Hannover. Corona lege die Strukturprobleme der Fleischindustrie offen, sagt die Sozialministerin. Ein Personalaustausch in Niedersachsen sei weiter untersagt.

Nach dem Corona-Ausbruch bei Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies in Westfalen hat Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann (SPD) vor dem Hin- und Herschieben von Personal gewarnt. „Es kommt jetzt ganz entscheidend darauf an, dass es keine Personalverschiebungen vom betroffenen Betrieb im Landkreis Gütersloh zu anderen Standorten der Tönnies-Gruppe gibt“, sagte Reimann in Hannover.

Reimann: Corona legt Probleme in Fleischbranche offen

Niedersachsen habe den Schlachthöfen bereits im Mai den Austausch von Personal untersagt. Diesem Erlass sei weiter unbedingt Folge zu leisten. „Eine Ausbreitung des Infektionsgeschehens in andere Landkreise und auch nach Niedersachsen muss unbedingt verhindert werden.“

Corona lege die strukturellen Probleme in der Fleischbranche schonungslos offen, sagte Reimann. „Sowohl bei der Unterbringung als auch im Betrieb selbst sind die Beschäftigten häufig auf sehr engem Raum zusammen, so dass sich Infektionen schnell verbreiten können.“

Dazu komme, dass es für Werkvertragsbeschäftigte keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt. „Dies kann dazu führen, dass Betroffene aus finanzieller Not auch mit Symptomen weiterarbeiten und ihre Kolleginnen und Kollegen infizieren“, so die Ministerin. „Die vom Bund geplante Abschaffung der Werkverträge in der Fleischindustrie ist vor diesem Hintergrund auch ein Mittel gegen die Weiterverbreitung des Virus in den Betrieben.“

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Trotz des großen Corona-Ausbruchs will Reimann keine erneuten Massentests bei Mitarbeitern der Fleischindustrie veranlassen. Mehrfache Tests brächten keine zusätzliche Sicherheit, sagte die Ministerin am Freitag in Hannover. Bei dem Massentest von rund 17.000 Beschäftigten der Fleischindustrie in Niedersachsen sei nur eine kleine Zahl von Infektionen festgestellt worden, deren Ursache im privaten Bereich liege.

Nach dem massiven Corona-Ausbruch in dem Tönnies-Schlachtbetrieb im westfälischen Rheda-Wiedenbrück übernehme ein Schlachthof im emsländischen Sögel das Schlachtvieh zur Verarbeitung, sagte die Ministerin. /dpa

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