Kramp-Karrenbauers Aussagen machen klar, wo in der jetzigen CDU-Führung die Grenze der Toleranz verläuft.

Taktisches Scheinpositionieren mithilfe leerer Worthülsen ist vor Wahlen ein beliebtes Spiel in der Politik. Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat mit dieser Regel spektakulär gebrochen. Sie hat sich zwei Wochen vor den Wahlen in Brandenburg und Sachsen gegenüber unserer Redaktion in einer entscheidenden Frage klar positioniert: Wie steht die Spitze von Deutschlands größter Volkspartei zum Wortführer einer neuen Konservativen innerhalb der
CDU, der sich eine Kooperation
mit der AfD offenbar vorstellen kann?

Annegret Kramp-Karrenbauer hat dazu eine rote Linie gezogen und klargemacht, dass die Haltung des Ex-Verfassungsschutzchefs nicht die Haltung der Parteiführung ist und – wenn nötig – auf ihren entschlossenen Widerstand trifft. Das mag ein taktischer Fehler gewesen sein. Schließlich erreicht Hans-Georg Maaßen kurz vor den Wahlen in Ostdeutschland für die Union ein Milieu, das längst zur AfD abgewandert scheint. Aber Kramp-Karrenbauers Aussagen machen klar, wo in der jetzigen CDU-Führung die Grenze der Toleranz verläuft. Das muss nicht jeder gut finden. Aber es ist ehrlich und hilft bei der politischen Orientierung. Mit ihrer Taktik wandelt die Parteivorsitzende allerdings auf einem steinigen Pfad, der ihr wenig bei der Verbesserung ihrer Umfragewerte hilft.

In ihrem jüngsten Interview formuliert sie nicht nur die Kampfansage an Hans-Georg Maaßen. Sie reflektiert auch über sich und sagt: „Ich habe meine politische Arbeit nie nach Stimmungen ausgerichtet. Auf lange Sicht kann man nur durch Arbeit und mit Ergebnissen überzeugen.“ Allerdings ist der politische Takt in Deutschland schneller und härter geworden. Partei-Loyalität und Geduld mit „denen da oben“ sind Geschichte. Am Ende bleibt für die Parteivorsitzende das Risiko, dass ihr Öffentlichkeit und Partei nicht genug Zeit geben.