Hannover. Ab Samstag gilt in Niedersachsen ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus Corona-Risikogebieten. Bei Verstößen droht ein hohes Bußgeld.

Urlauber aus Corona-Risikogebieten müssen ab Samstag Niedersachsen fernbleiben – oder einen aktuellen negativen Corona-Test mitbringen. Das sieht eine entsprechende neue Landesverordnung vor, wie Regierungssprecherin Anke Pörksen am Freitag sagte. Der Entwurf liege jetzt vor. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte Sorge, dass Niedersachsen im Herbst das Ziel vieler Urlauber aus deutschen Corona-Risikogebieten werden könnte.

Daher habe das Land doch auch ein Beherbergungsverbot für Menschen aus diesen Regionen beschlossen, erläuterte er am Donnerstag im Landtag. „Niedersachsen wäre das Flächenland mit herausragenden Reisezielen zwischen Harz und Küste gewesen und hätte dann gewiss viele Menschen aus coronabelasteten Gebieten angezogen. Aber einen solchen Pull-Effekt, eine besondere Anziehung in schwierigen Zeiten, können wir nun nicht riskieren“, sagte Weil im Interview mit der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Das habe ihn besorgt gemacht – und das spreche gegen einen niedersächsischen Sonderweg. Greifen soll die Maßnahme für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen.

Niedersachsen plant Ausnahmen vom Urlaubsverbot – Bußgeld bis zu 25.000 Euro

Allerdings soll jeder Herkunftsort einzeln geprüft werden. Auch Ausnahmen für Kreise, in denen es mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche gibt, seien möglich, wenn der Infektionsherd klar begrenzt sei, sagte die stellvertretende Leiterin des Krisenstabs der Landesregierung, Claudia Schröder, am Freitag in Hannover.

Die Liste der Kreise, für die das Verbot gilt, soll täglich im Internet auf niedersachsen.de veröffentlicht werden. Maßgeblich für die Überschreitung des Grenzwerts ist der Zeitpunkt der Einreise. Ausnahmen sieht die Verordnung zudem für zwingende berufliche und medizinisch bedingte Reisen vor. Auch Besuche von Angehörigen und Partnern bleiben erlaubt „Es geht uns darum, den touristischen Reiseverkehr einzuschränken“, erklärte Schröder. Wer einen höchstens zwei Tage alten negativen Corona-Test vorweisen kann, darf ebenfalls in Niedersachsen übernachten. Für Verstöße gegen das Übernachtungsverbot sieht die Regelung ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro vor. Behörden und Polizei sollen die Bestimmungen durchsetzen und Verstöße ahnden.

Viele andere Bundesländer wollen auch keine Touristen aus Corona-Risikogebieten mehr in ihren Hotels und Ferienwohnungen übernachten lassen. Darauf hatten sie sich am Mittwoch bei einer Schaltkonferenz der Chefs der Staatskanzleien der Länder mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) verständigt. Niedersachsen hatte sich dem zunächst nicht angeschlossen.

Herbstferien: Viele Deutsche bereits Reiseziele im Norden gebucht

Das Beherbergungsverbot gelte nicht, wenn eine Stadt oder ein Landkreis nur an einem Tag den Wert von 50 überschreite, betonte Weil am Donnerstag.

In Niedersachsen und Bremen beginnen an diesem Wochenende die zweiwöchigen Herbstferien. Weil Auslandsreisen weitgehend ausfallen, haben viele Deutsche bereits Reiseziele im Norden gebucht – etwa an der Nordseeküste oder im Harz. Maßgeblich sei das Datum der Einreise nach Niedersachsen, erklärte Weil. Es solle vermieden werden, dass kurzfristig Aufenthalte abgebrochen werden müssen.

Weil: Verfügung wird für Unsicherheit sorgen

Die neue Verfügung werde große Unsicherheit bei der einheimischen Hotellerie und Tourismusbranche auslösen, räumte der Regierungschef ein: „Das ist nichts, was wir leichten Herzens tun.“ Die Entscheidung sei sorgfältig abgewogen worden. Hintergrund sei die exponentielle Steigerung der Infektionszahlen.

Der FDP-Fraktionschef Stefan Birkner kritisierte, dass noch viele Fragen offen seien, etwa: „Wann treten welche Regelungen in Kraft?“ Zudem hätten die Hotellerie und Übernachtungsbetriebe doch Hygienekonzepte, denen bisher vertraut worden sei.

Weil zu Neuinfektionen: Stehen vor sehr herausfordernden Zeit

Angesichts von über 4000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus rechnet Niedersachsens Ministerpräsident mit einer sehr herausfordernden Zeit. „Das ist wirklich erschreckend, weil es ein richtiger Sprung ist von einem Tag auf den anderen“, sagte der Weil am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Man werde sich sicherlich sehr genau anschauen müssen, wo da die Schwerpunkte seien, sagte der Regierungschef in Hannover. „Das bestätigt noch mal, dass wir vor einer wirklich sehr herausfordernden Zeit stehen und wir uns wirklich alle Mühe miteinander geben müssen, das Virus einzudämmen“, sagte Weil.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte zuvor mitgeteilt, dass bundesweit die Gesundheitsämter am Donnerstag 4058 neue Corona-Infektionen innerhalb der vorangegangenen 24 Stunden gemeldet haben. Das waren über 1200 mehr als am Mittwoch, als mit 2828 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert seit April erreicht wurde. Am Freitag lag der Wert der Neuinfektionen bei über 4500 im Vergleich zum Vortag.

Weil (61) ließ sich am Donnerstag gegen die Grippe impfen und sagte mit Blick auf die kommenden Monate. „Wir haben nun mal derzeit sowohl das Coronavirus weiterhin sehr aktiv in unserer Gesellschaft als auch die alljährliche Influenzawelle“. Wenn beides zusammenkomme, könne es wirklich problematisch werden, warnte er. „Ich empfehle allen Menschen, dem so gut wie möglich vorzubeugen“.

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