Hannover. Niedersachsen diskutiert über die Abschaffung des Notensystems – wieder einmal. Kultusministerin Hamburg plädiert für mehr Freiräume.

Die Einlassung der neuen Landeskultusministerin, Julia Willie Hamburg (Grüne), sie halte das bisherige Zensurensystem für nicht optimal, hat zu einer grundlegenden Debatte über die Richtigkeit der Notenvergabe an Schulen in Niedersachsen geführt. Hamburg hatte jüngst gegenüber der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Viele Schulen machen die Erfahrung, dass den Schülerinnen und Schülern die Ziffernnote nicht hilft, weil sie nichts darüber sagt, was noch gelernt werden muss.“

Auch Eltern- und Schülervertreter zeigen sich nun offen für das Vorhaben, hier neue Wege zu beschreiten. „Insbesondere in der Unterstufe muss der Druck auf die Schüler abnehmen. Es wäre sinnvoll, darüber nachzudenken, auch hier das Punktesystem der Oberstufe einzuführen“, erklärte Malte Kern, Sprecher des Landesschülerrats, am Dienstag gegenüber unserer Zeitung. Dieses spiegele eine größere Differenziertheit wider. Die Leistungsbewertung über Noten erhöhe den Stress bei den Schülern zusätzlich, würde unnötig Konkurrenz schüren und schlimmstenfalls zu Neid und Ausgrenzung in den Klassen führen, sagte Kern. Schüler litten „ohnehin schon unter dem viel zu vollgestopften Lehrplan“.

Mit dieser Position wolle man sich als Landesschülerrat nicht dem Leistungsgedanken verweigern, jedoch das Pensum hinterfragen, dem Schülerinnen und Schüler heute schon unterworfen würden. Kern spricht hier explizit das Fach Mathematik an. Die Anforderungen, insbesondere an Schüler der Oberstufe, stünden in keinem Verhältnis zur Zeit, die für die Bewältigung der Aufgaben zur Verfügung stünden. Zuvor hatte Kern gegenüber der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ)“ moniert: „Vergleichbarkeit zu schaffen ist zwar nötig, aber sollte nicht die höchste Priorität in der Schule sein.“

Niedersachsen: Philologenverband und Landeselternrat bei Notenverzicht skeptisch

Der Philologenverband warnte seinerseits davor, sich mit der Debatte im schulpolitischen Klein-Klein zu verfangen. „Wir halten die Ziffernote weiter für richtig, müssen aber in Schulen eine viel bessere und breitere Feedback-Kultur hinbekommen“, sagte der Landesvorsitzende Christoph Rabbow unserer Zeitung. Rabbow nennt das ausführliche Gespräch des Lehrers mit der Schülerin oder dem Schüler „auf Augenhöhe“ als entscheidend beim Austausch über den Leistungsstand. Auch die Ausweitung des Punktesystems auf die Klassen der Unterstufe hält der Lehrerverband für nicht zielführend. Es müsse eine Form der

Kommentar zum Thema: Abschaffung der Schulnoten: neues Jahr, alte Debatte

Vergleichbarkeit geschaffen werden. „Im Zweifel will der Handwerksbetrieb bei der Einstellung keinen beliebigen Bericht mit Bewertungen nach dem Bausteinprinzip lesen, sondern will wissen, wie der Schüler oder die Schülerin in Mathe oder Deutsch war. Das erfährt er über die Note als Ziffer immer noch am besten.“

Auch der Landeselternrat hält den gänzlichen Verzicht auf Noten für nicht umsetzbar. Das liege auch an mangelnder Unterrichtsversorgung und zu großen Klassen. „Lehrer müssen mehr Möglichkeiten bekommen, das Leistungsvermögen der Schüler zu ermitteln, abseits von Klassenarbeiten und Tests und der Bewertung über eine Note“, erklärte Michael Guder, Elternratssprecher in Niedersachsen. Die Fixierung auf Prüfungen sorge dafür, dass nicht nachhaltig, sondern zu sehr notenfixiert gelernt würde.

Das sagt Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg zur Noten-Abschaffung

Gegenüber unserer Zeitung präzisierte Kultusministerin Hamburg ihre Aussagen von Ende Dezember. Es gehe nicht um ein Abschaffen der klassischen Ziffernnote 1 bis 6, erklärte sie, sondern um „differenzierte Rückmeldungen des Leistungs- und Kompetenzstandes“ für Schülerinnen und Schüler sowie Eltern. „Es geht dabei um das Schaffen von Freiräumen für Schulen, die Ermöglichung von neuen Konzepten, da, wo sie gewünscht sind.“ Die Ministerin kündigte einen breiten Dialog mit Verbänden und Schulexperten über das Thema an.

Mehr News aus Niedersachsen