„Corona wird nicht die letzte Pandemie sein, die die Welt heimsuchen wird. Da sind sich zur Abwechslung alle einig.“

Wie der Wolf, der seine Beute fixiert, sitzt Deutschland auf dem Sofa und starrt auf die Inzidenzlage. Lokal, regional, national. Zu Beginn der Pandemie hatte die Politik die Marke einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 zur Benchmark erkoren. Verbunden war das mit dem Hinweis, dass höhere Infektionszahlen die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung an ihre Grenzen bringen. In diese Zahl projizierten aber auch die Bürger Hoffnungen und Wünsche – von der Möglichkeit, mal wieder ein Restaurant zu besuchen, bis hin zu privaten Kontakten mit mehr als einer hausexternen Person.

Seit dem letzten Lockdown-Gipfel sind diese Hoffnungen verblichen, denn die Marke 35 ist zur neuen 50 geworden. Wer sich Hoffnungen auf mehr Leben in seinem Kreis oder seiner Stadt gemacht hatte, wurde enttäuscht, insbesondere dort, wo es bei den Zahlen schon vorher kaum Bewegung nach unten gab. In unserer Region heißen die Konstanten hier Peine und Salzgitter. Doch auch die 35 steht mit dem Verweis auf grassierende Mutanten unter Vorbehalt. Experten wie HZI-Wissenschaftlerin Melanie Brinkmann feuern die Debatte noch an. Sie sagen, die Inzidenz müsste gegen Null gehen, dann könnte das „alte Leben“ viel langfristiger zurückkehren. Was vermutlich der richtige Ansatz ist, zermürbt immer mehr Menschen.

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Bedenklicher allerdings ist es, dass Land, Kommunen und deren Aufgabenträger bei der Frage, wie Infektionen entstehen, weiter im Trüben fischen. Man hat den Eindruck: Außer einer Eindämmung des konkreten Infektionsfalls fällt den Behörden nicht viel ein. Mit der Anordnung von Quarantäne – oder schlechterenfalls mit der Einweisung ins Krankenhaus – ist es dann getan. Ob kommunale Strukturen Treiber sind, ist auch ein Jahr nach Pandemieausbruch unklar. Man hat sich, so das Gefühl, darin eingerichtet, dass im Sommer alles gut war und jetzt alles ganz diffus ist. Das Nicht-Wissen zu beleuchten, ist aktuell keine Option.

So ist die schnelle Impfstoff-Einführung Segen, hat aber auch eine Tücke. Einer auf Prävention ausgerichteten Politik, die früh pandemische Szenarien in den Blick nimmt, wurde damit ein Riegel vorgeschoben. Denn Corona wird nicht die letzte Pandemie sein, die die Welt heimsuchen wird. Da sind sich zur Abwechslung alle einig. Die Fehler werden sich jedoch wiederholen, wenn immer nur auf Sicht gefahren wird.