Hannover. Mit zwei Impfrunden im Sommer will das Land ein sicheres neues Schuljahr - doch es gibt noch einige Fragezeichen.
Von einem „weiteren Baustein“ im Sicherheitskonzept für die Schulen sprach Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD): Mit Massenimpfungen der rund 450.000 Schulkinder ab 12 Jahren will Niedersachsen nach den Sommerferien möglichst im „Szenario A“ Präsenzunterricht ins neue Schuljahr starten. Doch es gibt mehrere Unwägbarkeiten.
Nachdem sich am Wochenende unter anderem die Bundesminister Jens Spahn (CDU) und Anja Karliczek (CDU) massiv für das Impfen von Schülerinnen und Schülern stark gemacht hatten, gingen Tonne und Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) am Dienstag in Hannover mit einem Konzept für Niedersachsen an die Öffentlichkeit. „Niedersachsen hat damit gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium als erstes Bundesland ein spezielles Impfkonzept für Schülerinnen und Schüler vorgelegt“, so Tonne und Behrens. Mit Aktionen in den Schulen und in den Impfzentren sollen alle rund 450.000 Schüler ein Angebot zur Immunisierung erhalten, sagte Behrens bei einer Pressekonferenz mit Tonne.
Die Erstimpfung soll demnach in den letzten beiden Wochen vor den Ferien stattfinden, laut Konzept vom 12. bis zum 23. Juli. Da der Abstand zur Zweitimpfung maximal 42 Tage betragen dürfe, müsse dann die Zweitimpfung in den Ferien erfolgen, vom 23. August bis zum 3. September. Mit der frühen Bekanntgabe seien entsprechende Urlaubsplanungen durchaus noch möglich, hieß es. Zudem wird eine „Reservewoche“ unmittelbar nach den Ferien eingeplant, falls es zu „terminlichen Schwierigkeiten“ komme.
„Mobile Teams“ im Einsatz
Ob im örtlichen Impfzentrum geimpft wird oder „Mobile Teams“ der Impfzentren - wie in Altenheime - in Schulen, Sporthallen oder beispielsweise auch Gemeindehäuser ausrücken, um die Schulkinder und Jugendlichen zu impfen, können Schulträger und Schulen selber entscheiden und organisieren. Die Impfung ist freiwillig, sie kann auf Wunsch auch beim Kinder- und Jugendarzt erfolgen. Und: Eltern können ihr Kind begleiten, wenn sie das wollen. Die Schulen sollen erheben, wer geimpft werden will, und die Eltern informieren. Die Berufsbildenden Schulen werden einbezogen. „Uns bietet sich damit die Chance, mit weitgehend einem Szenario A zu starten“, betonte Tonne. In einem Brief an Spahn vom 17. Mai bittet Ministerin Behrens um rund 1 Million Impfdosen von Biontech/Pfizer - und zunächst um eine entsprechende Liefergarantie. „Es liegt jetzt am Bund, die erforderlichen Impfdosen bereitzustellen“, betonte am Dienstag auch Tonne.
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Gesundheitliche Gefährdung von Kindern durch Coronavirus muss geklärt werden
Das ist aber nur eine der Voraussetzungen. Im schriftlichen Konzept der beiden Ministerien heißt es ausdrücklich: „Das Konzept setzt ein grundsätzlich positives Votum der STIKO-Kommission (Ständige Impfkommission, die Red.) für eine Impfempfehlung von Personen mit vollendetem 12. Lebensjahr voraus.“ Deren Vorsitzender Thomas Mertens hatte sich allerdings in Interviews zurückhaltend geäußert. So müsse geklärt werden, wie hoch die gesundheitliche Gefährdung von Kindern durch das Coronavirus tatsächlich sei. „Aber die Öffnung der Schulen alleine ist keine wirklich gute Begründung, um jetzt alle Kinder zu impfen“, sagte Mertens im Deutschlandfunk.
Dazu sagte Behrens, es handele sich dabei noch nicht um ein Votum der Kommission, sondern um Interviews des Vorsitzenden. Sie könne sich aber schwer vorstellen, dass man bei einer Nichtempfehlung durch die Stiko Eltern vom Impfen der Kinder überzeugen könne, räumte Behrens ein. Besprechen und bewerten werde man die Empfehlung in der Gesundheitsministerkonferenz sowie in der Landesregierung. Voraussetzung für die Impfkampagne für Schülerinnen und Schüler ist vor allem, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer bis dahin für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen ist.
Lehrerverband: Vierte Welle verhindern
Bei den Eltern gebe es noch kein aussagekräftiges Meinungsbild, sagte Tonne. „Wir haben die komplette Bandbreite“, sagte er. Regierungssprecherin Anke Pörksen berichtete von Elternbriefen an die Staatskanzlei, dass auch Schulkinder endlich geimpft werden sollten. Ablehnung und Skepsis gibt es aber auch. Tonne betonte, Nicht-Geimpfte müssten sich an den Schulen nicht unsicher fühlen - schließlich gebe es weiter Schutzmaßnahmen. Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte erklärte: „Zweifelsohne würde eine Impfung der Schülerinnen und Schüler den Gesundheitsschutz an unseren Schulen erheblich verbessern und wahrscheinlich eine vierte Welle verhindern helfen. Noch ist aber alles Zukunftsmusik.“ Und auf die zentralen Fragen - Zulassung und Bereitstellung des Impfstoffs - habe Niedersachsen keinen direkten Einfluss.
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dpa