Ochsendorf. Hat der frühere Ortsbürgermeister Volker Brand Gelder aus der Maifestkasse veruntreut? Die Staatsanwaltschaft hat keine Beweise für die Behauptung.

Man konnte es fühlen, sehen und hören: Durch den Ortsrat Ochsendorf geht ein kräftiger Riss. Auf der einen Seite Jörn Spelly (SPD), auf der anderen Seite die übrigen Ratsmitglieder und der parteilose Ortsbürgermeister Sebastian Funk. Am Mittwochabend tagte das Gremium im Dorfgemeinschaftshaus. Anwesend waren auch Frank Stieghan als Vertreter der Verwaltung in Königslutter und zeitweise Grit Bädekerl vom Bauamt.

Doch bis die Sitzung richtig Fahrt aufnehmen konnte, dauerte es, denn da gab es Einwände gegen das Protokoll zur vorausgegangenen Sitzung. Es geht um Unwahrheiten, ein angeblich unvollständiges Protokoll und Veruntreuung im kleinen Ochsendorf, das eigentlich eine Kita gebrauchen könnte. Doch zu Beginn wurden zwischenmenschliche Verwerfungen deutlich.

Vorwurf: Bewusst gefälschte oder unvollständige Protokolle von Sitzungen

Es sind heftige Vorwürfe, die Jörn Spelly sowohl im Rat als auch in einer E-Mail an die Helmstedter Nachrichten formuliert. Bewusst gefälschte oder unvollständige Protokolle von Sitzungen sind da fast eine Lappalie, denn der Hauptvorwurf lautet: Der ehemalige Ortsbürgermeister Volker Brand soll Geld unterschlagen und in der Verwaltung sowas wie Mittäter gefunden haben.

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Aber von Beginn an: Die Ochsendorfer Vereine begehen ihr Maifest gemeinsam. Einnahmen aus dem Fest landen in einer Kasse dafür, Ausgaben werden aus dieser bestritten. Bleibt Geld über, fließt das in Anschaffungen für die Vereine. In der Kasse selbst, sagt Volker Brand am Telefon, seien nie mehr als 1000 Euro gewesen. Er führte die Kasse 15 Jahre lang. Spelly aber vermutet eine Veruntreuung von an die 20.000 Euro, und stellt dafür Ausgaben wie Einnahmen und Ausschüttungen an Vereine gegenüber. Konkrete Zahlen nennt er nicht, auch Nachweise legt er in der Mail an die Redaktion nicht vor. „Das kann ich auch nicht, weil es keine Rechnungsprüfung gab“, sagt Spelly am Telefon. Seinen Vorwurf stützt er demnach auf Niederschriften über für das Maifest bestellte Getränke und deren Verkaufspreise. Er zeigt Brand an. Dieser muss bei der Polizei aussagen. Der Fall landet bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig, wo er ad acta gelegt wird, die Behörde stellt das Verfahren ein.

Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen Brand eingestellt

Soweit Teil 1 der Geschichte, die Potenzial zur Unendlichkeit hat, weil weitere Schauplätze auftauchen, etwa die Vergabe von bezahlten Arbeiten im Dorf durch die Verwaltung. Wohlbemerkt: Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen Brand eingestellt, aus Mangel an Beweisen. In Teil zwei spielt zunächst der Leiter der Stabsstelle im Rathaus Königslutter, Frank Stieghan, die Hauptrolle. Er lebt in Ochsendorf und war dort Ortsbrandmeister. Jörn Spelly thematisierte die Kasse im Ortsrat in öffentlicher Sitzung. Und wohl nicht nur dort. Es ging um eine Prüfung. Laut Spelly soll Volker Brand erklärt haben, Stieghan habe die Kasse für „in Ordnung“ befunden, Belege und ein Kassenbuch aber nicht sehen wollen. Der Haken: Das steht wohl so nicht im Protokoll der Sitzung. Daraus schließt das Ratsmitglied: Stieghan und Brand arbeiten zusammen, und der Verwaltungsmann fälscht Protokolle bewusst, zumindest aber führt er diese nach Ansicht des Anklägers nicht wahrheitsgemäß und vollständig, sprich Wort für Wort.

Frank Stieghan nimmt auf Anfrage wie folgt Stellung: „Der Ortsrat Ochsendorf führt gemäß Geschäftsordnung Ergebnisprotokolle und keine Wortprotokolle.“ Für die Kasse sei der Ortsrat nicht zuständig, weil sie sozusagen Privatinitiative sei. „Wir haben nach jedem Maifest abgerechnet“, sagt Volker Brand dazu am Telefon. Ein Kassenbuch habe es nie gegeben. Er sieht im Vorgehen des SPD-Ratsmitgliedes Jörn Spelly eine private Fehde. Letzterer hatte bei der jüngsten Kommunalwahl die meisten Stimmen im Ort auf seine Person vereinen können, wurde aber nicht Bürgermeister. „Ich habe gar nicht zur Wahl für das Bürgermeisteramt stehen wollen, weil ich nicht mit einem belasteten Mitglied im Ortsrat arbeiten wollte“, so Spelly. Nach der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft gilt Brand allerdings nicht länger als belastet. Das von Spelly angeprangerte vermeintlich fehlerhafte oder unvollständige Protokoll passierte den Rat bei einer Gegenstimme ohne weitere Einwände.

Vorwürfe wegen Verfehlungen, in die Königslutters Bürgermeister verwickelt sein soll

Jörn Spelly erhebt weitere Vorwürfe in Bezug auf Verfehlungen, in die auch Königslutters Bürgermeister Alexander Hoppe verwickelt sein soll. Gegen ihn und gegen Frank Stieghan läuft eine Dienstaufsichtsbeschwerde, angestrengt von Spelly. Vereinfacht erklärt geht es unter anderem um vermeintliche Vetternwirtschaft in Ochsendorf und Befangenheit. Für die Beschwerde gegen Hoppe ist der Verwaltungsausschuss Königslutter zuständig.

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