Während Tausende Kioskbetreiber und Gastronomen brav weiterzahlen, macht es sich Adidas einfach. Dabei leidet der Konzern keine Not.

Die Corona-Pandemie wird nicht nur ein Belastungstest für unser Gesundheitswesen. Sie wird auch die Moral unserer Gesellschaft testen. In der Gefahr werden Charaktere, Schwächen und Stärken sichtbar, die sonst unter polierter Oberfläche schlummern. Moralisch reden und moralisch handeln sind zwei Ebenen. Die jetzige Krise kann deren Diskrepanz brutal ans Licht zerren.

In der Pandemie stellt sich jeder die Frage der wirtschaftlichen Existenz. Wie sieht die Zukunft aus? Behalte ich meinen Job? Kann ich meine Firma retten? Während andere noch nachdenken, hat Adidas Fakten geschaffen. Die Mietzahlungen für die meisten Shops werden eingestellt – obwohl sie erst seit Kurzem geschlossen sind. Während Tausende Kioskbetreiber und Gastronomen brav weiterzahlen, macht es sich Adidas einfach.

Dabei leidet der Konzern keine Not. Zum Jahresende 2019 verdiente er rund zwei Milliarden Euro. Davon ließe sich die April-Miete sicher bezahlen. Mit der Kürzung startet jetzt eine wirtschaftliche Infektionskette, die auf Vermieter und Investoren übergreift und von da auf weitere Bereiche. Das unsportliche Vorbild wird Nachahmer finden. Es wäre aber fatal, würde jedes Unternehmen seine Probleme fix auf Geschäftspartner abwälzen. Und kurzsichtig: Denn es gibt ein Leben nach der Pandemie, und dann wird man sich in die Augen schauen.

Man wird beurteilen, wer solidarisch und wer egoistisch war. Das gilt nicht nur für Adidas. Jeder muss sich fragen: Habe ich selbst genug geleistet? Standen die Chefs zu ihren Leuten? Standen die Angestellten zu ihren Chefs, damit die Firma überlebt und Kunden benötigte Waren erhielten?

Wir werden diese Pandemie nur gut überstehen, wenn jeder Einzelne bereit ist, Opfer zu bringen. Damit es nach diesem Albtraum ganz schnell wieder bergauf geht.