So lange Sozialsysteme zwar nicht ausschließlich aber überwiegend umlagefinanziert sind, so lange sind Kinderlose im Vorteil. Ihre Renten werden von den Kindern der Familien getragen, die sowohl größtenteils für die Kosten des Nachwuchses aufkommen als auch in die Altersversorgung einzahlen. Familien haben im Zweifel finanziell weniger Spielraum, sind zeitlich wie beruflich eingeschränkt oder zwangsläufig weniger flexibel, sichern mit ihren Beiträgen die Gegenwart und halten mit ihren Kindern das System zukunftsfest. Dem früheren Verfassungsrichter Kirchhof wird das Bonmot zugeschrieben: „Den größten Nutzen von Kindern hat man, wenn man keine hat“. Das ist zu ökonomisch gedacht, aber nicht unzutreffend.

Warum Menschen Kinder haben oder nicht, tut bei der Betrachtung nichts zur Sache. Man zeugt keine Kinder für die Rente und verzichtet auf sie auch nicht aus Egoismus. Kosten-Nutzen-Denken ist deplatziert. Die Gründe sind individuell unterschiedlich.

Nicht abfinden muss man sich mit der Unwucht im System; sie ist umso auffälliger, je stärker die Gesellschaft überaltert, je mehr wenige Jüngere viele Ältere finanzieren. Vergrößert man den Steueranteil an den Sozialsystemen, dann sind Kinderlose über ihre höheren Steuersätze faktisch dran, ohne dass es groß auffällt oder irritiert. Man kann alternativ die Familien weiter entlasten – oder Kinderlose belasten. Alle drei Optionen sind legitim, ergänzen sich und laufen auf ein Ergebnis hinaus: auf einen Lastenausgleich zwischen Kinderlosen und Familien. Das ist fair und fällig.

An höheren Abgaben für Kinderlose ist nichts falsch, außer dass es wie ein Malussystem wirkt, Widerspruch provoziert und die Gemüter erregt. Das ist vermutlich auch der Grund, warum Gesundheitsminister Jens Spahn es gerade jetzt wieder ins Gespräch bringt. Spahn macht sich interessant. Und wer ihm widerspricht, der geht Spahn insgeheim auf den Leim. Es gilt der alte PR-Spruch: „Any promotion is good promotion.“

Spahns Vorstoß für höhere Rentenbeiträge für Kinderlose ist ein Denkanstoß, den man nicht reflexartig ablehnen sollte. Wirklich neu ist er nicht. Seit 2005 zahlen Menschen ohne Kinder etwas mehr in die Pflegekasse ein. So hält es Spahn mit dem Malus für Kinderlose wie die Witwe Bolte mit dem Sauerkohl – „wofür sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt“. Sei’s drum.