Braunschweig. Maschinenbau, Elektrotechnik, Laboranalysen – die Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik ist vielseitig. Absolventen arbeiten in Klärwerken.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das, was man vor drei Stunden auf Nimmerwiedersehen in die Toilette, Dusche und ins Waschbecken geschickt hat, an diesem Morgen doch wieder an einem vorbei wabert. Aber keine Sorge, nicht daheim. Im Klärwerk Steinhof. So lange dauert es ungefähr, bis das Abwasser von den Haushalten beim Klärwerk ankommt, erklärt Abwassermeister und Ausbilder Stefan Rasehorn. Täglich seien es rund 55.000 Kubikmeter, 55 Millionen Liter schmutziges Wasser, das so aufbereitet wird, dass es aus den Kanälen wieder in die Natur entlassen werden kann.

Darum, dass dabei alles rund läuft, kümmern sich unter anderem Fachkräfte für Abwassertechnik. Witali Omeltschenko ist einer von ihnen. Er lernt den Beruf im dritten Lehrjahr. Wenn er im Juni seine Ausbildung abschließt, wird er als Geselle weiter im Klärwerk Steinhof arbeiten.

„Die Arbeit macht mir richtig Spaß – In diesem Beruf kann man alt werden“

Seine Freunde hätten anfangs gedacht, dass er Klempner werde, erzählt er. Aber dann habe er ihnen erklärt, dass er einen umwelttechnischen Beruf ergreife. „Wir machen das Wasser wieder brauchbar, so sauber, dass es wieder in die Natur kann“, sagt Omeltschenko. Etwa ein Drittel des gereinigten Abwassers fließt in die Rieselfelder direkt neben dem Gelände der Kläranlage. Dort wird das Wasser noch einmal auf biologische Weise durch Bodenschichten gefiltert, bevor es über den Aue-Oker-Kanal in die Oker fließt. Der andere Teil wird auf den Feldern des Abwasserverbands Braunschweig mit Regenmaschinen verregnet. Angebaut wird auf den Feldern etwa Mais und Roggen, ausschließlich für die Biogasanlage.

Auch dies gehört zur Klärung des Braunschweiger Abwassers dazu: nach dem Klärwerk fließt das bereits saubere Wasser durch die Rieselfelder. Danach geht es über den Aue-Oker-Kanal in die Oker.
Auch dies gehört zur Klärung des Braunschweiger Abwassers dazu: nach dem Klärwerk fließt das bereits saubere Wasser durch die Rieselfelder. Danach geht es über den Aue-Oker-Kanal in die Oker. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Entschieden hatte sich Omeltschenko ursprünglich für einen anderen Beruf: Tischler. Doch ein Bandscheibenvorfall machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Kurz vor Ende des dritten Lehrjahrs musste er die Lehre abbrechen. Danach arbeitete er bei einer Zeitarbeitsfirma, als Gabelstaplerfahrer, an der Tankstelle – bis „ein Kumpel mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass es hier einen freien Ausbildungsplatz gibt“. Er informierte sich über den Beruf, bewarb sich und sagt: „Ich habe es noch nie bereut, die Arbeit macht mir richtig Spaß. In diesem Beruf kann man alt werden.“

„Gerade bei unbekannteren Berufen liegen die Bewerberzahlen recht niedrig“

Fünf junge Menschen bildet die Stadtentwässerung Braunschweig (SE BS), eine hundertprozentige Tochter von BS Energy, derzeit zur Fachkraft für Abwassertechnik im Klärwerk Steinhof aus. Das Klärwerk gehört dem Abwasserverband Braunschweig und wird von der SE BS betrieben. BS Energy stellt jedes Jahr rund 30 Auszubildende ein. Pia Henningsen, die sich um die Ausbildung bei BS Energy kümmert, sagt: „Die Plätze sind von Jahr zu Jahr schwieriger zu besetzen, obwohl bereits in der Ausbildung gutes Geld gezahlt wird und die Azubis umfangreich betreut werden.“ Das Studium habe gegenüber der Ausbildung in den letzten Jahren noch an Bedeutung gewonnen. „Gerade bei unbekannteren Berufen liegen die Bewerberzahlen recht niedrig.“

Witali Omeltschenko (links) und sein Ausbilder Stefan Rasehorn überwachen das System des Klärwerks Steinhof am Computer.
Witali Omeltschenko (links) und sein Ausbilder Stefan Rasehorn überwachen das System des Klärwerks Steinhof am Computer. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Das gilt auch für die Fachkraft für Abwassertechnik. Gerne würde die SE BS mehr Azubis beschäftigen, zwei pro Jahr wären schön, sagt Ausbilder Rasehorn. Doch auch für das kommende Ausbildungsjahr habe nur ein Lehrling gewonnen werden können. Dabei sei es ein abwechslungsreicher Job. Die Auszubildenden lernen den Maschinenbau kennen, die Elektrotechnik, sie arbeiten im Labor und lernen viel über natürliche Prozesse. Zwar müssten beispielsweise auch mal Rohrleitungssysteme gereinigt werden und ja, man dürfe nicht ganz empfindlich sein, was Gerüche angeht, sagt Omeltschenko. Man mache sich auch mal schmutzig. Aber auch die Arbeit am Computer gehöre zum Job dazu: Im Prozessleitsystem werden die Anlagen überwacht. Omeltschenko sagt: „Ich hätte keine Lust auf einen eintönigen Beruf.“

„Es ist ein zukunftsorientierter Beruf – Wasser ist Lebenselixier“

Auch Simon Wilke, der die Kläranlage Steinhof leitet und selbst einmal eine Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik gemacht hat, sagt: „Es ist ein sehr vielseitiger Beruf. Jeder Tag ist anders, aber eins ist immer gleich: Man betreibt aktiven Umweltschutz.“ Schließlich wurde das Abwasser bis zum Ende des 19. Jahrhunderts direkt in die Oker geleitet. Heute leiten 1351 Kilometer Kanäle das Abwasser zum Klärwerk Steinhof. Eine Kollegin, die ihren Namen nicht nennen möchte, sagt nach mehr als 30 Jahren Erfahrung in dem Job: „Es ist ein zukunftsorientierter Beruf. Wasser ist Lebenselixier.“

Fakten:

  • Die Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik dauert in der Regel drei Jahre. Die Fachkraft für Abwassertechnik plant und überwacht die umweltgerechte Behandlung und Reinigung des Schmutzwassers in Kläranlagen, analysiert Proben im Labor, dokumentiert die Ergebnisse und wertet sie aus. Außerdem wartet, repariert und reinigt sie Geräte, Rohrleitungssysteme sowie bauliche Abwasseranlagen und bedient Anlagen und Geräte für die Klärschlammbehandlung.
  • Anforderungen: Wer die Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik machen möchte, sollte einen Realschulabschluss haben. Eine Affinität zu naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie, Chemie, Physik und Mathematik sind von Vorteil, ebenso ein allgemeines Interesse an Technik. Eine Bereitschaft zur Schichtarbeit ist Voraussetzung, da in drei Schichten an sieben Tagen in der Woche gearbeitet wird.
  • Verdienst: Die Ausbildung wird derzeit im ersten Lehrjahr mit 1068,26 Euro brutto pro Monat vergütet, im zweiten Lehrjahr mit 1118,20 Euro und im dritten Lehrjahr mit 1164,02 Euro. Sollte ein Lehrjahr wiederholt werden, als ein viertes angehängt werden müssen, beträgt die Vergütung für dieses Jahr 1227,59 Euro brutto im Monat. Je nach Einsatz in Industrie oder im öffentlichen Dienst variiert die Vergütung. In der Industrie kann sie je nach Bundesland variieren.
  • Perspektiven: Fachkräfte für Abwassertechnik arbeiten in der Abwasserwirtschaft, beispielsweise in kommunalen und industriellen Kläranlagen. Sie kommen auch in Wirtschaftsbetrieben mit eigener Abwasserreinigung zum Einsatz oder in öffentlichen Verwaltungen, beispielsweise bei Abwasserverbänden. Nach der Ausbildung können Fachkräfte für Abwassertechnik ihren Techniker oder einen Meister machen. Auch ein Studium ist natürlich möglich, beispielsweise in Umweltingenieurwesen.
  • Weitere Informationen finden Sie hier.

„Braunschweigs Auszubildende“: In unserer Serie porträtieren wir junge Menschen, die von ihrer Ausbildung berichten. Wie sind sie dazu gekommen? Was ist für sie das Besondere an diesem Beruf? Und natürlich geht es auch um die Ausbildungsbetriebe: Wodurch zeichnen sie sich aus? Wir suchen weitere Auszubildende im zweiten oder dritten Lehrjahr, die bereit sind, Einblicke zu geben. Schreiben Sie gern eine Mail an: redaktion.bs@funkemedien.de

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