Hannover. Weniger Menschen suchen eine Wohnung. Der Branche geht es trotzdem gut, so der Branchenverband VDW. Nur ein Segment schrumpfe – und das seit Jahren.

Die Nachfrage nach neuen Wohnungen ist nach Einschätzung des Verbands der niedersächsischen Wohnungswirtschaft (VDW) in der Corona-Krise etwas zurückgegangen. Etwa jedes vierte Mitgliedsunternehmen - Wohnungsgenossenschaften sowie kommunale Wohnungsgesellschaften - habe eine rückläufige Entwicklung gemeldet, teilte der VDW mit. Vor allem ländliche Gebiete abseits der Ballungszentren seien von der sinkenden Nachfrage betroffen.

Mieterschutz war zu Beginn der Krise von hoher Priorität – eine mögliche Verlängerung führte zum Streit

Gleichzeitig hätten Mietrückstände sowohl im Wohnungs- als auch im Gewerbebereich in der Krise zugenommen. „Das ist ein sicheres Indiz für die Sondersituation. Und es gibt die begründete Sorge, dass die Mietrückstände noch deutlich steigen werden, und zwar abhängig von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt“, sagte VDW-Direktorin Susanne Schmitt. Der Verband fordert daher einen Fonds zur Absicherung der Mieten. Das helfe einerseits den Mietern und senke andererseits die wirtschaftlichen Risiken der Vermieter.

Der Mieterschutz gehörte zu Beginn der Pandemie zu den ersten Reaktionen der Bundesregierung auf die Krise. Der Bundestag hatte beschlossen, dass Mietern vom 1. April bis zum 30. Juni nicht gekündigt werden darf, wenn sie coronabedingt die Miete nicht zahlen können. Über eine Verlängerung waren Union und SPD aber in Streit geraten. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) wollte die Erleichterungen bis Ende September ausdehnen, die Union nicht.

VDW: Wohnungsbranche steht gut da – abgesehen von Sozialwohnungen

Trotz der Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt sieht dem VDW zufolge eine Mehrheit in der Branche die Unternehmensentwicklung nur geringfügig eingeschränkt. Auch von den Baustellen seien nur kleine Verzögerungen bekannt. Eine spürbare Senkung der Baukosten aufgrund der Corona-Krise erwartet der Verband nicht - „obwohl diese Trendwende dringend nötig wäre“, sagte Schmitt. Mit einer Mitgliederbefragung will der VDW noch herausfinden, „ob Bauhandwerk und Zulieferer die Mehrwertsteuerentlastung für die Bauherren weitergeben oder eine entsprechende Preissteigerung realisieren“.

Skeptisch äußerte sich Schmitt allerdings bereits mit Blick auf die Sozialwohnungen. Bis zum Jahr 2030 will die Landesregierung 40.000 neue Wohnungen mit Mietpreisbindung schaffen - pro Jahr also im Schnitt 4000. „Diese Zahl werden wir in diesem Jahr mit ziemlicher Sicherheit nicht erreichen“, sagte Schmitt. Für viele Bauherren sei die öffentliche Förderung einfach nicht attraktiv genug. „Die Zinskonditionen am freien Kapitalmarkt sind weiterhin so günstig, dass man sich vielerorts den bürokratischen Aufwand zur Erlangung öffentlicher Fördermittel spart und damit auch keinen öffentlichen Einschränkungen bei der späteren Nutzung unterliegt.“

Der Landesregierung zufolge dürfe der Sozialbau nicht vernachlässigt werden

Dem Bauministerium in Hannover zufolge wurden vom 1. Januar bis 29. Juni bisher 767 Wohnungen neu gefördert - mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum (336). Allerdings geht der Bestand immer weiter zurück: Gab es Ende 2012 noch fast 100.000 Sozialwohnungen im Land, waren es Ende 2018 knapp 75.000 und Ende 2019 rund 67.000.

Am Ausbauziel von 40.000 neuen Wohnungen bis 2030 hält das Land daher fest. Die Landesregierung werde alles daran setzen, dieses Ziel zu erreichen, sagte ein Ministeriumssprecher. Das Thema Wohnraum dürfe trotz der Pandemie nicht vernachlässigt werden, denn die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum bleibe hoch.

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