Bei uns im Pfarrhaus blieben die Türen an Halloween stets geschlossen. Die Kinder im Ort wussten, bei uns gibt es nichts zu holen. Für meinen Bruder und mich hieß es dagegen: zu Hause bleiben. Als Pastorensöhne war das Süßigkeitensammeln am Reformationstag tabu. Das mag streng klingen, war für mich aber schon immer eine Selbstverständlichkeit. Jetzt, Jahre später, betrachte ich das Thema liberaler. Um ganz ehrlich zu sein: Mir ist es egal, ob die Menschen feiern. Und mir ist es egal, was sie feiern. Ob Halloween oder den Reformationstag – oder gar beides. Aber ich sage: Es ist in Ordnung. Auch jeder bekennende Christ darf guten Gewissens Halloween feiern. Warum verteufeln, dass Menschen sich schminken, verkleiden und feiern gehen? Warum sich darüber aufregen, dass Kinder auf der Jagd nach Süßigkeiten um die Häuser ziehen? Hätte Halloween einen gleichermaßen religiösen Hintergrund wie etwa der Karfreitag, an dem in Teilen Deutschlands bis heute ein Tanzverbot gilt, könnte ich die Kritiker verstehen.

Als christlich geprägtes Volk sollten wir uns an Tagen wie diesen zurücknehmen – und sei es weniger aus religiösen Gründen als aus Gründen des Respekts. Sicher, der jetzige Feiertag hat einen christlichen Hintergrund: Er erinnert an die Gründung der evangelischen Kirche. Ein entscheidender, folgenschwerer Punkt in der Weltgeschichte. Doch hat der überhaupt rein gar nichts mit Halloween zu tun. Warum? Der Ursprung des Halloween-Festes liegt schon weit mehr als 2000 Jahre zurück: Die Kelten feierten jeweils am 31. Oktober des Jahres „Samhain“ – ihr heidnisches Neujahrsfest – entstanden wiederum aus mehreren römischen Bräuchen. Schon damals verkleideten sich die Menschen, um böse Geister zu vertreiben. Sie glaubten, dass sich an diesem Tag ein Tor in andere Welten, darunter die der Toten öffnet. Das oft und gern gehörte Vorurteil, das Halloweenfest sei nur ein weiterer von den vielen Trends, den wir Europäer irgendwann mal aus den Vereinigten Staaten übernommen haben, ist also falsch.

Verschiedenste Bräuche und Traditionen sind über die Jahrhunderte zusammengeflossen – aus ganz unterschiedlichen Kulturen. Wurden in Irland früher etwa Rüben ausgehöhlt und mit Kerzen bestückt, nahm man in der neuen Welt später Kürbisse. Die katholische Kirche gab dem Fest dann seinen Namen: „All Hallows Eve“ – das ist der Abend vor Allerheiligen. Ein katholischer Feiertag, der bis heute zahlreiche Menschen in die Gotteshäuser zieht. Nur das war im Übrigen auch der Grund, warum Martin Luther 1517 ausgerechnet den 31. Oktober wählte, um seine 95 Thesen an die Schlosskirche in Wittenberg zu nageln. Aus Publicity-Sicht ein kluger Schachzug, sicher. Nur kann da das Halloween-Fest nichts für.