Hildesheim. Zunächst müsse sich die zuständige Kammer das Ableben des Beschuldigen SS-Manns Karl M. aber formell bestätigen lassen, sagte ein Gerichtssprecher.

Das Landgericht Hildesheim wird das Verfahren gegen den früheren SS-Mann Karl M. aus Nordstemmen nach dessen Tod einstellen. Zunächst müsse sich die zuständige Kammer das Ableben des Beschuldigen aber formell bestätigen lassen, sagte Gerichtssprecher Jan-Christoph Wehage am Montag dem Evangelischen Pressdienst (epd). Dies geschehe durch das Anfordern einer Sterbeurkunde. Sobald das Dokument vorliege, ergehe ein schriftlicher oder mündlicher Beschluss der Kammer zur Einstellung des Verfahrens. „Der Tod eines Angeklagten ist nach der Strafprozessordnung ein dauerhaftes Verfahrenshindernis“, sagte Wehage. Am Wochenende hatten Medien über den Tod des 96-jährigen M. berichtet.

Karl M. relativiert in der ARD den Holocaust

Die Staatsanwaltschaft Hildesheim hatte M. wegen Volksverhetzung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener angeklagt. Das Landgericht wollte demnächst entscheiden, ob die Anklage zur Verhandlung zugelassen wird. Grundlage für die Anklage waren Aussagen des Mannes in einem Beitrag des ARD-Magazins „Panorama“ im November 2018. Darin hatte er unter anderem den Holocaust relativiert und bezweifelt, dass die Nationalsozialisten tatsächlich sechs Millionen Juden getötet hätten. Zudem hatte M. in der Sendung erklärt, die Opfer eines im April 1944 von der SS begangenen Massakers in Nordfrankreich seien selbst Schuld an ihrem Schicksal, da sie trotz Arrestierung geflüchtet seien.

Der Beschuldigte hatte laut Staatsanwaltschaft die fraglichen Aussagen gegenüber den „Panorama“-Journalisten nicht bestritten. Er wollte jedoch nicht bemerkt und gewusst haben, dass das Gespräch aufgezeichnet wurde und später veröffentlicht werden sollte. Außerdem habe M. die Auffassung vertreten, dass seine Aussagen nicht als volksverhetzend zu bewerten und somit auch nicht strafbar seien.

Am Massaker in Frankreich beteiligt

In der französischen Kleinstadt Ascq hatte die 12. SS-Panzerdivision „Hitlerjugend“ in der Nacht zum 2. April 1944 86 männliche Einwohner im Alter von 17 bis 50 Jahren erschossen. Das Massaker sollte eine Vergeltungsaktion für einen Anschlag französischer Widerstandskämpfer auf eine Bahnlinie sein, bei dem niemand verletzt wurde.

Karl M. gehörte nach eigenen Angaben zu den SS-Männern, die die Anwohner aus ihren Häusern holten. Er selbst habe aber nicht geschossen. Wegen einer möglichen Beteiligung an dem Massaker war der 96-Jährige nicht angeklagt. Er wurde deshalb bereits 1949 in Frankreich in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Die Generalstaatsanwaltschaft in Celle gelangte zu dem Schluss, dass M. wegen derselben Tat nicht zweimal bestraft werden könne. epd