Braunschweig. Polizei und Stadt Braunschweig reagieren mit verschärften Maßnahmen auf die Freilufttrinkerszene unter den Rathauskolonnaden.

Sie wissen sich nicht mehr anders zu helfen: Stadt und Polizei wollen den öffentlichen Alkoholkonsum rund um die Kioske im Bereich der Rathauskolonnaden am Bohlweg verbieten. Die Maßnahme gilt ab 3. April werktags von 16 bis 24 Uhr, an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen auch von 0 bis 6 Uhr.

Von der Regelung betroffen ist auch der Bereich an den Straßenbahnhaltestellen „Rathaus“ samt der östlichen Straßenseite (Bohlweg 61 – 70). Bei Verstößen werden die Getränke konfisziert. Im Wiederholungsfall können Zwangsgelder verhängt werden. „Wir dulden keine rechtsfreien, angstbesetzten Räume mitten in unserer Stadt“, betont Braunschweigs Ordnungsdezernent Tobias Pollmann.

Bisherige Maßnahmen haben nichts gebracht

Seit 2016 habe die Stadt Braunschweig mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Zahl der Straftaten und anderen Störungen der öffentlichen Sicherheit in diesem Bereich zu reduzieren, so Pollmann. Doch weder das Verbot, in diesem Bereich ein Lager aufzuschlagen, noch der Einsatz von Streetworkern hätten die Situation dauerhaft verbessern und verhindern können, dass sich dort gezielt Gruppen versammeln, um Hochprozentiges zu trinken. Pollmann: „Um den mit der Freilufttrinkerszene verbundenen negativen Begleiterscheinungen wirksam und angemessen zu begegnen, ist deshalb ein Alkoholverbot erforderlich, beschränkt auf die Zeiten, in denen sich bisher die meisten Vorfälle ereignen.“

Die Bilanz rüttelt auf: Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei in besagtem Bereich 210 Einsätze und protokollierte dabei 137 Straftaten sowie 13 Ordnungswidrigkeiten. Dazu gehörten versuchte und vollendete Körperverletzungen (57 Delikte), Raub und Diebstähle (17 Fälle) sowie Beleidigungen (18 Fälle). Viermal verzeichnete die Polizei Widerstand gegen beziehungsweise Angriffe auf Vollstreckungsbeamte.

Polizei will das Alkoholverbot kontrollieren

Die Braunschweiger Verkehrs-GmbH stellte zudem eine erhebliche Zunahme der Störungen durch Betrunkene an den Straßenbahnhaltestellen fest. Beschwerden waren auch von Passanten der Kolonnaden gekommen, die sich bedrängt und belästigt fühlten.

Die Polizei ist froh, nun gezielter durchgreifen zu können. „Alkoholkonsum ist ein enthemmender Faktor, der in bestimmten Situationen die Begehung von Straftaten auslöst beziehungsweise forciert, auch gegenüber den einschreitenden Polizeikräften“, so Thomas Bodendiek, Leiter der Polizeiinspektion Braunschweig. „Es gilt, die öffentliche Sicherheit in diesem Bereich des Bohlwegs zu erhöhen. Dafür ist diese Allgemeinverfügung meines Erachtens das richtige Instrument.“ Er kündigte an, dass die Polizei in der Zone sehr präsent sein werde, um das Verbot auch zu kontrollieren.

Alkoholverbot soll die Ausnahme bleiben

Auch die Braunschweiger Verkehrsgesellschaft begrüßt das Alkoholverbot in diesem Bereich, weil es die objektive Sicherheit der Fahrgäste und damit auch deren Sicherheitsgefühl steigere. „Die beiden Stadtbahnhaltestellen am Rathaus sind mit 15.000 Ein- und Ausstiegen pro Werktag unsere am stärksten frequentierten Haltestellen und zugleich der zentrale Umsteigepunkt in unserem Liniennetz – insbesondere auch im Abend- und Nachtverkehr“, erklärt BSVG-Geschäftsführer Jörg Reincke.

Die Maßnahme sei nicht der Beginn eines kommunalen Prohibitionsprozesses, betont Dezernent Pollmann. An anderen Stellen in der Stadt und auf vielen Plätzen sei Alkoholkonsum kein Problem. Die Stadt sehe jedoch rund um die Rathauskolonnaden keine andere Möglichkeit, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Die Stadt habe die Allgemeinverfügung gründlich ausgearbeitet, damit sie auch rechtlich Stand halte.

Werden die Freilufttrinker nur verdrängt?

Polizei und Stadt ahnen, dass sie mit dem Alkoholverbot die Freilufttrinker möglicherweise nur verdrängen. „Wir werden das beobachten“, so Inspektionsleiter Bodendiek. Dezernent Pollmann: „Wir sind nicht so naiv zu glauben, dass mit dem Verbot das Problem endgültig gelöst ist, und wir reduzieren diese Menschen auch nicht nur darauf, eine Gefahrenquelle zu sein. Uns ist bewusst, dass wir uns um diese Klientel auch kümmern müssen.“

Während es gelungen sei, die Belästigungen durch die unter den Kolonnaden lagernden Punker mit Hilfe der Streetworker zu unterbinden, habe sich die Freilufttrinkerszene als heterogen erwiesen. „Sie war dem Ansinnen der Betreuung und Unterstützung durch aufsuchende Sozialarbeit nicht zugänglich“, heißt es in der Begründung der Allgemeinverfügung. Der Versuch, über die Eigentümer der entsprechenden Immobilien auf die als mutmaßlichen Mitverursacher identifizierten Kioske und Schankwirtschaften einzuwirken, sei ebenfalls erfolglos geblieben.

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