Schwülper. Die Kita in Walle bleibt vorerst geschlossen. Verdacht: Unter ihr befindet sich ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. So kam es dazu.

Liegt direkt unter der Kita „Pusteblume“ in Walle (Kreis Gifhorn) eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg? Luftbildauswertungen parallel zu den derzeitigen Sanierungsarbeiten haben zu diesem Verdacht geführt. Wegen eines möglichen Blindgängers hat das Ordnungsamt der Samtgemeinde Papenteich vergangenen Donnerstag vorsorglich die Schließung des Kindergartens verfügt.

Am 29. Februar 1944 gingen bei einem Angriff alliierter Flugzeuge Bomben auf den kleinen Ortsteil der Gemeinde Schwülper nieder. Mehrere Gebäude wurden schwer beschädigt, durch einen Volltreffer in ein Haus wurden vier Erwachsene und drei Kinder getötet.

Bei solchen Angriffen im Zweiten Weltkrieg detonierten allerdings häufig nicht alle Sprengkörper, sogenannte Blindgänger bohrten sich unversehrt einige Meter tief ins Erdreich. Sie können aber heute wieder zur Gefahr werden, wenn die Zünder nach langer Zeit durch Korrosion doch noch auslösen. So eine immer noch intakte Fliegerbombe könnte sich direkt unter der Kita befinden.

Wie kam es zu dem Verdacht?

„Wegen eines Wasserschadens muss das Gebäude saniert werden“, sagt Gemeindebürgermeisterin Brigitte Brinkmann. Die Bodenplatte war durchnässt, sie musste abgefräst, trockengelegt, abgedichtet und nun neu beschichtet werden. Bei der Suche nach der Ursache des Wasserschadens waren auch Baggerarbeiten auf dem Außengelände fällig – das Mauerwerk wurde freigelegt.

Im Zuge solcher Arbeiten werden heutzutage auch Bodenuntersuchungen und Luftbildauswertungen unternommen, um böse Überraschungen auszuschließen. Die Bauplaner nahmen dafür das Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung (LGLN) und den Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) mit ins Boot.

Bei einem Ortstermin am Donnerstag kam dann laut Brinkmann heraus: „Auf den Luftbildern waren Krater zu sehen“ – von explodierten Bomben – „und ein schwacher Punkt“. Der deutet in der Regel auf einen Blindgänger hin. Um auszuschließen, dass es sich um einen Staubkorn auf dem Bildnegativ handelte, wurden mehrere Bilder derselben Stelle ausgewertet – überall sei der Punkt zu sehen gewesen, exakt dort, wo sich heute die Kita befindet.

Wie macht die Politik nun?

Samtgemeinde-Bürgermeisterin Ines Kielhorn hat Donnerstagnachmittag entschieden, die Einrichtung sofort zu schließen – bis auf Weiteres. „Die Gefahr ändert sich nicht mit dem Datum. Dort haben wir eine extreme Ansammlung von Personen, es wäre unverantwortbar, den Betrieb weiterzuführen.“ Laut Ordnungsamt könnten die Bauarbeiten die Gefahr zusätzlich beeinflussen. Daher untersagte das Amt „die Nutzung und den Aufenthalt in den Räumlichkeiten sowie auf dem Außengelände“.

Das heißt: Nicht nur alle Baumaßnahmen wurden eingestellt, sondern alle Kinder müssen auch erst einmal zu Hause bleiben – zurzeit 101 in vier Kita- und einer Krippengruppe. Denn weitere 15 Mädchen und Jungen einer Krippengruppe sind ohnehin wegen der Bauarbeiten schon im Eichenkamp untergebracht. „Die bleiben auch erst einmal dort“, so Brinkmann.

Seit Freitagnachmittag gibt es aber schon einen Plan, wie es mit den 101 Kindern weitergehen könnte. Brinkmann: „Wir haben schon mit der Bauaufsicht des Kreises und dem Regionalen Landesamt für Schule und Bildung gesprochen.“ Von denen erhofft sich die Gemeinde zunächst Duldungsgenehmigungen für die Unterbringung im Dorfgemeinschaftshaus (DGH) Walle, in der Mehrzweckhalle (MZH) und im Clubraum des MTV sowie im Jugendhaus Schwülper oder beim DRK in Lagesbüttel. Die hingen davon ab, ob Brandschutz, Fluchtwege und Klemmschutz an Türen den Anforderungen genügen. Am Dienstag finden schon erste Begehungen und Vorbereitungen in DGH und MZH Walle sowie im Jugendhaus Schwülper statt. Am Nachmittag könnte es schon eine Entscheidung geben.

Die nötige Ausstattung hätte man sogar schon parat, sagt die Bürgermeisterin: „Die Kita hat ihr Netzwerk aktiviert“, es gebe schon mehrere Spendenangebote aus anderen Kitas – „der Aufruf war erfolgreich“. Insofern stehe ein Einzug in die Behelfsunterkünfte schon diese Woche im Bereich des Möglichen.

Wie wird die mögliche Bombe gesucht?

Die Samtgemeinde sucht bereits eine Firma, die im Gebäude Sondierungsbohrungen durch die Grundplatte vornehmen soll. Das heißt: An mehreren Stellen werden Sonden in das Erdreich geführt, die einen größeren Metallkörper orten können. Laut Brinkmann werde dazu bis zu einer Tiefe von 7,5 Metern gebohrt.

„Noch ist es nur ein Verdachtsfall“, sagt Kielhorn, „und wir hoffen alle, dass es dabei bleibt.“ Sollte sich herausstellen, dass sich keine Bombe unter der Kita befindet, könnten Betrieb und Bauarbeiten fortgesetzt werden. Wenn nicht, müsste erst noch geklärt werden, wie sich die Bombe entschärfen und bergen lässt.

Warum wurde vorher keine Bombe gefunden?

Bevor heutzutage Neubaugebiete erschlossen werden, werden die Luftaufnahmen dieser Areale vorher untersucht, die die Alliierten damals nach den Abwürfen zur Kontrolle gemacht haben. Einige dieser Aufnahmen sind allerdings erst vor wenigen Jahren zur Verfügung gestellt worden. Das Gebäude der Kita in Walle wurde im Jahr 2001 gebaut und anschließend noch zweimal erweitert.

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