aktionen von verschiedenen Gruppen von Klimaschützern gezählt, bei denen es zu Polizeieinsätzen gekommen ist (Stand: Ende April 2023). Die Gesamtkosten für alle diese Einsätze werden mit rund 144.000 Euro beziffert. 647 Polizisten waren im Einsatz, 2000 Personalstunden wurden geleistet.

Autostadt-Einsatz schlug mit 55.000 Euro zu Buche

Die Schwerpunkte der Aktionen waren in der Landeshauptstadt Hannover (neun Aktionen) und
Oldenburg (acht). Aber auch in Braunschweig (sechs) und in Wolfsburg (vier) wurde protestiert. Nicht mitgezählt ist eine Abseilaktion von Klimaschützern, die Mittwochvormittag in Wolfsburg stattfand.

Der kostenintensivste Polizeieinsatz – auch mit Blick auf ganz Niedersachsen – fand ebenfalls in der VW-Hauptstadt statt. Zwischen dem 19. Oktober und 21. Oktober hatten sich in der Autostadt Aktivisten eingenistet, die sich „Scientist Rebellion“ zurechneten. Angehörige dieser Gruppe kritischer Wissenschaftler protestierten auch Mittwoch in Berlin vor der VW-Hauptversammlung.

Im Oktober in der Autostadt hatten Demonstranten Kunstblut aus Rote-Beete-Saft an der Glasfassade verspritzt. Anderen war es gelungen, im Porsche-Pavillon auf dem Boden vor Luxusautos festzukleben. In der Öffentlichkeit kamen die Aktivisten schlecht weg, weil sie sich jammerhaft über ihre angeblich schlechte Behandlung beklagt hatten, was die Autostadt zurückgewiesen hatte. Insgesamt 101 Beamtinnen und Beamte wurden in der VW-Erlebniswelt zusammengezogen. Der Einsatz kostete mehr als 55.000 Euro.

126 Polizistinnen und Polizisten wurden am 7. März 2023 geschickt, als Aktivisten einen Autotransportzug auf dem Privatgelände der VW AG besetzt hatten. Mehr als 36.000 Euro Kosten wurden für diesen Einsatz zusammengerechnet.

Innenministerium sagt: Polizisten wären auch ohne die Klima-Kleber-Einsätze im Einsatz

Das Innenministerium weist in seiner Antwort jedoch darauf hin: Bei diesen Kosten handelt es sich nicht um zusätzlich angefallene Personalkosten, sondern um Personalkosten, die auch angefallen wären, wenn die Einsatzkräfte bei anderweitigen Einsätzen eingesetzt worden wären.

In Bayern, Hessen und Sachsen-Anhalt müssen Aktivisten damit rechnen, einen Teil der Einsatzkosten zu begleichen. Und in Niedersachsen? Das Innenministerium führt in seiner Antwort aus, dass auf Protestaktionen, die die Voraussetzung einer öffentlichen Versammlung erfüllen, grundsätzlich das Niedersächsische Versammlungsgesetz Anwendung findet. Amtshandlungen sind nach dem Gesetz kostenfrei.

Grundsätzlich gilt auch die in Artikel 8 garantierte Versammlungsfreiheit. Die Schutzwirkung endet mit der rechtmäßigen Auflösung einer Versammlung., wenn ihre Durchführung die öffentliche
Sicherheit unmittelbar gefährdet und die Gefahr nicht anders abgewehrt werden kann.

Fazit: Wer fürs Klima (oder andere Sache) klebt, der muss nicht löhnen

Erst nach einer solchen Auflösung einer Versammlung können Maßnahmen auf das Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) gestützt werden – Klima-Kleber können beispielsweise entfernt werden. Für solche Zwangsmittel ist eine Kostenerhebung indes laut Gesetz nicht vorgesehen. „Dies entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers. Die Kosten für die hoheitliche Aufgabenerfüllung der Polizei sollen grundsätzlich vom Staat getragen werden“, erklärt das Innenministerium. Das Fazit zur Anfrage: „Es wurden daher (...) weder Gebühren und Auslagen noch Einsatzkosten (...) geltend gemacht.“

Die Aktionen von Klimaschützern wie die der „Letzten Generation“ sind höchst umstritten. Einige Politiker und Kommentatoren bezeichnen die Klimaschützer bereits als extremistisch. Verschiedene
repräsentative Umfragen, die in den vergangenen Tagen veröffentlicht wurden, haben jedenfalls herausgearbeitet, dass die absolute Mehrheit der Deutschen Straßenblockaden ablehnt.

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