Hannover. Wie schon im Vorjahr fällt die Ernte vieler Bauern in Niedersachsen bescheiden aus. Die Landwirtschaftskammer stellt die Zahlen vor.

Die Ernte in Niedersachsen fällt angesichts des zweiten trockenen Sommers in Folge regional höchst unterschiedlich aus. „Viele Betriebe sind wohl mit einem blauen Auge davongekommen. Aber ebenso viele fuhren auch katastrophale Ergebnisse ein“, zog der Präsident der Landwirtschaftskammer, Gerhard Schwetje, am Dienstag in Hannover eine vorläufige Bilanz. Hintergrund seien unterschiedliche Regenmengen und die Beschaffenheit der Ackerböden.

Anrechnung von gebundenen Treibhausgasen

Gelitten hätten vor allem Betriebe mit sandigen Böden, etwa in der Lüneburger Heide, aber auch im Westen Niedersachsens. Die Landwirtschaft müsse sich an das veränderte Klima anpassen und den Klimaschutz vorantreiben, sagte Schwetje. Dabei könnten künftig auch sogenannte Sonderkulturen wie Soja und Süßkartoffel wichtiger werden. Der Klimabeauftragte der Landwirtschaftskammer, Ansgar Lasar, riet den Bauern zu einer vielfältigeren Fruchtfolge, um nicht von einer Ackerkultur abhängig zu sein.

Mit Blick auf die Zielvorgabe der Bundesregierung, die Landwirtschaft solle den CO2-Ausstoß bis 2030 um 11 bis 14 Millionen Tonnen jährlich reduzieren, forderte Schwetje eine Anrechnung von gebundenen Treibhausgasen. Mit dem Aufbau von Humus in Ackerböden zum Beispiel könnten jährlich vier Millionen Tonnen CO2 gebunden werden - das werde der Agrarindustrie aber nicht gutgeschrieben, kritisierte er.

Verteilungsproblem beim Regen

Mit entscheidend für eine erfolgreiche Ernte in diesem Jahr war die Beregnung. Bauern, die noch über Wasserkontingente verfügten, waren klar im Vorteil – so seien schon mit reduzierter Beregnung bis zu 56 Prozent höhere Erträge beim Winterweizen erzielt worden. Angesichts der Trockenheit werden die Kontingente aber vielerorts knapp.

Kaum Regen im Sommer, dafür mehr im Winter – dieser Trend dürfte anhalten. „Wir haben beim Wasser in Zukunft in erster Linie ein Verteilungsproblem und kein Mengenproblem“, sagte Schwetje. Mit gutem Wassermanagement lasse sich das aber in den Griff bekommen.

Getreide

Die Gesamternte von Getreide schnellte nach einem außergewöhnlich schwachen Vorjahr um 28 Prozent nach oben auf rund sechs Millionen Tonnen. Damit liegt die Getreideernte trotzdem noch leicht unter dem fünfjährigen Mittel. Den mehrjährigen Durchschnitt erreichte nur der Weizen. Im Vergleich zu 2018 fielen die Getreidepreise um fast zehn Prozent auf 15,90 Euro pro Doppelzentner (100 Kilogramm).

Kartoffeln

Niedersachsen bleibt Deutschlands Kartoffelkammer: Fast die Hälfte der deutschen Anbaufläche für Kartoffeln liegt zwischen Harz und Nordsee (45 Prozent). Mit rund 123 500 Hektar waren es noch einmal acht Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei geht der Zuwachs komplett auf Kartoffeln zurück, die zu Chips, Pommes oder Stärke weiterverarbeitet werden. Die Erträge von knapp 400 Doppelzentnern pro Hektar übertreffen das Vorjahr um 8 Prozent, verfehlen aber klar das fünfjährige Mittel. Der Preis liegt deutlich niedriger als 2018.

Mais

Rund 600 000 Hektar Mais wurden in Niedersachsen angebaut, überwiegend für die Rinderfütterung (320 000 Hektar) und für die Nutzung in Biogasanlagen (220 000 Hektar) - mit enttäuschendem Ergebnis. Weil während der Blüte im Juli viel Wasser fehlte, bildeten viele Bestände keine Kolben. Laut Landwirtschaftskammer ist im Schnitt mit 20 bis 40 Prozent Ertragsausfall zu rechnen.

Raps

Erstmals seit vier Jahren ist der durchschnittliche Ertrag beim Raps gestiegen, auf 33,9 Doppelzentner pro Hektar. Der Preis, den die Bauern zur Ernte erzielten, legte um etwa drei Prozent zu. Trotzdem sagte Schwetje, der Raps entwickele sich zum „großen Verlierer im Ackerbau“, denn die Anbaufläche sei im Vergleich zum Vorjahr um fast 28 Prozent zurückgegangen.

Zuckerrüben

Die Zuckerrübenernte läuft noch, daher sind noch keine endgültigen Aussagen möglich. Die Anbaufläche ist mit gut 101 000 Hektar aber leicht zurückgegangen. Der Regen Ende September und Anfang Oktober dürfte noch zu weiterem Ertrag führen, allerdings auch zu sinkendem Zuckergehalt. Aktuell liegt der Rübenertrag mit knapp 640 Doppelzentnern pro Hektar deutlich unter dem Fünf-Jahres-Niveau.

Grünland

Auch das Grünland litt unter der Trockenheit: Während im Nordwesten Niedersachsens mit dem ersten Schnitt noch gute Erträge mit guter Futterqualität geerntet wurden, war schon der erste Schnitt etwa im östlichen Niedersachsen durchwachsen. Der dritte Schnitt fiel laut Landwirtschaftskammer dieses Jahr wegen der Dürre fast komplett aus. Zum vierten Aufwuchs waren den Angaben zufolge zudem alle Regionen von einer Mäuseplage betroffen. dpa