„Ein Abzug ohne Ausblick wäre auch ein finanzielles Desaster.“

Es gibt keinen Frieden in Afghanistan. Seit 2011 sterben jedes Jahr mehr als 3000 Menschen bei Kampfhandlungen. Im regelmäßigen Takt blitzen Nachrichten auf über Anschläge, Vergeltungsakte, Entführungen. Die Taliban sind erstarkt, die Terrormiliz „Islamischer Staat“ hat in Afghanistan längst eine Basis aufbauen können, übt Gewalt aus.

Nach dem Anschlag von Al-Kaida auf das World Trade Center in New York 2001 zogen die USA in den Krieg. Werbewirksam kündigte Präsident Joe Biden zum amerikanischen Unabhängigkeitstag den Abzug der Truppen vom Hindukusch an. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer muss nun nachziehen, zu groß ist die Abhängigkeit von der US-Armee.

Die Entscheidung zum Rückzug ist richtig. Der Einsatz ist gescheitert. Ohnehin führt der Westen die Militäroperation nur noch halbherzig. Gar kein Einsatz ist besser als ein unentschlossener. Das ist die Regierung allein den Soldatinnen und Soldaten vor Ort schuldig.

Also raus. Und doch bleibt die Verantwortung. Zu viel Schaden wurde den Menschen in Afghanistan angetan. Augen zu und raus – das darf es jetzt nicht geben.

Ein Abzug ohne Ausblick wäre auch ein finanzielles Desaster. Schätzungen zufolge sind in den Militäreinsatz mehrere Tausend Milliarden (!) Dollar geflossen. Auch Deutschland hat Unsummen investieren müssen. Der Abzug des Militärs ist eine Chance: Das Geld muss nun stärker als bisher für die Versorgung der Menschen in Afghanistan bereitstehen.

Passiert nach dem Abzug nichts, dann spürt Deutschland die Krise in Afghanistan bald vor der eigenen Haustür. Die Zahl der fliehenden Menschen kann drastisch ansteigen. Abschieben ist nicht die Lösung nach dem Rückzug. Stattdessen muss der Westen Verantwortung tragen, am besten vor Ort in Afghanistan. Am besten jetzt.