„Missionarischer Eifer ersetzt nicht das mühsame politische Ringen zwischen Washington, Neu-Delhi und Peking.“

Die schwedische Klimaschützerin Greta Thunberg hat den Friedensnobelpreis nicht bekommen – zu Recht. Laut dem Testament des Stifters Alfred Nobel soll gewürdigt werden, wer „am besten für die Verbrüderung der Völker“ und „die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere“ gewirkt hat. Diese Kriterien treffen auf Greta Thunberg nicht zu. Die Umweltaktivistin hat weder einen Beitrag zur Lösung der Konflikte in Syrien, am Persischen Golf oder im Jemen geliefert, noch hat sie einen anderen politischen Spannungsherd abgemildert. Was man Greta Thunberg zugu­te­halten muss: Sie ist ein Katalysator für weltweite Diskussionen über Klimapolitik. Missionarischer Eifer ersetzt aber nicht das mühsame politische Ringen zwischen Washington, Neu-Delhi und Peking.

Vor diesem Hintergrund ist der Friedensnobelpreis für den äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed eine nachvollziehbare Entscheidung. In Afrika sind autokratische Regime, korrupte Gesellschaften und Bürgerkriege der Normalzustand. Abiy hat umfassende Reformen im Osten des Kontinents in Angriff genommen. Der 43-jährige Regierungschef beendete den Ausnahmezustand, ließ politische Gefangene frei, strich Oppositionsgruppen von der Terrorliste und liberalisierte die Wirtschaft. Ein außenpolitisches Meisterstück ist der Abschluss des Friedensvertrags mit dem Nachbarstaat Eritrea im Juli 2018. Beide Länder, die in einen blutigen Grenzkrieg mit rund 70.000 Toten verstrickt waren, reichten sich die Hand.

Abiy Ahmed hat ein Werk begonnen, das noch lange nicht zu Ende ist. Politische Widerstände und ethnische Spannungen werden ihm das Leben schwer machen. Aber der Friedensnobelpreis will ein Zeichen setzen. In einer Welt, in der es von Gewalt, Kriegen und Autokraten wimmelt, gibt es Hoffnung – ein bisschen zumindest.