Wolfsburg. Ende einer Hoffnungsträgerin: Die Wasserstoff-Tankstelle in der Wolfsburger Nordstadt öffnete 2018 mit großem Buhei. Jetzt wurde sie abgerissen.

Nur fünf Jahre nach der großen Eröffnung mit Politikern aus Berlin und Hannover ist Wolfsburgs Wasserstoff-Tankstelle Geschichte. Die Anlage in der Schulenburgallee wurde jetzt abgerissen. Der Grund: Der Station, deren Bau das Bundesministerium für Verkehr mit einer knappen Million Euro gefördert hatte, fehlte die Kundschaft. Außerdem ist ein Ausbau für Lastwagen und Busse auf dem Gelände in der Nordstadt nicht möglich.

Wie der Star-Tankstellen-Betreiber Orlen Deutschland auf Anfrage berichtet, lief der Betrieb in Wolfsburg bis zum vergangenen Sommer. Orlen prüfe nun die Möglichkeit, auf der Fläche E-Ladesäulen aufzustellen und zu betreiben.

Betreiber der Wasserstoff-Tankstelle war von Anfang an H2 Mobility – eine 2015 unter anderem von Daimler, Linde, Shell und Total Energies gegründete Gesellschaft. Sie betreibt heute 81 der 92 öffentlichen Wasserstoff-Tankstellen für Wasserstoff-Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in Deutschland. Die Wolfsburger Anlage war die erste in Niedersachsen. Rentiert hat sie sich nicht.

Wolfsburgs Wasserstoff-Tankstelle ist abgerissen

„Wolfsburg war eine klassische Transit-Station mit wenig lokaler H2-Nachfrage. Der Absatz war unterdurchschnittlich“, berichtet das Presseteam des Unternehmens. Generell sind Autos mit Brennstoffzelle nach wie vor Einhörner: Bei der Eröffnung der Wolfsburger Tankstation waren in Deutschland gerade einmal 346 Brennstoffzellen-Fahrzeuge zugelassen. In der Europäischen Union ist der Absatz in den vergangenen Jahren zwar stark gestiegen, trotzdem lag die Zahl der Neuzulassungen für Pkw mit Brennstoffzelle EU-weit auch 2021 nur bei knapp über 1000.

Laut Umweltbundesamt wurden in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland weniger als 1000 Wasserstoffautos zugelassen. Im Sommer 2022 waren zwei Fahrzeugmodelle von Toyota und Hyundai serienmäßig erhältlich. Andere Hersteller boten Kleinserien. 2022 berichteten verschiedene Medien, dass Volkswagen entgegen öffentlicher Äußerungen ebenfalls die Brennstoffzelle vorantreibe – mit einer günstigeren Variante, die darüber hinaus eine besonders hohe Reichweite bieten soll.

Der Absatz war unterdurchschnittlich

Die Wasserstoff-Tankstelle wurde im April dem Boden gleich gemacht.
Die Wasserstoff-Tankstelle wurde im April dem Boden gleich gemacht. © SABINE Deutsch / PRIVAT

Während Wasserstoff-Pkw in Deutschland bislang eine Ausnahmeerscheinung darstellen, machen die im Vergleich zu Elektro-Batterien höheren Reichweiten die Wasserstoff-Brennzelle für Nutzfahrzeuge interessant. Der Lkw-Hersteller Daimler Truck will 2025 Lastwagen mit rund 1000 Kilometer Reichweite ausliefern. Der bayerische Hersteller Quantron kündigt eine Sattelzugmaschine mit noch höherer Reichweite an. Allerdings mangelt es für Lastwagen und Busse momentan an Tankstellen.

Die H2-Gesellschaft, die die Wolfsburger Anlage betrieb, erklärt, dass Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bei 700 bar tanken, Lkw und Busse dagegen bei 350 bar. Pro Tankvorgang würden für sie zudem größere Mengen Wasserstoff benötigt – und der Anfahrtsradius müsse auch passen.

„Wie häufig bei der Einführung von neuen Technologien, sind Entwicklungen, wie jetzt der rasante Hochlauf bei den Nutzfahrzeugen, nicht immer vorhersehbar. Deshalb stehen viele Betreiber nun vor der Aufgabe, Stationen umzurüsten beziehungsweise neu zu errichten. Nicht immer ist dies am gleichen Standort möglich. Wolfsburg gehört dazu“, berichtet das Unternehmen.

Betreiber plant neue Stationen an Autobahnen

Die nächste Wasserstoff-Tankstelle für Pkw liegt jetzt in Braunschweig. Die Station soll in Kürze für Lkw-Betankungen ertüchtigt werden. Zudem plant H2 Mobility weitere Standorte an der A2 und der A7.

2018 setzte das Bundesverkehrsministerium große Hoffnungen in die Brennstoffzelle für Pkw. Der heutige CDU-Bundestagsabgeordnete und damalige Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann sagte bei der Tankstellen-Eröffnung in Wolfsburg, dass die Brennstoffzelle E-Autos mit reinem Batterie-Antrieb ergänzen und ablösen werde. Niedersachsen biete wegen seiner Windkraftanlagen beste Voraussetzungen, um Wasserstoff klimaneutral zu erzeugen. Auch der niedersächsische Verkehrsminister Bernd Althusmann (ebenfalls CDU) prophezeite der Brennstoffzellen-Technologie einen erfolgreichen Weg.

Braunschweiger Wasserstoff-Tankstelle wird ausgebaut

Wasserstoff gilt als eine Möglichkeit, den Verkehr zu dekarbonisieren – wenn er denn aus Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt würde. In der Brennstoffzelle wird der Wasserstoff in elektrische Energie umgewandelt, indem er mit Sauerstoff reagiert.

Nach Einschätzung des Umweltbundesamtes sollte wegen einer schlechteren Klimabilanz von Brennstoffzellen-Pkw und eines Mehrbedarfes an erneuerbarem Strom lieber auf herkömmliche E-Autos gesetzt werden.

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