Hannover. Die umstrittene Erhöhung der Kita-Gruppengrößen steht vor einer erneuten Verlängerung. Das sagt Niedersachsens Kultusministerin zu den Hintergründen.

Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg geht davon aus, dass die umstrittene Ukraine-Notverordnung für Kitas verlängert werden muss. „Ich werde dem Kabinett vorschlagen, die Notverordnung noch einmalig zu verlängern. Wir müssen damit rechnen, dass über den Winter noch weitere Geflüchtete nach Niedersachsen kommen. Da müssen wir handlungsfähig bleiben“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

Geplant ist demnach eine Verlängerung bis Ende Juni 2023. Auf die Frage, ob dies die letzte Verlängerung der Notverordnung sein werde, sagte sie: „Das streben wir an.“ An diesem Dienstag wird das Thema allerdings noch nicht auf der Tagesordnung des Kabinetts stehen.

Ukrainische Flüchtende: Das besagt die Kita-Notverordnung in Niedersachsen

Um ukrainischen Kindern einen Betreuungsplatz zu bieten, ist in der Kinderbetreuung derzeit ein Kind mehr pro Gruppe erlaubt als der Fachkraft-Kind-Schlüssel vorsieht. Die Gewerkschaft Verdi und die Kita-Landeselternvertretung sehen die Anhebung der Gruppengrößen wegen der zusätzlichen Belastungen kritisch. Bereits im Sommer appellierten Branchenvertreter an die Politik, die Übergangsregelung dürfe nicht zum Dauerzustand werden.

Ministerin Hamburg betonte, sie wisse um die hohen Belastungen für die Beschäftigten. „Wir werden deswegen parallel dazu Gespräche aufnehmen, wie wir mit zusätzlichem Personal unterstützen können und ab Sommer eine Lösung finden“, sagte sie. Derzeit gebe es aber „eine Situation, in der wir gar nicht anders entscheiden können“, erklärte die Ministerin: „Die Kommunen können nicht mal eben weitere Kitas aus dem Boden stampfen – die bauen und bauen ohnehin schon.“

Das sagen Verdi und die Kita-Landeselternvertretung

„Die Kitas sind am Limit“, betonte wiederum Christine Heymann-Splinter von der Elternvertretung am Dienstag. Viele Kindertagesstätten könnten bereits heute keinen Regelbetrieb mehr anbieten. Ein weiteres Kind pro Gruppe aufzunehmen, das wegen der Kriegserfahrung womöglich auch noch mehr Betreuung und Fürsorge benötige, sei daher schlicht nicht drin. „Man darf auch nicht verschweigen, dass viele dieser Kinder traumatisiert sind“, sagte Heymann-Splinter. Die Elternvertreterin erneuerte daher ihre Forderung, die Landesregierung solle einen Kita-Gipfel veranstalten, um den Fachkräftemangel anzuerkennen und konstruktiv nach einer Lösung für die Notsituation zu sprechen.

Auch die Gewerkschaft Verdi kritisierte, die Verantwortlichen hätten bisher keine Maßnahmen ergriffen, um die Einrichtungen zu entlasten. Verdi fordert dafür Zusatzkräfte für die Integration der geflüchteten Kinder sowie Dolmetscher und Kulturvermittler.

Besonders spürbar sind die Ukraine-Sonderregeln Heymann-Splinter zufolge in den Großstädten, wo viele Flüchtlinge angekommen sind, und weniger auf dem Land. Helfen würde demnach eine breitere Verteilung, da die Zahl der über die Sonderregel aufgenommenen Kinder insgesamt verhältnismäßig überschaubar sei. Laut Ministerium wurden bis Ende November rund 620 Kinder darüber in die Gruppen integriert – bei insgesamt mehr als 356.000 betreuten Kindern landesweit. Die Gesamtzahl der ukrainischen Kinder in den Kitas liegt bei rund 2.300.

Die Notverordnung sieht neben der sogenannten „+1-Kind-Regelung“ auch Ausnahmen bei den Anforderungen an Räume und Außengelände vor. Außerdem können leichter als sonst zusätzliche Gruppen eröffnet werden, indem die Betriebserlaubnisse beschleunigt werden.

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