Hannover. Auf den Fernstraßen in Niedersachsen hat der Verkehr in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt um sieben Prozent zugenommen.

Von einer Verkehrswende ist in Niedersachsen noch kaum etwas zu spüren: Die Belastung auf den Fernstraßen hat in den vergangenen fünf Jahren spürbar zugenommen, wie aus den Zählungen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hervorgeht. Sowohl die Zahl der Personenwagen als auch der Lkw-Verkehr sind demnach auf den meisten Verbindungen gestiegen, ungeachtet eines verbesserten öffentlichen Nahverkehrs und des Rufes nach einer Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene.

Wie das Verkehrsministerium in Hannover mitteilte, stieg die Verkehrsbelastung zwischen 2013 und 2018 sowohl auf Autobahnen als auch auf Bundesstraßen um etwa sieben Prozent. Allerdings gab es von 2017 auf 2018 eine Abnahme der Verkehrszahlen auf Niedersachsens Autobahnen. Das Land unternehme große Anstrengungen, um die Fernstraßen weiter auszubauen, betonte das Ministerium. So laufe etwa derzeit der sechsstreifige Ausbau der wichtigen Nord-Süd-Route Autobahn 7 zwischen Seesen und Nörten-Hardenberg. Weitere Ausbaumaßnahmen seien in Vorbereitung.

Das große Netz an automatischen Zählstellen, das die BASt unterhält, dokumentiert den Verkehrszuwachs auf vielen der Verkehrsachsen. An der A1 zwischen Bremen und Hamburg etwa stieg die Zahl der täglich durchschnittlich erfassten Personenwagen von 60 491 (2013) auf 69 584 (2018), die Zahl der Lkw kletterte von 12 120 auf 13 866. Auf der A2 bei Braunschweig nahm die Zahl der Pkw von 79 956 auf 82 576 zu, während die der Lkw mit rund 18 750 konstant blieb.

Auf der A7 bei Hildesheim kletterte die Zahl der Personenwagen von 58 941 auf 65 483 und die der Lastwagen von 9273 auf 11 145. An der A30 an der niederländischen Grenze bei Gildehaus stieg der Personenverkehr von 17 911 Fahrzeugen auf 21 535, die Zahl der Lkw kletterte von 5871 auf 6881.

Nach Einschätzung der Industrie- und Handelskammer in Niedersachsen werden durch den steigenden Verkehr zunehmend die Kapazitätsgrenzen erreicht. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu erhalten sei es umso wichtiger, Verkehrsprojekte des Bundesverkehrswegeplans wie die A20 oder die A30 zügig umzusetzen, sagte IHK-Verkehrsexperte Felix Jahn in Oldenburg. Investitionen und Ausbauvorhaben sollten sich darauf konzentrieren, bestehende Engpässe zu beseitigen und bestehende Strecken zu erhalten. Insbesondere in die Brückensanierung müsse in den nächsten Jahren viel Geld fließen.

Um die Straße weiter zu entlasten, müssten wichtige Bahnverbindungen unbedingt ertüchtigt werden, sagte der IHK-Experte. Dazu zählten der Bereich Hamburg/Bremen-Hannover, die Beseitigung des Engpasses Minden-Hannover oder die Elektrifizierung der Bahnstrecke Oldenburg-Wilhelmshaven. Damit aber genügend Züge rollen können, brauche es außerdem mehr ausgebildetes Fahrpersonal. Neben mangelnder Infrastruktur sei der Fachkräftebedarf eines der Haupthindernisse für mehr Verkehr auf der Schiene, sagte Jahn.

Der ADAC pocht darauf, die Bahn müsse mehr Güterverkehr übernehmen. Außerdem müsse das Vertrauen in den Personenverkehr durch mehr Zuverlässigkeit und Komfort gestärkt und die Kapazitäten ausgebaut werden, sagte ADAC-Sprecherin Alexandra Kruse. Nötig sei auch eine intelligentere und effizientere Steuerung des Straßenverkehrs. Auch für den mit dem wachsenden Online-Handel zunehmenden Lieferverkehr müssten Konzepte gefunden werden - und zwar nicht nur in den Stadtzentren. Die Grundsanierung des Straßennetzes dürfe nicht zur Flickschusterei werden, die Infrastruktur müsse standardmäßig überprüft und in Stand gehalten werden, forderte der ADAC.

Auch der Naturschutzbund (Nabu) in Niedersachsen fordert, Gütertransporte auf die Schiene zu verlagern, in Teilen auch auf die Binnenschifffahrt. Auch müsse in neue Lkw-Technik investiert werden, die den Kraftstoffverbrauch senke. Inzwischen seien E-Lkw serienreif, die Reichweiten von 250 bis 300 Kilometer abdecken könnten. Außerdem könne die Digitalisierung helfen, Transporte effizienter zu gestalten und Leerfahrten zu vermeiden, sagte Nabu-Sprecher Philip Foth. dpa