Potsdam. Dem DFB-Boss ist nach seinem Nazi-Vergleich das Vertrauen entzogen worden. Das sagen Amateurfußballer aus der Region dazu.

DFB-Präsident Fritz Keller ist im Machtkampf nach seinem Nazi-Vergleich von den Chefs der Landes- und Regionalverbände zum Rücktritt aufgefordert worden. Wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Sonntag nach einem zweitägigen Krisengipfel in Potsdam mitteilte, sei dem DFB-Boss und Generalsekretär Friedrich Curtius das Vertrauen entzogen worden.

Vizepräsident Rainer Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge wurde das Vertrauen der Landeschefs ausgesprochen. „Die Konferenz der Präsidenten der Regional- und Landesverbände missbilligt den von DFB-Präsident Fritz Keller vorgenommenen Vergleich des 1. Vizepräsidenten Rainer Koch mit dem Nazi-Richter Roland Freisler“, hieß es in einem Statement.

Das sagen Amateurfußballer aus der Region dazu

Geschockt über Kellers Vergleich zeigen sich auch Amateurfußballer aus unserer Region. Olaf Barnbeck, Abteilungsleiter von Freie Turner Braunschweig, sagte: „Wir haben in einem Arbeiterverein, der in der NS-Zeit verboten wurde, einen besonderen Blick auf das Thema. Ich bin der Meinung, dass solche Vergleiche nicht in den Fußball gehören. Die Vereine bemühen sich, das Thema Rechtsradikalismus aus den Stadien zu halten und die Fans zu Fairness aufzufordern. Da ist so eine Äußerung nicht tolerierbar.“

Michael Spies, Trainer des Oberligisten MTV Gifhorn, gab zu bedenken: „Man hat das Gefühl, dass hier nicht miteinander, sondern gegeneinander gearbeitet wird. Und dennoch darf man sich als DFB-Präsident nicht zu solch einer Aussage hinreißen lassen.“

Sean Krebs, Trainer von Landesligist TSC Vahdet Braunschweig betonte: „Wer einen solch großen Verband repräsentiert und so sehr in der Öffentlichkeit steht, sollte seine Aussagen vorher gut durchdenken. Das ist ja auch kein 08/15-Statement, sondern berührt die deutsche Geschichte, die wir ja alle gut kennen. Weder aus Überlegung noch aus der Emotion heraus ist so eine Äußerung zu rechtfertigen.“

Auch Lennart Gutsche, Sportlicher Leiter des Oberligisten Lupo Martini Wolfsburg, hat eine klare Meinung zum Verhalten des DFB-Bosses: „Fritz Kellers Verhalten darf man nicht durchgehen lassen. Auch wenn es eine interne Aussage war, hätte er damit rechnen müssen, dass das rauskommt. Egal, wie sehr er sich von Herrn Koch provoziert gefühlt haben mag: Nazi-Vergleiche sind für mich einfach unangebracht, da er in seiner Position ein Vorbild sein muss. Deswegen ist Fritz Keller für mich als DFB-Präsident nicht mehr tragbar.“

Ähnlich äußert sich Sascha Fassa, Trainer von Landesligist TSV Lamme: „Äußerungen, die in Richtung Nationalsozialismus gehen, sind immer problematisch. Letztlich muss man immer Hintergrund und Kontext sehen, in denen die Äußerung getätigt wurde. Weil ich das nicht tue, möchte ich es nicht bis aufs Letzte beurteilen. Fakt ist aber, dass man in einem solchen Fall über einen Rücktritt nachdenken sollte – allein schon, damit wieder Ruhe einkehrt.“

Entschuldigung von Keller wurde nicht akzeptiert

Auch der Niedersächsische Fußballverband (NFV) distanzierte sich bereits in der vergangenen Woche: „Solche Aussagen und Vergleiche sind ausnahmslos völlig fehl am Platz und absolut inakzeptabel. Fritz Keller hat in seiner Entschuldigung selbst eingeräumt, dass seine Wortwahl nicht tolerierbar und ein schwerwiegender Fehler war. Wir unterstreichen das und distanzieren uns in aller Entschiedenheit und unmissverständlich von derartigen Äußerungen.“

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Am Rande des Meetings kam es zu einer Aussprache von Keller und Koch. Die Entschuldigung Kellers wurde allerdings von Koch weiterhin nicht akzeptiert. „Fritz Keller und ich haben uns in einem ausführlichen respektvollen Gespräch ausgetauscht, in dem er mir noch einmal seine Entschuldigung übermittelt hat“, wurde Koch vom DFB zitiert, „ich habe diese Entschuldigung entgegengenommen. Eine Bewertung des Sachverhalts überlasse ich den dafür zuständigen Gremien und möchte den Sachverhalt daher nicht weiter kommentieren.“

Der Kommenar zum Thema: Keller muss abtreten

Fall beschäftigt auf die Ethikkommission des DFB

Keller, der seit Monaten im Mittelpunkt des Machtkampfes beim DFB steht, hatte seinen Vize Koch in einer Sitzung mit dem Nazi-Richter Freisler verglichen. Der Fall beschäftigt auch die Ethikkommission des DFB. Curtius, Osnabrügge und Koch, die aus Kellers Sicht dem gegnerischen Lager zuzuordnen sind, waren zuletzt ebenfalls unter Druck geraten. Im Mittelpunkt des Konflikts steht ein undurchsichtiger und hochdotierter Vertrag mit einem Kommunikationsberater aus dem Jahr 2019, den das Trio laut Süddeutscher Zeitung auf den Weg gebracht haben soll.